Beim Neujahrsempfang sitzt das Virus auf der Bühne
Tuttlinger Kreis-CDU begrüßt Jahr im Europapark mit Showeinlagen – Thema Corona darf nicht fehlen
- Die CDU hat das Digitale im Griff: Am Sonntag hat der Neujahrsempfang ihres Kreisverbands Tuttlingen als Livestream stattgefunden; Bilder und Töne kamen aus dem Europapark Rust. Alles klappte wie am Schnürchen, vom pünktlichen Start bis zum Abspann – und doch war es eben nur ein digitaler Event. Das, was Neujahrsempfänge eigentlich interessant macht – Gespräche und Begegnungen – fehlte notgedrungen.
Gastredner des Abends war, lange vorher eingeladen, Europapark-Chef Roland Mack. Als klar war, dass es im Lockdown keinen Empfang mit vielen Gästen werde geben können, lud er seinerseits die CDU nach Rust ein – auf der Bühne saßen oder standen neben Mack und Moderator Stefan Mayer abgezählt Kreis-Chefin Maria-Lena Weiss und Minister Guido Wolf. Der Bundestagsabgeordnete Volker Kauder war aus seinem Haus am Bodensee zugeschaltet.
Alle waren, so Mayer, vor der Sendung negativ auf Corona getestet worden. Die Gespräche wurden aufgelockert von aufgezeichneten und eingespielten Nummern aus dem Programm der Europa-Park-DinnerShows. Bis auf einen, den der alerte Moderator als „El Lobo“ankündigte: Ein Hexer auf dem Xylophon, der den Ohrwurm „Erinnerungen an Circus Renz“spielte – Guido Wolf im Zirkusdirektor-Outfit, der die Schlägel fliegen ließ. Und sich danach in den seriösen Anzug umzog, um der Politik das Primat einzuräumen.
Den Akzent des Abends setzte aber Park-Chef Roland Mack, der die Politiker gleich mal ins Gebet nahm und bemängelte, dass sein großes Unternehmen noch keinen Euro Corona-Unterstützung erhalten habe. Dabei habe der Europapark bereits im vergangenen Jahr, im ersten Shutdown, den Betrieb „von Hundert auf Null“zurückfahren müssen – ein Vorgehen, das es Mack zufolge in der ganzen Unternehmensgeschichte noch nie gegeben habe. Und noch nie habe er Personal in Kurzarbeit schicken müssen, während aus der Politik
keinerlei Unterstützung gekommen sei: „Das tut uns als treuen Steuerzahlern schon weh.“
Die CDU-Mitglieder in Rust gingen auf Macks Kritik leider nicht ein – sie schauten bereits auf den Wahlkampf voraus; Maria-Lena Weiss bereitet sich ja noch auf eine mögliche Bundestagskandidatur vor. So ganz locker gerieten ihre Beiträge nicht, zumal in der Fragerunde, als sie Stichworte des Moderators schnell ergänzen sollte. Was bringt sie auf die Palme? Nichts. Was ist ihr Duft der Heimat? Das Donautal. Und immerhin: Womit kann man sie um den Finger wickeln? „Mit Alkohol“– das wissen wir jetzt also auch.
Natürlich saß das Virus als Gast mit auf der perfekt ausgeleuchteten Bühne. Guido Wolf, der ja in ein paar Wochen erneut in den Landtag einziehen will, sehnt sich wie wohl alle nach Normalität und kritisiert seinen Ministerkollegen Lucha (Grüne) für die Impf-Probleme: „Das können wir besser!“Zudem zählt er auf, was die Politik in Corona-Zeiten nicht aus den Augen verlieren darf: den Klimawandel, die Digitalisierung, das Medizinprodukte-Recht.
Volker Kauder enthüllt, dass er in seinen frühen Tuttlinger Zeiten als Narr im Tuttlinger Häs durch die Fasnet gesprungen ist und schaut aus Berliner Sicht in die weite Welt: Die „chinesische Frage“habe man „von Anfang nicht richtig angepackt“; man müsse die Wirtschaft mit westlichen Werten wie Menschenrechten und Religionsfreiheit auf einen Nenner bringen. Und er bricht eine Lanze für die viel gescholtene Europäische Union: In der EU sei „vieles nicht immer einfach, aber ohne sie ist alles schlechter“.
Zum Schluss des Digi-Empfangs schildern ein paar Bürgerinnen und Bürger aus dem Landkreis Tuttlingen in aufgezeichneten Statements, was sie für wichtig halten: Bäckermeister Daniel Link aus Link fordert den Abbau von Bürokratie, Narrenpräsident Kurt Szofer „klare, nachvollziehbare Regeln für alle“, Sportfunktionärin Margarete Lehmann Einsatz für den Amateursport, die Studentinnen Vanessa Holzapfel und Luisa Butsch aus Fridingen erinnern an die fehlenden Sozialkontakte, wenn das Studium nur noch online stattfindet. Und, ja natürlich, Party feiern wollen sie auch wieder.
Zum Schluss gibt‘s als Dank für Europapark-Chef Roland Mack ein nahrhaftes Paket mit Produkten aus der Hirsch-Brauerei, von denen der Unternehmer gleich eins zischt, und nochmals Musik, Tanz und Show. Die spektakuläre Akrobatik-Nummer trägt den Titel „Zwischen Himmel und Hölle“– ein Blick voraus auf die Landtagswahl?