Susanne Irion legt den Amtseid ab
Trossingens neue Bürgermeisterin hat ihr Amt am Montag offiziell angetreten
- Trossingens neue Bürgermeisterin Susanne Irion hat am Montag offiziell ihr Amt angetreten. Morgens nahm sie erstmals im Chefsessel im Rathaus Platz, abends legte sie strahlend im kleinen Saal des Konzerthauses ihren Amtseid ab. „Für Sie und die Stadt ein großer Moment“, sagte Landrat Stefan Bär.
Corona-bedingt musste die Veranstaltung in einem deutlich kleineren Rahmen stattfinden, als es für die Verpflichtung einer neuen Bürgermeistern sonst üblich ist. Die „lange Reihe pathetischer Reden und Lachshäppchen am Ende des Abends“, wie Susanne Irion es mit einem Augenzwinkern beschrieb, gab es nicht, ebensowenig eine große Gästeschar. Ihren Amtseid leistete Irion der Pandemie geschuldet vor einer lediglich sehr kleinen Anzahl Trossinger Bürger, Mitarbeiter der Stadt und dem Trossinger Gemeinderat. „Das nimmt diesem Moment jedoch nichts an Bedeutung“, so Landrat Bär, der für ein Grußwort ans Rednerpult trat.
Verpflichtung und Vereidigung der neuen Bürgermeisterin übernahm Bürgermeisterstellvertreter Gustav Betzler, der dies als „große Ehre“bezeichnete. Sieben Wochen lang hatte er zahlreiche Aufgaben in der Stadtverwaltung geschultert dafür sollte ihm Susanne Irion am Ende des Abends noch einen Reisegutschein als Dankeschön überreichen.
Weder für Betzler noch für Susanne Irion seien die vergangenen Monate „Urlaubswochen“gewesen, sagte er, hatte Irion doch die Übergabe der Amtsgeschäfte in Holzmaden (Kreis Esslingen) zu koordinieren, wo sie bisher Bürgermeisterin war. „Alle in Trossingen haben während der Vakanz und unter Pandemiebedingungen ihr Bestes gegeben“, betonte Betzler. „Sie treffen im Rathaus ein tolles Team an.“Für die Bürgermeisterin hatte er ein Fernglas mitgebracht und wünschte ihr in Anlehnung an seinen Beruf als Augenoptiker und Hörakustiker „keine Kurzsichtigkeit, große Weitsichtigkeit, ein großes Ohr für die Bürger der Stadt und große Zuversichtlichkeit.“
Stefan Bär hob hervor, welche zentrale und wichtige Schlüsselposition das Amt der Bürgermeisterin für die Entwicklung der Stadt sei. „Nach Landrat der schönste Job, den man sich vorstellen kann“, sagte er mit einem Schmunzeln.
Susanne Irion ist im Landkreis Tuttlingen die vierte Bürgermeisterin und die erste Frau an der Spitze einer Stadt. Dass er ihr nicht viel Neues über die Aufgaben einer Bürgermeistern erzählen kann, war Bär bewusst. „Sie haben den Job in Holzmaden sieben Jahre lang mit Herzblut gemacht“, stellte er fest. „Neu ist aber vielleicht die Dimension der Gemeinde.“Er zeigte sich überzeugt, dass Irion rasch eigene Aspekte und Schwerpunkte in Trossingen setzen werde.
Bär warf einen kurzen Blick zurück auf den Wahlkampf unter Pandemiebedingungen und Irions Sieg mit 56 Prozent der Wählerstimmen bei starker Konkurrenz. „Trossingen ist schon länger Ihre private Heimat und es ist kein Geheimnis, dass Sie schon länger hier im Kreis Bürgermeisterin werden wollten“, erinnerte er mit Blick auf Irions Kandidatur in Gosheim. Dass sie nun in der Stadt die Rathausspitze übernimmt, in der sie auch wohnt, werde sicher nicht immer ganz leicht werden.
Bär nutzte seine Rede auch für den Hinweis, dass in der heutigen Gesellschaft viele Menschen laute Forderungen äußern, sich aber selbst wenig engagieren würden. „Die Lauten werden wahrgenommen, aber ob sie die Mehrheit sind, ist unklar“, so Bär. Es sei nicht primär die Aufgabe von Bürgermeisterin
und Gemeinderat, die Interessen Einzelner zu erfüllen, sondern das Gesamtbild im Auge zu behalten. Wer als Zuhörer nun vermutete, dass der Landrat auf die derzeitige Diskussion um die Amazon-Ansiedlung anspielte, hatte höchstwahrscheinlich Recht: „Sie erleben das ja auch gerade in der Stadt“, fügte Bär ans Publikum gerichtet hinzu.
Und Susanne Irion selbst? Die Bürgermeisterin stellte wie bereits im Wahlkampf ihr Talent als Rednerin unter Beweis, strahlte viel Elan, Optimismus und Begeisterung für ihr neues Amt aus. „Die Wahl am 6. Dezember hat mein Leben verändert“, sagte sie zu Beginn ihrer Rede und verriet eine kleine Anekdote von ihrem damaligen Amtsbeginn in Holzmaden, die sich in Trossingen nun wiederholt habe: Der Chefsessel im Rathaus war noch etwas zu hoch eingestellt, als sie schwungvoll darauf Platz nahm und kaum mit den Füßen den Boden berührte. „Das hat mir sehr deutlich gezeigt: Für dieses Amt braucht man Größe und tut gut daran, auch noch zu wachsen.“
In Anlehnung an Trossingens „musikalische Stadtseele“betonte Irion, dass auch Politiker sich mit Dreiklang auskennen würden. Aus den vielen Stimmen, die in einer Stadt zu hören seien, filterte sie drei heraus: Recht meinen, Recht machen und es allen Recht machen. Während letzteres unmöglich sei („Das kann und darf auch nicht unser Anspruch sein.“), solle ersteres („Die beste Absicht.“) zum kleinsten gemeinsamen Nenner ihrer Arbeit in Trossingen werden. „Was uns weiterbringt, ist nicht immer populär“, sagte Susanne Irion. Aber sie wolle sich mit den Menschen austauschen, diskutieren und Argumente anhören. Sicherlich ließen sich so auch schwierigere Disharmonien lösen.
„Ich mag die Zukunft für Trossingen optimistisch sehen“, betonte Irion. „Es wird eine Zeit nach Corona geben, in der wir wieder eng zusammenrücken.“Bis dahin müssten Formate für wichtige Themen gefunden werden: Als Beispiele nannte sie die Amazon-Ansiedlung und die geplante Nachnutzung des ehemaligen Dr.Karl-Hohner-Heims. Die Pandemie gebe ihr derzeit die Möglichkeit, sich vieles in Trossingen in Ruhe anzuschauen. „Um dann mit voller Kraft loslegen zu können, wenn es wieder möglich ist“, versprach sie.
Und weil in der Musikstadt trotz Corona keine Bürgermeister-Vereidigung ohne Musik stattfinden kann, spielte Thomas Förster zum Abschluss des Abends am Klavier eine Uraufführung.