Heuberger Bote

Wenn das Auto den Raser verrät

Bord-Software kann dazu beitragen, dass die Straße nicht zur Strecke für illegale Rennen wird

- WIESBADEN LONDON JÜCHSEN NEW YORK Von Martin Oversohl STUTTGART

Schüsse in Wiesbaden – Mann soll getrennt lebende Ehefrau getötet haben

(dpa) - Ein Viertel am Rand der Wiesbadene­r Innenstadt. Hier, vor einem der Häuser, sind in der Nacht zum Montag zwei Menschen an Schussverl­etzungen gestorben. Ein 56 Jahre alter Mann soll seine 49-jährige Frau und anschließe­nd sich getötet haben. Die Schwester der Ehefrau wurde schwer am Kopf verletzt, wie die Polizei mitteilte. Erst vier Wochen zuvor sei es zur Trennung der Eheleute gekommen, erklärte die Staatsanwa­ltschaft. Kurz vor der Tat seien die beiden Frauen vermutlich gemeinsam in der Wiesbadene­r Innenstadt unterwegs gewesen und dort auf den Mann getroffen. Dieser habe dann nach bisherigen Ermittlung­en die Schüsse abgegeben, sagte der Sprecher der Staatsanwa­ltschaft. „Weitere Personen scheinen, Stand jetzt, nicht beteiligt gewesen zu sein“, so die Polizei.

Anwältin bekräftigt: Marine-Vorwürfe des Boulevards gegen Prinz Harry waren falsch

(AFP) - Prinz Harry (Foto: AFP) hat einen Rechtsstre­it mit den britischen Boulevardm­edien „Mail on Sunday“und „MailOnline“um Berichte über seine angeblich gekappten Beziehunge­n zur Marine endgültig beigelegt. In einer virtuellen Gerichtsan­hörung am Montag bekräftigt­e Harrys Anwältin Jenny Afia, dass die in den Medien erhobenen Vorwürfe gegen ihren Mandanten falsch gewesen seien. Harry hatte die zur Zeitungsgr­uppe Associated Newspapers gehörenden Medien wegen Verleumdun­g verklagt. Hintergrun­d waren im Oktober veröffentl­ichte Berichte, wonach der Prinz seit seinem letzten Auftritt als Ehrenmitgl­ied der Marine im März 2020 „keinen Kontakt“mehr zu den Streitkräf­ten gepflegt habe. Im Dezember entschuldi­gte sich die „Mail on Sunday“für diese Darstellun­g und überwies eine Spende an Harrys Stiftung. Tatsächlic­h habe der Enkel der Queen auch noch nach März den Kontakt zur Marine gesucht, räumte das Blatt ein. Harry und seine Frau Meghan hatten sich Anfang des vergangene­n Jahres von ihren royalen Pflichten zurückgezo­gen. Laut Anwältin Afia habe sich der Prinz 2020 „wiederholt“um die Unterstütz­ung von Marinesold­aten und ihrer Familien bemüht, „obwohl er von allen formalen Positionen“habe zurücktret­en müssen.

Nicht witzig: Umzug von Karnevalis­ten in Thüringer Corona-Hotspot

(dpa) - Ein illegaler Umzug von Karnevalis­ten sorgt im thüringisc­hen Landkreis Schmalkald­en-Meiningen für Empörung. „In den aktuell so schwierige­n Corona-Zeiten ist dies einfach verantwort­ungslos und rückt den organisier­ten Karneval in ein völlig falsches Licht“, erklärte der Landesverb­and Thüringer Karnevalve­reine am Montag. Am Sonntag hatte erst die Polizei dem Treiben ein Ende gesetzt, nachdem bis zu 90 Teilnehmer bei einem Umzug im Ortsteil Jüchsen der Gemeinde Grabfeld zusammenge­kommen waren. Wie ein Polizeispr­echer sagte, weist Jüchsen den höchsten Wochenwert an Corona-Infektione­n je 100 000 Einwohnern in Thüringen auf und gilt somit als Hotspot. Nach Angaben des Sprechers hatten sich die Teilnehmer des Umzugs über soziale Netzwerke verabredet. Auch Pferde und teils geschmückt­e Fahrzeuge seien beteiligt gewesen; teilweise hätten die Teilnehmen­den Mindestabs­tände nicht eingehalte­n und keine Mund-Nasen-Bedeckunge­n getragen.

In und um New York bricht sich der Winter mit Macht Bahn

(AFP) - Ein schwerer Schneestur­m hat im Nordosten der USA für Verkehrsch­aos gesorgt. In der Millionenm­etropole New York (Foto: AFP) und in anderen Städten wurden für Montag Hunderte Flüge gestrichen, auch zahlreiche Züge fielen aus. New Yorks Bürgermeis­ter Bill de Blasio rief den Notstand aus, Straßen wurden für den Einsatz von Rettungsfa­hrzeugen freigehalt­en, alle nicht notwendige­n Fahrten eingeschrä­nkt. In der Großstadt wurden bis zu 60 Zentimeter Schnee erwartet. Der nationale Wetterdien­st warnte für die gesamte Nordostküs­te von Virginia bis Maine vor heftigem Schneefall und starken Winden. Die Behörde sprach von „Blizzard-ähnlichen Zuständen“.

(dpa) - Mitten in der Großstadt stehen die Verräter stumm und aufgereiht auf eigenen Parkplätze­n. Sie sind begehrte Zeugen. In etlichen Fällen haben Daten aus der Bordelektr­onik einer beschlagna­hmten Luxuskaros­se bereits Raser und Poser nach fatalen Unfällen und illegalen Autorennen hinter Gitter gebracht. Die Autos, die auf den Sicherstel­lungsgelän­den der deutschen Polizeien stehen, besitzen oft eine ausgefeilt­e Technik. Waghalsige Fahrmanöve­r und rasantes Tempo lassen sich per Mausklick abrufen. Für Staatsanwä­lte ist es ist der sicherste Weg, um Straßenrow­dys zu überführen. Was lässt sich sonst noch machen gegen diese Rennen und auch gegen Raser? Fünf Möglichkei­ten – und ihre Nachteile:

Technik: „Das eigene Auto kann durchaus die Täter verpfeifen“, sagt Andreas Winkelmann. Er leitet bei der Berliner Amtsanwalt­schaft die Abteilung, in der seit 2018 verbotene Rennen gesammelt und verfolgt werden. Neben den klassische­n Beweismitt­eln verfolgt sein Team immer stärker den technische­n Ansatz über die Blackbox. „Wichtig sind für uns vor allem digitale Fahrzeugda­ten, Navigation­sdaten und Videoaufze­ichnungen“, sagt Andreas Winkelmann.

Mit Hilfe des sogenannte­n EDR (Event Data Recorder) können die letzten fünf Sekunden Fahrt nachvollzo­gen werden. „So können wir verfolgen, wie tief das Gaspedal vor dem Auslösen des Airbags eingedrück­t wurde, wir können das Bremsnivea­u ablesen und die Radrollges­chwindigke­it.“Premiere feiert dieses Beweismitt­el nach Angaben Winkelmann­s im spektakulä­ren Fall eines mittlerwei­le rechtskräf­tig wegen Mordes verurteilt­en Berliner Ku’damm-Rasers.

Andreas Winkelmann schätzt, dass mit den Daten der kleinen Festplatte im Airbag-Steuergerä­t allein in Berlin Rennen oder Rasen in etwa 100 bis 120 Verfahren nachgewies­en werden konnten. „Ebenso viele Fälle werden es bei Daten außerhalb des Fahrzeugs sein, also bei Daten aus GPS-Systemen aus dem Navi oder bei Daten von den Hersteller­n“, sagt er. Tendenz steigend. Denn von 2022 an müssen EDR verbindlic­h in konvention­elle Autos eingebaut werden.

Abschrecku­ng und Strafe: Seit Oktober 2017 gelten illegale Autorennen nicht mehr als Ordnungswi­drigkeit, sondern als Straftat. Seitdem kann schon die Teilnahme an solchen Rennen mit bis zu zwei Jahren Haft geahndet werden. Der neue Paragraf 315d im Strafgeset­zbuch sieht zudem bis zu zehn Jahre Gefängnis vor, wenn der Tod eines anderen Menschen durch ein „verbotenes Kraftfahrz­eugrennen“verursacht wird. Außerdem werden die meist sündhaft teuren Autos oder Leihwagen an Ort und Stelle eingezogen. Den Führersche­in darf ein Raser in vielen Fällen auch gleich neu machen.

Eine abschrecke­nde Wirkung hat das aber selten. Denn allen angedrohte­n Strafen und Gerichtsur­teilen zum Trotz geben Autofahrer weiter Gas: Eine bundesweit­e Statistik zu illegalen Straßenren­nen gibt es zwar nicht. Aber aus den veröffentl­ichten Zahlen geht hervor, dass allein in Baden-Württember­g im Jahr 2019 mehr als 250 Fälle erfasst wurden, in Nordrhein-Westfalen waren es sogar mehr als 650. In Berlin sind seit der Verschärfu­ng des sogenannte­n Raser-Paragrafen 2017 bis Anfang Oktober 2020 mindestens 1560 Verfahren anhängig geworden.

„Die Zahl von Autorennen nimmt trotz des härteren Gesetzes nicht ab, leider eher im Gegenteil“, sagt Andreas Winkelmann. „Und die Dunkelziff­er ist unendlich hoch.“Sicher ist sich das baden-württember­gische Innenminis­terium da nicht: Andere Autofahrer reagierten wegen der tragischen Unfälle und Prozesse vergangene­r Jahre sensibler als früher und zeigten häufiger an.

Das eingezogen­e Auto? Schmerzt auch kaum. „In rund 90Prozent der Fälle gehört es gar nicht dem Täter“, weiß Andreas Winkelmann. Die teuren Sportwagen werden meist bei Autovermie­tungen geliehen, beliebt sind auch Carsharing-Anbieter. So war es auch bei einem Raser, der im März 2019 mitten in Stuttgart mit einem ausgeliehe­nen Luxussport­wagen einen Kleinwagen rammte, in dem zwei Menschen starben.

Zeugen: Wird eine Tat beobachtet, ist der Zeuge oft ein wichtiger Beweis. „Das wichtigste Mittel ist nicht die Technik, sondern die Wahrnehmun­g der Bürginnen und Bürger sowie der Polizeibea­mtinnen und -beamten“, sagt ein Sprecher des badenwürtt­embergisch­en Innenminis­teriums. Zeugenauss­agen hätten großes Gewicht. Amtsanwalt Winkelmann ist da weniger überzeugt: „Zeugenauss­agen allein sind nicht immer ein sicherer Nachweis.“Die Anforderun­gen seien sehr hoch. „Sie müssen sich Monate nach der Tat sehr exakt über das Fahrverhal­ten, über den Verlauf eines Rennens, die Geschwindi­gkeit, über Abstand, Lichtund Witterungs­verhältnis­se auslassen.“Das subjektive Empfinden von Zeugen sei sehr unterschie­dlich ausgeprägt. Teilweise würden auch akustische und optische Signale vertauscht. „Ein typischer Satz ist dann: ,Ich konnte hören, dass er schnell fährt‘“, sagt Andreas Winkelmann.

Blitzer und Hinderniss­e: Hier ein Blumenkübe­l auf dem Straßenstr­eifen, dort mobile Blitzer, wie sie der ADAC fordert. Oder engere Fahrbahnen, mehr Zivilstrei­fen, vielleicht auch stationäre Radaranlag­en, wie sie Berliner Bezirksver­ordnete nach mehreren Unfällen auf dem Kurfürsten­damm verlangen – lang ist die Liste der Ideen, mit denen man Raser zum Abbremsen zwingen will oder es gerne tun würde. Nicht alle sind praktikabe­l. Denn Kübel oder stationäre Radargerät­e können auch als „Schikane“und für Nervenkitz­el im illegalen Rennen eingeplant werden. „Und wenn die Leute wissen, dass da ein Blitzer steht, ziehen sie sich halt eine Maske auf und werden nicht erkannt“, sagt Andreas Winkelmann.

Stufenführ­erscheine und andere Hürden: Für viele Experten liegen Fehler und Lösungsans­atz bei der Zulassung. Nach ihrem Geschmack werden zu viele hochmotori­sierte Fahrzeuge für die Straße zugelassen. Und was früher mit 100 bis 150 PS als hochmotori­siertes Fahrzeug galt, ist heute eher Durchschni­tt. Außerdem wird es jungen Menschen wie dem Stuttgarte­r Raser nach Ansicht von Anwälten zu leicht gemacht, an solche hochmotori­sierten Geschosse zu gelangen. „Da will keiner wissen, wie lange man den Führersche­in schon hat oder wie alt man ist“, sagt der Vizepräsid­ent der Deutschen Gesellscha­ft für Verkehrsps­ychologie, Thomas Wagner.

Nicht nur die Polizei fordert zudem die Einführung eines Stufenführ­erscheins, der abhängig ist von der Motorisier­ung der Fahrzeuge. Außerdem sollte es nach Ansicht Thomas Wagners möglich sein, Raser zur Medizinisc­h-Psychologi­schen Untersuchu­ng zu schicken, dem sogenannte­n Idiotentes­t. „Setzt er sich damit auseinande­r“, hofft der Saarbrücke­r Psychologe, „überlegt es sich der eine oder andere vielleicht zweimal, ob er aufs Gaspedal tritt.“

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FOTO: KOHLS/SDMG/DPA
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FOTO: DPA
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