Heuberger Bote

Beim Neujahrsem­pfang sitzt das Virus auf der Bühne

Tuttlinger Kreis-CDU begrüßt Jahr im Europapark mit Showeinlag­en – Thema Corona darf nicht fehlen

- Von Dieter Kleibauer TUTTLINGEN/RUST

- Die CDU hat das Digitale im Griff: Am Sonntag hat der Neujahrsem­pfang ihres Kreisverba­nds Tuttlingen als Livestream stattgefun­den; Bilder und Töne kamen aus dem Europapark Rust. Alles klappte wie am Schnürchen, vom pünktliche­n Start bis zum Abspann – und doch war es eben nur ein digitaler Event. Das, was Neujahrsem­pfänge eigentlich interessan­t macht – Gespräche und Begegnunge­n – fehlte notgedrung­en.

Gastredner des Abends war, lange vorher eingeladen, Europapark-Chef Roland Mack. Als klar war, dass es im Lockdown keinen Empfang mit vielen Gästen werde geben können, lud er seinerseit­s die CDU nach Rust ein – auf der Bühne saßen oder standen neben Mack und Moderator Stefan Mayer abgezählt Kreis-Chefin Maria-Lena Weiss und Minister Guido Wolf. Der Bundestags­abgeordnet­e Volker Kauder war aus seinem Haus am Bodensee zugeschalt­et.

Alle waren, so Mayer, vor der Sendung negativ auf Corona getestet worden. Die Gespräche wurden aufgelocke­rt von aufgezeich­neten und eingespiel­ten Nummern aus dem Programm der Europa-Park-DinnerShow­s. Bis auf einen, den der alerte Moderator als „El Lobo“ankündigte: Ein Hexer auf dem Xylophon, der den Ohrwurm „Erinnerung­en an Circus Renz“spielte – Guido Wolf im Zirkusdire­ktor-Outfit, der die Schlägel fliegen ließ. Und sich danach in den seriösen Anzug umzog, um der Politik das Primat einzuräume­n.

Den Akzent des Abends setzte aber Park-Chef Roland Mack, der die Politiker gleich mal ins Gebet nahm und bemängelte, dass sein großes Unternehme­n noch keinen Euro Corona-Unterstütz­ung erhalten habe. Dabei habe der Europapark bereits im vergangene­n Jahr, im ersten Shutdown, den Betrieb „von Hundert auf Null“zurückfahr­en müssen – ein Vorgehen, das es Mack zufolge in der ganzen Unternehme­nsgeschich­te noch nie gegeben habe. Und noch nie habe er Personal in Kurzarbeit schicken müssen, während aus der Politik

keinerlei Unterstütz­ung gekommen sei: „Das tut uns als treuen Steuerzahl­ern schon weh.“

Die CDU-Mitglieder in Rust gingen auf Macks Kritik leider nicht ein – sie schauten bereits auf den Wahlkampf voraus; Maria-Lena Weiss bereitet sich ja noch auf eine mögliche Bundestags­kandidatur vor. So ganz locker gerieten ihre Beiträge nicht, zumal in der Fragerunde, als sie Stichworte des Moderators schnell ergänzen sollte. Was bringt sie auf die Palme? Nichts. Was ist ihr Duft der Heimat? Das Donautal. Und immerhin: Womit kann man sie um den Finger wickeln? „Mit Alkohol“– das wissen wir jetzt also auch.

Natürlich saß das Virus als Gast mit auf der perfekt ausgeleuch­teten Bühne. Guido Wolf, der ja in ein paar Wochen erneut in den Landtag einziehen will, sehnt sich wie wohl alle nach Normalität und kritisiert seinen Ministerko­llegen Lucha (Grüne) für die Impf-Probleme: „Das können wir besser!“Zudem zählt er auf, was die Politik in Corona-Zeiten nicht aus den Augen verlieren darf: den Klimawande­l, die Digitalisi­erung, das Medizinpro­dukte-Recht.

Volker Kauder enthüllt, dass er in seinen frühen Tuttlinger Zeiten als Narr im Tuttlinger Häs durch die Fasnet gesprungen ist und schaut aus Berliner Sicht in die weite Welt: Die „chinesisch­e Frage“habe man „von Anfang nicht richtig angepackt“; man müsse die Wirtschaft mit westlichen Werten wie Menschenre­chten und Religionsf­reiheit auf einen Nenner bringen. Und er bricht eine Lanze für die viel gescholten­e Europäisch­e Union: In der EU sei „vieles nicht immer einfach, aber ohne sie ist alles schlechter“.

Zum Schluss des Digi-Empfangs schildern ein paar Bürgerinne­n und Bürger aus dem Landkreis Tuttlingen in aufgezeich­neten Statements, was sie für wichtig halten: Bäckermeis­ter Daniel Link aus Link fordert den Abbau von Bürokratie, Narrenpräs­ident Kurt Szofer „klare, nachvollzi­ehbare Regeln für alle“, Sportfunkt­ionärin Margarete Lehmann Einsatz für den Amateurspo­rt, die Studentinn­en Vanessa Holzapfel und Luisa Butsch aus Fridingen erinnern an die fehlenden Sozialkont­akte, wenn das Studium nur noch online stattfinde­t. Und, ja natürlich, Party feiern wollen sie auch wieder.

Zum Schluss gibt‘s als Dank für Europapark-Chef Roland Mack ein nahrhaftes Paket mit Produkten aus der Hirsch-Brauerei, von denen der Unternehme­r gleich eins zischt, und nochmals Musik, Tanz und Show. Die spektakulä­re Akrobatik-Nummer trägt den Titel „Zwischen Himmel und Hölle“– ein Blick voraus auf die Landtagswa­hl?

 ?? SCREENSHOT­S:DIETER KLEIBAUER/COLLAGE: BIRGA WOYTOWICZ ?? Beim Neujahrsem­pfang zugeschalt­et oder vor Ort (von oben links im Uhrzeigers­inn): Bundestags­abgeordnet­er Volker Kauder, Narren-Präsident Kurz Szofer, Landtagsab­geordneter Guido Wolf, Kreisvorsi­tzende Maria-Lena Weiss, die Bühne im Europapark, Guido Wolf mit Showeinlag­e.
SCREENSHOT­S:DIETER KLEIBAUER/COLLAGE: BIRGA WOYTOWICZ Beim Neujahrsem­pfang zugeschalt­et oder vor Ort (von oben links im Uhrzeigers­inn): Bundestags­abgeordnet­er Volker Kauder, Narren-Präsident Kurz Szofer, Landtagsab­geordneter Guido Wolf, Kreisvorsi­tzende Maria-Lena Weiss, die Bühne im Europapark, Guido Wolf mit Showeinlag­e.

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