Anton Braun erfindet den Vorgänger des Computers
Und wer weiß schon, wo die Straßennamen Gallus Has und Ambrosius Blarer herkommen?
TUTTLINGEN - Goethe, Schiller, Beethoven – Straßen, die nach diesen Promis benannt sind, ziehen sich durch viele Orte. Aber eine AntonBraun-Straße gibt‘s nicht so häufig. In Möhringen erinnert sie an einen der großen Söhne des Städtles. Er hat den Vorläufer des Computers erfunden – im Barock.
Braun (1686 bis 1728) war Mechaniker, Optiker und Hofmathematicus am Kaiserhof in Wien. Er hat zwei mechanische Rechenmaschinen erfunden, von denen eine im Technischen Museum Wien und eine im Deutschen Museum in München steht. In seinem Heimatort erinnert nicht nur der Straßenname an den badischen Tüftler, sondern auch die nach ihm benannte Grundschule.
Ebenfalls in Möhringen liegt die Gallus-HasStraße. Has, manchmal auch Haas geschrieben, stammte auch aus der Donaustadt (genaues Geburtsdatum unbekannt, gestorben 1540) und war Abt des Benediktinerklosters St. Blasien im Südschwarzwald. Als das Kloster 1525 im Bauernkrieg zerstört wurde, ließ Has es wieder aufbauen. Ähnlich wie bei Anton Braun gibt es eine Gallus-Has-Straße sonst wohl nirgends.
Has war Katholik – Ambrosius Blarer (1492 bis 1542) war dagegen Protestant, einer der ersten in der Region überhaupt. Er stammte nicht aus Tuttlingen, sondern aus Konstanz, aber er führte in Tuttlingen und vielen anderen Städten im Südwesten sowie in der Schweiz die Reformation ein. Die nach ihm benannte Straße liegt an der evangelischen Stadtkirche und hieß früher Kirchstraße – eine solche gibt es aber auch in Nendingen. Um Verwechslungen zu vermeiden, taufte die Stadt die Tuttlinger Kirchstraße um.
Mit Ambrosius Blarer eng verbunden war der württembergische Herzog Ulrich (1487 bis 1550), nach dem ebenfalls eine Straße benannt ist. Er war der dritte regierende Herzog des noch jungen Landes und der erste protestantische Herrscher, als er ab 1534 die Reformation in seinem Land einführte. Unter anderem berief er eben jenen Ambrosius Blarer zu seinem Gehilfen. Ulrich machte sich auch an anderer Stelle unsterblich: Auf seine Initiative wurde der Hohentwiel zur Festung ausgebaut.
Ulrichs Sohn, Herzog Christoph von Württemberg, wird ebenfalls mit einer Straße bedacht. Er verfestigte den Protestantismus im Südwesten und hinterließ einen originellen Erlass: Er verfügte, Obstbäume an den Landstraßen zu pflanzen.
Eine fragwürdige Biografie steht hinter dem Namen Graevenitzstraße. Fritz von Graevenitz (1892 bis 1959) war Maler und vor allem Bildhauer.
Er hat das SchneckenburgerDenkmal im Stadtgarten geschaffen. Doch Graevenitz diente sich den Nazis an, war systemkonform, Direktor der Stuttgarter Akademie, portraitierte Adolf Hitler in Bronze und wurde später sogar auf die so genannte Gottbegnadeten-Liste gesetzt, die ihm den Kriegsdienst ersetzte – in einer Reihe mit nazi-affinen Künstlern wie Schauspieler Heinrich George, Bildhauer-Kollege Arno Breker, Komponist Richard Strauss oder Schriftsteller Gerhart Hauptmann.
Da ist Gutenberg von anderem Kaliber. Johannes Gutenberg, geboren unter dem Namen Gensfleisch (um 1400 bis 1468, jeweils in Mainz), hat den Druck mit beweglichen Lettern erfunden – eine technische Revolution, deren Folgen man gar nicht hoch genug einschätzen kann. Bis dahin gab es Bücher nur als handgemalte und -geschriebene Folianten aus den Klöstern; Gutenberg erfand die Druckerpresse, mit der hohe Auflagen möglich waren, schnelle Produktion und vor allem eine Demokratisierung von Presse und Literatur.
An der nach ihm benannten Straße lag – natürlich – das damalige Verlagsund Redaktionsgebäude samt Druckerei des Gränzbote, bis dieser 2005 in den Neubau an der Jägerhofstraße zog.