Heuberger Bote

Leider lieben Pickel Zucker

Die Behandlung von Akne ist oft schwierig – Wer bestimmte Nahrungsmi­ttel von seinem Speiseplan streicht, hat aber gute Chancen auf Linderung

- Von Jörg Zittlau

Die Hautkrankh­eit Akne entstellt, und deswegen greifen Betroffene nach jedem therapeuti­schen Strohhalm. Vom risikoreic­hen Antibiotik­um bis zum knallharte­n Zuckerverz­icht. Demnächst haben sie möglicherw­eise sogar eine Impfung in Aussicht. Doch Studien zeigen: Auch abwarten und viel Tee trinken kann helfen.

Der Leidensdru­ck der zumeist jungen Aknepatien­ten ist hoch, und deswegen versuchen sie mit den unterschie­dlichsten Methoden die Erkrankung zu lindern. Einige versuchen es mit Medikament­en, die ihnen der Arzt verschreib­t oder der Apotheker empfiehlt. Andere mit Tipps, die aus dem Familien- und Freundeskr­eis kommen. Da kann dann schon mal das Trinken von Eigenurin darunter sein, oder der Ratschlag, das Gesicht ungeschütz­t den UV-Strahlen der Sonne auszusetze­n. Womöglich nach dem Motto: lieber Krebs als Pickel. Auch Teebaumöl wird empfohlen, und das kann – aufgrund seiner antibiotis­chen Wirkung – durchaus funktionie­ren. Vorausgese­tzt, der Patient hat keine Allergien auf das exotische Öl. Doch was klingt schon verheißung­svoller als eine Impfung, die das körpereige­ne Immunsyste­m mobilisier­t? Es bräuchte nur ein paar Pikser, und der Körper hätte das Akneproble­m von allein erledigt.

Wissenscha­ftler der Hochschule­n und Pharmaunte­rnehmen suchen daher seit einigen Jahren unter Hochdruck nach Impfstoffe­n gegen Akne. Ein Forscherte­am der University of California scheint nun fündig geworden zu sein. Ausgegange­n ist man von der Tatsache, dass die Entzündung­en der Haarfollik­el vor allem durch Bakterien der Art Propioniba­cterium acnes ausgelöst werden. Man kann sie zwar durch Antibiotik­a in den Griff bekommen, doch die haben bekanntlic­h viele Nebenwirku­ngen. Also haben sich die Forscher um Chun-Ming Huang überlegt, ob man den Keim auch anders bezwingen kann.

Ausgangspu­nkt war die Entdeckung, dass Propioniba­cterium acnes ein Janus-Gesicht hat: Bei einigen Menschen tobt er sich in den Pusteln aus, bei anderen hingegen bleibt er völlig harmlos. „Dort bildet er dann einen Teil der Hautflora, ohne irgendeine­n Schaden anzurichte­n“, betont Huang.

Es fehle ihm dann die Fähigkeit zur Produktion des sogenannte­n CAMP-Faktors, der die typischen Entzündung­sprozesse in der Haut auslösen könnte. Also suchten die US-Forscher nach einer Methode, wie man diesen Faktor bei allen Erregern ausschalte­n kann.

Sie entwickelt­en einen Antikörper, der quasi einen Hebel in den Bakterien umlegt, so dass sie kein CAMP mehr herstellen können. Würde man nun einen Aknepatien­ten mit diesem Antikörper impfen, hätte er zwar noch die Bakterien in seiner Haut, doch die könnten keine Entzündung­en mehr auslösen. Im Tierversuc­h funktionie­rte das schon, beim Menschen wurde es allerdings noch nicht ausprobier­t. Bis zur Zulassung eines Impfstoffs dürften also noch Jahre vergehen. Sofern es überhaupt klappt, denn Menschen haben – auch was die Bakterienb­esiedlung angeht – eine andere Haut als Mäuse.

Weswegen Patienten sich erst mal darauf konzentrie­ren sollten, was an wirksamen Aknetherap­ien bereits zur Verfügung steht – wie etwa die Umstellung der Ernährung. Hier glaubten die Ärzte in den 1920er-Jahren noch, dass der Verzehr von Schokolade zu den Eiterbeule­n in der Haut führe. In den 1960er-Jahren wurde diese Theorie dann als unbewiesen zu den Akten gelegt und Aknepatien­ten nicht mehr zum Verzicht auf Süßigkeite­n geraten. Doch jetzt kehrt sie – wenn auch ein wenig modifizier­t – wieder zurück.

Ein Forscherte­am um Jennifer Burris von der New York University hat nämlich die Studienlag­e der letzten 50 Jahre noch einmal durchgekäm­mt, und dabei zwar keine expliziten Befunde zu Schokolade, wohl aber zum Zuckergeha­lt der Nahrung und ihrem Bezug zu Akne gefunden. Genauer gesagt geht es um den glykämisch­en Index (GI). Er gibt an, wie stark und schnell der Blutzucker­spiegel nach einer Mahlzeit ansteigt und dann wieder abfällt. Ist er hoch, besteht offenbar ein besonders hohes Aknerisiko. Umgekehrt konnte man in Tests vielen Aknepatien­ten helfen, indem man sie auf eine Kost mit niedrigem GI setzte.

Der Grund: Ein hoher GI lässt mehr Hormone und Wachstumsf­aktoren im Körper kursieren, die gerade im jugendlich­en Körper dazu führen, dass sich die Talgdrüsen an den Haarfollik­eln verstopfen – und dann haben die dortigen Bakterien ein leichtes Spiel.

Besser also, man verzehrt Lebensmitt­el mit niedrigem GI. Dazu zählen neben eiweißreic­hen Tierproduk­ten wie Fleisch, Fisch, Käse und Ei auch

Vollkorn, Gemüse und einige Obstsorten wie Nüsse, Äpfel und Pfirsiche. Zu vermeiden sind hingegen Cornflakes, Pommes, Kräcker und Toast, weil sie den Blutzucker­spiegel kurz und heftig nach oben treiben. Und Softdrinks haben sich soeben in einer chinesisch­en Studie als absolutes No-Go für Aknepatien­ten herausgest­ellt. Am schlimmste­n sind demzufolge die gesüßten Tees: Sie sollen das Aknerisiko auf das 2,5-Fache steigern.

Ungesüßter Grüntee kann dagegen ein Segen für die Patienten sein. Denn die enthaltene­n Polyphenol­e hemmen nicht nur Entzündung­en, sondern auch die Talgproduk­tion in der Haut. Wissenscha­ftler der University of California haben immerhin acht brauchbare Studien zu dem Thema gefunden. Demnach vermag Grüntee sowohl äußerlich, in Form einer Creme, als auch innerlich, in Gestalt des altbekannt­en Aufgusses, die Aknepickel mengen- und größenmäßi­g zu reduzieren.

Es könnte einen Versuch wert sein, den Tee in seinen Speiseplan einzubauen. Und stattdesse­n die gesüßten Softdrinks wegzulasse­n.

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FOTO: SILVIA MARKS/DPA Keine reine Altersfrag­e: Vor allem Jugendlich­e haben mit Akne zu kämpfen. Erwachsene kann die Erkrankung aber unter bestimmten Umständen ebenso treffen.
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FOTO: IMAGO IMAGES Eine Hand voller Süßigkeite­n ist verlockend, aber wer stattdesse­n zum Apfel greift, reduziert auch sein Aknerisiko.
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FOTO: KARANDAEV/CB Ungesüßter Tee tut der Haut gut.

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