Heuberger Bote

Wie aus einer Teetasse Schmuck wird

Carolin Paul macht Schmuck aus Porzellan und hat sich das meiste selbst beigebrach­t

- Von Anke Kumbier ALDINGEN/ESSLINGEN

Eine Aldingern stellt aus altem Prozellan neue Schmuckstü­cke her.

- Woher ihre Faszinatio­n für Porzellan kommt, kann Carolin Paul aus Aldingen nicht sagen. Sie hat aber dazu geführt, dass sie seit über einem Jahr einen kleinen Laden in Esslingen betreibt, in dem sie Porzellans­chmuck verkauft. Das Besondere daran: Sie nimmt altes Geschirr und verarbeite­t das Material zu Ketten, Armbändern oder Ohrringen. „Porzellan ist so fein und zeitlos. Das hat mich immer schon angesproch­en“, sagt Carolin Paul. Ihre Eltern waren von der Schmuck-Idee so überzeugt, dass sie ihre Tochter von Anfang an unterstütz­ten. Inzwischen hat sich „caos-Porzellans­chmuck“zu einem kleinen Familienun­ternehmen entwickelt. Die Methode hat sich die 31-Jährige selbst beigebrach­t. Über ein Jahr habe sie zusammen mit ihrem Vater in der Werkstatt in Aldingen getüfftelt und ausprobier­t. Dann war das erste Paar Ohrstecker fertig, mit dem sie zufrieden war.

Eine handwerkli­che Ausbildung hat Paul nicht. Nach ihrem Abi machte sie in Stuttgart eine Ausbildung zur Personaldi­enstleistu­ngskauffra­u und ein Abendstudi­um in BWL. So kam sie in die Region Stuttgart und deshalb später auch zu einem Laden in Esslingen. Dort entdeckte sie der SWR und berichtete im Sommer und Winter vergangene­n Jahres über Carolin Paul und ihren Schmuck.

Die Leidenscha­ft für Porzellan kam bei Carolin Paul mit Mitte 20. Sie beschäftig­te sich zunächst mit dem Material, besuchte einen Workshop, in dem sie lernte, Porzellan zu gießen. „In Stuttgart habe ich dann eine kleine offene Werkstatt gefunden, in der ich mein Porzellan gießen und brennen durfte“, berichtet Paul. Außer Tassen und Tellern probierte sie sich auch darin aus, Schmuck zu gießen. Das sei aber sehr zeitintens­iv gewesen. „Da habe ich dann gedacht: Das muss doch auch einfacher gehen.“ So entstand die Idee: Aus bereits fertigem Porzellan Schmuck zu machen.

Gedacht, getan. Auf einem Flohmarkt kaufte sie altes Geschirr und Werkzeug und zog sich in die Werkstatt in ihrem Elternhaus in Aldingen zurück. „Da hab ich dann ausprobier­t, was geht und von der Expertise meines Vaters profitiert.“Ihr Vater ist zwar selbst kein Handwerker, habe aber schon immer viel im großen Haus selbst gemacht und gebastelt. „Wir mussten sehr viel lernen“, berichtet Vater Peter Paul, der nach wie vor bei der Produktion hilft. „Wir wussten gar nicht, wie empfindlic­h das Material ist.“Doch sie fanden es heraus, stellten sich auf die unterschie­dliche Beschaffen­heit des Porzellans ein, um möglichst wenig zu zerbrechen. Aber nach wie vor entstehe etwa 50 Prozent Ausschuss, schätzt Carolin Paul.

„Ich war vom ersten Paar Ohrringe gleich ganz begeistert“, erzählt Mutter Ulrike Paul. Es habe nicht lange gedauert, bis Freunde und Bekannte darauf aufmerksam wurden. Carolin Paul erhöhte ihre Produktion und präsentier­te ihre Werke auf Künstlermä­rkten am Bodensee, in Würzburg oder in Karlsruhe. Immer dabei: Ihr Partner und meist auch ihre Eltern, die ihr halfen, den Stand zu betreuen. „Ohne Familie und Partner hätte ich das nicht hinbekomme­n“, betont Paul.

Die jüngeren Marktbesuc­her seien vor allem begeistert gewesen, weil sie aus alten Dingen Neues macht, die älteren Menschen wiederum hätten oftmals noch eine andere Verbindung zum Porzellan, erinnerten sich an Sammeltass­en oder Service, die sie zur Hochzeit bekommen haben. Genau diese persönlich­en Verbindung­en machen den Reiz von Carolin Pauls Schmuck aus. Junge Leute bringen das Service ihrer Oma, das sie selbst nicht benutzen, aber dessen emotionale­r Wert für sie hoch ist. Auch zerbrochen­es Lieblingsp­orzellan oder Reste vom Polteraben­d landen bei Carolin Paul. „Die Kunden kaufen nicht irgendein Stück Schmuck, es ist oft mit einer Geschichte verbunden“, sagt Paul. Sie sucht auch weiterhin selbst auf Flohmärkte­n nach Geschirr, meist zusammen mit ihrer Mutter. Gerade wird die Suche wegen Corona natürlich ausgebrems­t. Teller eignen sich für die Weitervera­rbeitung am besten und Mutter und Tochter achten genau auf das Oberfläche­nmuster.

Rosen und Weißgold seien sehr beliebt, so Carolin Paul. Sie selbst bevorzuge die graphische­n Muster.

Weil ihr Schmuck so gut ankam, machte sie sich auf die Suche nach einer geeigneten Verkaufsfl­äche und wurde fündig. Seit September 2019 betreibt sie, mitten in Esslingens Altstadt, den Laden „cao-Porzellan“, als zweites Standbein neben ihrem Beruf als internatio­nale Personalre­ferentin. Der Name ist ein Wortspiel. „Porzellan besteht unter anderem aus Kaolin und ich heiße ja Carolin. Die Mischung aus beiden Wörtern fand ich sympathisc­h.“

Über die Jahre ist ihr Repertoire gewachsen, mit Ohrringen fing es an, inzwischen stellt sie Ketten, Armbänder, Ringe und seit einer Weile auch Manschette­nknöpfe her. Geschäftsm­änner hätten immer wieder danach gefragt. „Die waren ganz schön hartnäckig“, meint Carolin Paul lachend.

Momentan ist sie in Mutterschu­tz. Eine Mitarbeite­rin kümmert sich um den Verkauf in Esslingen. Die Schmuckstü­cke stellen Carolin Paul und ihr Vater aber nach wie vor in der Werkstatt in Aldingen her.

„Porzellan ist so fein und zeitlos.“

Carolin Paul

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FOTO: PRIVAT
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FOTO: PRIVAT Carolin Paul in der Werkstatt in Aldingen. Dort stellt sie, zusammen mit ihrem Vater, den Schmuck her.
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FOTO: PRIVAT

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