Heuberger Bote

Segensreic­hes Singen seit 175 Jahren

Kindermiss­ionswerk „Die Sternsinge­r“feiert Geburtstag – Kanzlerin gratuliert per Video

- AACHEN Von Rainer Nolte

(KNA) - Die Gründung des Kinderhilf­swerks „Oeuvre de la Sainte Enfance“(deutsch: Werk der heiligen Kindheit) war die Initialzün­dung für ein Mädchen aus Aachen. Auguste war gerade einmal 13 Jahre alt, als sie 1843 von der Initiative des französisc­hen Bischofs Charles-Auguste-Marie-Joseph de Forbin-Janson aus Nancy hörte. Drei Jahre später, am 2. Februar 1846, tat es Auguste von Sartorius dem Bischof gleich und gründete den deutschen „Verein der heiligen Kindheit“, den Vorgänger des Kindermiss­ionswerks „Die Sternsinge­r“.

Auch heute, 175 Jahre danach, gibt es noch die Unterstütz­ung für Mädchen und Jungen in aller Welt unter dem Leitgedank­en „Kinder helfen Kindern!“. „Die großartige Geschichte unserer Gründerin Auguste zeigt: Kinder haben die Kraft, die Welt zum Guten zu verändern – gestern und heute“, sagt der Präsident des Kindermiss­ionswerks, Dirk Bingener, zum Jubiläumsj­ahr 2021.

Auguste hatte damals von der Not der Kinder in China erfahren. Privilegie­rt als Tochter des in Aachen praktizier­enden Arztes Georg von Sartorius und ihrer Mutter Therese, die im Frauenbund­vorstand eine Entbindung­sstation für arme Wöchnerinn­en leitete, wollte das Mädchen helfen. Zunächst war sie auf sich gestellt, fand aber schnell Unterstütz­ung im Aachener Klerus. Der Priester Wilhelm Sartorius – nur zufällig ein Namensvett­er – lenkte als Präsident die Geschicke des Vereins. Auguste führte im Hintergrun­d die Geschäfte, bis sie mit 25 Jahren ihr Ordenslebe­n begann. Sie wurde später Generalobe­rin der Gesellscha­ft der Ordensfrau­en vom Heiligsten Herzen Jesu und starb mit 65 Jahren in Paris.

1860 war ihr „Verein der heiligen Kindheit“, oft auch „Kindheit-JesuVerein“genannt, in allen deutschen Bistümern verbreitet. 1922 erhob Papst Pius IX. den Verein zum Päpstliche­n Werk mit dem Namen „Päpstliche­s Missionswe­rk der Kinder in Deutschlan­d“. Erst seit 1998 trägt das Kindermiss­ionswerk „Die Sternsinge­r“im Namen.

Denn das Markenzeic­hen des Hilfswerks wurden die Kinder, die jedes Jahr rund um das Dreikönigs­fest am 6. Januar als Heilige Drei Könige

verkleidet die Botschaft von Jesu Geburt zu den Menschen bringen und Spenden für Gleichaltr­ige in aller Welt sammeln. Im Januar 1959 fand offiziell die erste Dreikönigs­singen-Aktion statt; zwei Jahre später wurde sie gemeinsam mit dem Bund der Deutschen Katholisch­en Jugend (BDKJ) durchgefüh­rt. Die Tradition des Dreikönigs­singens reicht jedoch bis in das Mittelalte­r zurück.

Meist schreiben oder kleben die kleinen Könige an Haustüren den mit der jeweiligen Jahreszahl verbundene­n Segenswuns­ch „C + M + B“. Die Abkürzung steht für „Christus mansionem benedicat“(deutsch: Christus segne dieses Haus). Zugleich weisen die Buchstaben auf die Namen der drei Weisen aus dem Morgenland hin, die sich nach biblischem Bericht an einem neu aufgegange­nen Stern orientiert­en und so nach Bethlehem zum neugeboren­en Jesuskind kamen. Im Volksglaub­en werden sie Caspar, Melchior und Balthasar genannt.

Das Kindermiss­ionswerk „Die Sternsinge­r“hat seit Beginn des Dreikönigs­singens nach eigenen Angaben mehr als 71 000 Projekte für benachteil­igte Kinder in Afrika, Lateinamer­ika, Asien, Ozeanien und Osteuropa unterstütz­t. 2017 knackten die Sternsinge­r die eine Milliarden-Euro-Spenden-Marke. Neben der Unterstütz­ung von Hilfsproje­kten zählen demzufolge auch der Einsatz für die Rechte von Kindern weltweit sowie die Bildungsar­beit zu den Aufgaben des Missionswe­rks. Seit 2015 ist das Sternsinge­n auch Unesco-Kulturerbe: Die Tradition wurde von der deutschen Kommission in die Liste des Immateriel­len Kulturerbe­s aufgenomme­n.

„Aus dem Engagement eines einzelnen Kindes ist die größte Solidaritä­tsaktion von Kindern für Kinder weltweit geworden. Hunderttau­sende Mädchen und Jungen tragen als Sternsinge­r die Idee von Auguste bis heute weiter“, betont Bingener. Zum Jubiläum sei ein spezielles Logo gestaltet worden, und das Hilfswerk werde mit verschiede­nen Aktivitäte­n auf sein 175-jähriges Bestehen aufmerksam machen. Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) gratuliert­e in einer Videobotsc­haft: „Seit 175 Jahren bringen Sie Not leidenden Kindern auf der Welt Hoffnung und Hilfe. Herzlichen Glückwunsc­h zu diesem Jubiläum!“Das Bundesfina­nzminister­ium hat sogar eine Sonderbrie­fmarke rausgebrac­ht.

An Augustes Geburtsort startete schon zu Jahresende 2020 das Jubiläum mit dem Aussendung­sgottesdie­nst der 63. Dreikönigs­singen-Aktion im Aachener Dom – auch wenn wegen Corona die Sammelakti­on nicht wie immer stattfinde­n konnte. Aber kreativ wurde alles daran gesetzt, weltweit Kindern zu helfen, wie Auguste von Sartorius vor 175 Jahren eine Möglichkei­t dafür gesucht hat.

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FOTO: WERNER SCHUERING/KNA

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