Migrationsdruck erhöht Spannungen auf den Kanaren
(KNA) - Die Bewohner von La Isleta machen ihrem Ärger Luft. 150 Personen sind vor die alte Militärkaserne im sozial schwachen Stadtteil von Las Palmas de Gran Canaria gezogen und haben gegen die Regierung und ihre Migrationspolitik protestiert. Mehrere Hundert afrikanische Bootsflüchtlinge sind dort untergebracht.
Fast 20 000 Migranten landeten im vergangenen Jahr auf den spanischen Ferieninseln vor der Küste Westafrikas. Die Corona-Krise und die immer besser überwachten Mittelmeerrouten haben die Bootsmigration 2020 auf die Kanarischen Inseln verlagert. Die meisten Armutsflüchtlinge landeten auf der Hauptinsel Gran Canaria, wo immer noch 7000 illegale Migranten festhängen. Und wöchentlich werden es mehr.
„Ich bin dafür, den Menschen zu helfen. Es kann aber nicht sein, dass man uns hier mit dem Problem alleine lässt. Es sind einfach zu viele, und ich fühle mich in meinem eigenen Stadtviertel nicht mehr sicher“, sagt eine Anwohnerin von La Isleta. Andere Demonstranten berichten von Schlägereien unter den Migranten. Vor allem Marokkaner lungerten auf der Straße herum, sprächen dem Alkohol zu, belästigten Frauen. Die Polizei bestätigt eine zunehmende Kriminalität aber nicht. Dennoch verstärkt der Migrationsdruck ein Gefühl der Unsicherheit. Die sozialen Spannungen nehmen zu. In der Ortschaft El Lasso kam es bereits mehrmals zu Übergriffen auf Migranten.
„Wir sind traditionell ein offenes und gastfreundliches Volk. Von Fremdenfeindlichkeit kann nicht die Rede sein. Hier leben Menschen aus den verschiedenen Ländern friedlich zusammen. Doch diese Massen illegaler Migranten sind zu viel für uns“, versichert Ricardo Ortega vom Fischerverband in Arguineguin. Ortega verurteilt die jüngsten Übergriffe auf Flüchtlinge, bei denen es sich laut Polizei nur um vereinzelte Aktionen handelt. Aber die Nerven liegen blank. Hinzu kommt die Angst vieler Kanaren, die Migranten könnten die Corona-Situation auf den bisher größtenteils von der Pandemie verschonten Ferieninseln verschlimmern und den Tourismus schädigen.
Doch auch unter den Migranten wächst die Frustration. Die meisten finden keine Arbeit und wollen aufs Festland. Doch das lässt die spanische Regierung nicht zu, um nicht noch mehr Bootsflüchtlinge anzulocken. Unterdessen fordert die Inselregierung Spaniens Regierungschef Pedro Sanchez unermüdlich auf, Migranten ausfliegen zu lassen. „Spanien und die Europäische Union dürfen die Kanaren nicht in Gefängnisinseln wie Lesbos verwandeln“, sagt Antonio Morales, der Regierungschef von Gran Canaria.