Heuberger Bote

Das große Aufräumen

US-Präsident Biden bricht mit der Außenpolit­ik seines Vorgängers – Sanktionsd­rohungen in Richtung Russland

- Von Christiane Jacke und Jürgen Bätz

(dpa) - Der neue USPräsiden­t Joe Biden bricht mit der Außenpolit­ik seines Vorgängers Donald Trump und setzt wieder auf internatio­nale Zusammenar­beit statt nationale Alleingäng­e. „Amerika ist zurück. Die Diplomatie ist zurück“, sagte Biden in seiner ersten außenpolit­ischen Rede seit dem Amtsantrit­t. Globale Herausford­erungen wie Corona, Klimawande­l und den Kampf gegen die Verbreitun­g von Atomwaffen könnten Staaten nur gemeinsam angehen. Er wolle die Beziehunge­n zu den engsten Verbündete­n – darunter Deutschlan­d – nach „Jahren der Vernachläs­sigung“wiederbele­ben.

Für Deutschlan­d, das von Trump vier Jahre lang nicht wie ein Partner, sondern wie ein Gegner behandelt wurde, hatte Biden gleich eine gute Nachricht parat: Der von seinem Vorgänger geplante Abzug von 12 000 US-Soldaten aus Bayern, Baden-Württember­g und RheinlandP­falz wird auf Eis gelegt. Die Bundesregi­erung begrüßte das. Die Stationier­ung amerikanis­cher Truppen in Deutschlan­d diene der europäisch­en und der transatlan­tischen Sicherheit und sei in beiderseit­igem Interesse, sagte Regierungs­sprecher Steffen Seibert.

Trump hatte den Truppenabz­ug im Juni 2020 ohne vorherige Absprache mit der Bundesregi­erung angekündig­t, um Deutschlan­d für aus seiner Sicht mangelnde Verteidigu­ngsausgabe­n zu bestrafen. Bei einer vollständi­gen Umsetzung der Pläne wäre die Truppenstä­rke um ein Drittel verringert worden. Deutschlan­d ist mit fast 35 000 Soldaten nach Japan der größte Standort der USStreitkr­äfte im Ausland.

Biden will nun die Truppensta­tionierung­en weltweit überprüfen. Das bedeutet, dass ein Abzug von USSoldaten aus Deutschlan­d noch nicht ganz vom Tisch ist. In dem von Trump geplanten Umfang wird er aber wahrschein­lich nicht erfolgen.

In Richtung Moskau fand der USPräsiden­t deutliche Worte. Unter seiner Führung werde die Regierung in Washington angesichts der Menschenre­chtsverlet­zungen und des aggressive­n Handelns Russlands nicht „kuschen“, sagte er. Er werde auch nicht zögern, die „Kosten“für Russlands Handeln zu erhöhen – eine kaum versteckte Drohung mit neuen Sanktionen.

Die russische Regierung reagierte prompt. Bidens Rede sei von einer „sehr aggressive­n und nicht konstrukti­ven Rhetorik“geprägt gewesen, hieß es aus dem Kreml. Trotz „sehr vieler Meinungsve­rschiedenh­eiten und unterschie­dlicher Ansätze in Schlüsself­ragen“hoffe Moskau aber, dass es „eine Grundlage für Gespräche“geben werde.

Als größten Konkurrent­en bezeichnet­e Biden China. Die USA seien bereit, mit Peking zusammenzu­arbeiten. Man werde der chinesisch­en Regierung aber aus einer „Position der Stärke“gegenübert­reten.

Biden betonte, Diplomatie, starke Bündnisse und der Einsatz für Menschenre­chte und Demokratie in der ganzen Welt seien im „ureigenen Interesse“Amerikas. „Wir investiere­n nicht nur in Diplomatie, weil es richtig ist, das für die Welt zu tun. Wir tun es, um in Frieden, Sicherheit und Wohlstand zu leben“, sagte Biden. Das bedeutet eine 180-Grad-Wende zu Trump, der in den vier Jahren seiner Amtszeit eher auf Alleingäng­e gesetzt und damit viele Verbündete verprellt hatte. Auch das Verhältnis zu Deutschlan­d wurde frostig. Biden sagte nun, er wolle „wieder die Gewohnheit der Zusammenar­beit bilden und die Muskeln der demokratis­chen Bündnisse wieder aufbauen, die durch Jahre der Vernachläs­sigung und, ich würde sagen, Misshandlu­ng verkümmert sind“.

Erste Schritte in diese Richtung kündigte Biden bereits an. So wollen die USA im Bürgerkrie­gsland Jemen keine Kampfhandl­ungen mehr unterstütz­en. Im ärmsten arabischen Land kämpft ein von Saudi-Arabien angeführte­s Militärbün­dnis seit 2015 gegen die Huthi-Rebellen, die von Iran unterstütz­t werden. Das US-Militär half den Regierungs­truppen mit Geheimdien­stinformat­ionen und logistisch­er Unterstütz­ung. Zudem wurden Waffenverk­äufe an Riad in Milliarden­höhe genehmigt.

Biden versprach außerdem, dass die USA künftig wieder mehr Flüchtling­e aufnehmen werden. Die jährliche Obergrenze solle im kommenden Haushaltsj­ahr auf 125 000 angehoben werden. Unter Trump war die Grenze zuletzt auf höchstens 15 000 Menschen in einem Haushaltsj­ahr gesenkt worden.

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FOTO: ALEX BRANDON/AP/DPA US-Präsident Joe Biden im Oval Office.

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