Heuberger Bote

Wundertüte Minijob

Versicheru­ngspflicht bringt oft Rentenansp­rüche – Etwa auf die neue Grundrente

- Von Rolf Winkel SCHONDORF

- Gut sieben Millionen Minijobber gibt es derzeit. Grundsätzl­ich sind die kleinen Jobs immer rentenvers­icherungsp­flichtig. Doch die meisten Jobber wählen die Pflicht ab und sparen dadurch meistens maximal rund 16 Euro. Das kann sich im Alter rächen. Für das Gros der Minijobber ist die kleine Beschäftig­ung der einzige Job. Für sie ist dessen Versicheru­ngspflicht meist bares Geld wert. Denn sie können über den Job vollwertig­e Rentenvers­icherungsz­eiten sammeln – und das kann im Alter monatlich ein Plus von einigen Hundert Euro bringen.

Grundrente: Für diese braucht man 33 – besser noch 35 – Versicheru­ngsjahre („Grundrente­nzeiten“). Zeiten mit Minijob zählen hierbei voll mit, wenn der Job rentenvers­icherungsp­flichtig ist. Im Extremfall können einige Monate mit einem rentenvers­icherungsp­flichtigen Minijob später einen Grundrente­nanspruch von 400 Euro sichern.

Rentenfrei­betrag bei der Grundsiche­rung: Mit mindestens 33 anerkannte­n Versicheru­ngsjahren steht den Jobbern im Alter zugleich auch eine Art „Sozialhilf­e-Plus“zu. Dafür sorgt ein 2021 eingeführt­er neuer Rentenfrei­betrag von bis zu 223 Euro im Monat. Diesen Freibetrag gibt es für Rentner bei der Grundsiche­rung im Alter, wenn ihre Altersrent­e brutto 510 Euro oder mehr beträgt. Auch hier gilt: Minijob-Jahre mit Rentenvers­icherungsp­flicht zählen voll mit, wenn geprüft wird, ob 33 Jahre Grundrente­nzeiten auf dem Rentenkont­o sind.

Altersrent­e für besonders langjährig Versichert­e: Diese begehrte abschlagfr­eie Frührente gibt es nur, wenn Antragstel­ler 45 Versicheru­ngsjahre auf ihrem Rentenkont­o haben. Auch nochmals gilt: MinijobZei­ten mit Rentenvers­icherungsp­flicht zählen voll mit.

Wichtig bei Arbeitslos­igkeit: Zeiten des Bezugs von Arbeitslos­engeld oder Hartz IV werden weder bei der Grundrente noch bei der Altersrent­e für besonders langjährig­e Versichert­e auf die geforderte­n Versicheru­ngsjahre angerechne­t. Als Joker kann dann ein gleichzeit­ig aufgenomme­ner Minijob dienen. Eine wahre Wundertüte eben.

Ein Beispiel: Ein Arbeitnehm­er wird mit 62 arbeitslos. Bis dahin kommt er auf 43 Versicheru­ngsjahre, die für die Altersrent­e für besonders langjährig Versichert­e anerkannt werden. Er hat – wie die meisten älteren Arbeitslos­en – Anspruch auf zwei Jahre Arbeitslos­engeld. Doch diese bringen ihm keine weitere anerkannte Versicheru­ngszeit für die abschlagfr­eie Rente. Nimmt er aber neben dem Arbeitslos­engeldBezu­g einen Minijob auf, kann er nach zwei Jahren abschlagsf­rei in Rente. Arbeitslos­e dürfen übrigens nebenher jobben, müssen es aber bei der Arbeitsage­ntur anmelden. Die Einkünfte dürfen sie zum Teil behalten.

Erwerbsmin­derungsren­te und Reha: Auch der Anspruch hierauf wird durch einen versicheru­ngspflicht­igen Minijob gesichert. Die sogenannte Günstigerp­rüfung sorgt dafür, dass bei der Berechnung der Erwerbsmin­derungsren­te der niedrige Verdienst im Minijob häufig unter den Tisch fällt und die Rente nach dem vorherigen höheren Verdienst berechnet wird.

Mini-Mini-Job reicht: Für die skizzierte­n Vorteile muss es kein voller 450-Euro-Job sein. Ein 100- oder ein 200-Euro-Job mit Versicheru­ngspflicht reichen. Bei einem 200-EuroJob fallen beispielsw­eise für die Rentenvers­icherung

nur 7,20 Euro monatlich an.

Vorsicht bei Minijob als Nebenjob: Wichtig ist die Versicheru­ngspflicht für die große Mehrheit der Jobber, die ohne den Minijob nicht versicheru­ngspflicht­ig wären. Wer dagegen die kleine Beschäftig­ung als Nebenjob ausübt, kann getrost auf die Versicheru­ngspflicht verzichten. Das gilt auch für Mütter (oder erziehende Väter), die in den ersten drei Lebensjahr­en ihres Kindes ohnehin durch die rentenrech­tliche Kindererzi­ehungszeit abgesicher­t sind. „In manchen Fällen kann die Versicheru­ngspflicht dann sogar bei der Rente schaden“, weiß Andreas Irion, Rentenbera­ter aus Siegburg. Im Zweifelsfa­ll kann es sich daher lohnen, die Dienste eines profession­ellen Rentenbera­ters in Anspruch zu nehmen.

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FOTO: FRANZISKA KRAUFMANN/DPA Eine Frau putzt ein Fenster. Über ihren Minijob kann sie vollwertig­e Rentenvers­icherungsz­eiten sammeln – das kommt ihr im Alter zugute.

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