Dreimaliges Auszählen ist der „Rekord“
Der Trossinger Peter Efinger ist seit 15 Jahren bei jeder Wahl als Wahlhelfer im ehrenamtlichen Einsatz
- Ohne Menschen wie ihn würde Demokratie nicht funktionieren: Seit 15 Jahren ist der Trossinger Peter Efinger ehrenamtlicher Wahlhelfer, zumeist als Wahlvorsteher. Auch bei der Landtagswahl am 14. März ist der 64-Jährige im Einsatz – wie bei jedem Urnengang.
Andere liegen sonntags faul auf dem Sofa und schauen den halben Tag Wintersport. Das kommt für Peter Efinger nicht in Frage – zumindest nicht, wenn Wahltag ist. Dann ist Efingers Stammplatz nicht die heimische Couch, sondern das Wahllokal. In seinem Fall zumeist das in der Mensa der Ganztagesschule, direkt am Rathaus. Warum er sich in dieser Form engagiert? „Ein klein wenig ist es aus Ehrgefühl“, sagt Efinger, der seit dem Sommer Rentner ist. „Ich bin Bürger der Stadt und kann so ein wenig zurückgeben.“
Sein Amt kam ohne Vorwarnung über den Mann, der früher beruflich täglich nach Stuttgart pendelte zur Niederlassung der Frankenthaler Firma KSB – wo der gebürtige Trossinger, der einst Siedlungswasserbau studiert hatte, in leitender Funktion im Verkauf Innendienst tätig war. „Bei einer Wahl kam ich aus dem Wahllokal in der Musikschule und traf eine Bekannte, die Wahlhelferin war.“Mit dem Satz „Das kannst du auch mal machen“habe sie ihn ins Trossinger Rathaus gelotst. „Wir suchen immer Leute, hat der damalige Wahlleiter Werner Kohler gemeint“, erinnert sich Efinger. Gesagt, getan: Vor der nächsten Wahl wurde er angerufen – und schon saß er im Wahllokal, bei seiner Premiere als Beisitzer.
Seither war Peter Efinger stets Wahlvorsteher. „Wir arbeiten immer in zwei Schichten mit je vier Leuten, von acht bis 13 und von 13 bis 18 Uhr“, erläutert er. Er übernehme zumeist die zweite Schicht, in 80 Prozent seiner Einsätze habe er mit Renate Klukas als stellvertretendem Wahlvorstand zusammengearbeitet – und das gut. Eine Woche vor den Wahlen erhalte das Team eine Schulung, bei der zuletzt die Modalitäten wegen der Pandemie breiten Raum eingenommen haben. Zu seinen und Klukas’ Aufgaben zähle es, die anderen Wahlhelfer „auf ihre Neutralität und ihr Stillschweigen hinzuweisen – was im Wahllokal geschieht, geht nicht nach draußen“. Dort steht Efinger an der Wahlurne, prüft, „ob alles seine Ordnung hat“, hält die Hand über den Urnenschlitz und zieht sie zum Einwurf des Stimmzettels weg – beziehungsweise betätigt, so vorhanden, einen entsprechenden Mechanismus an der Urne.
Immer wieder passiert Unerwartetes: „Bei einer Kommunalwahl waren beide Kabinen gefüllt – doch die
Wähler kamen einfach nicht mehr raus.“Die Warteschlange wurde immer länger. „Nach fast 15 Minuten habe ich die beiden Wähler dann darauf hingewiesen, dass sie so langsam zum Schluss kommen sollten.“Offenbar hatten sie die bei Kommunalwahlen immer besonders langen Listen sehr gründlich geprüft. Bei einer Landtagswahl fand Efinger einen Stimmzettel, „der aus der Zeitung ausgeschnitten worden war. Weil die Zettel damals noch in Umschläge gesteckt wurden, konnten wir das nicht sehen. Die Stimme war natürlich ungültig.“
„Ich muss prüfen, wenn Unstimmigkeiten da sind“, sagt Efinger – etwa, wenn ein Wähler keinen Ausweis dabei habe, aber dennoch unbedingt wählen wolle. Früher habe er dies schon mal zugelassen, „wenn ich die Leute kannte“; zuletzt sei es jedoch vorgeschrieben gewesen, dass, wer keinen Pass dabei hatte, weggeschickt werden musste. Zulässig seien bisweilen zwei Leute in einer Wahlkabine, wenn etwa ein älterer Wähler nicht mehr gut lesen könne und auf eine Begleitperson angewiesen sei. „Dass lässt man laufen – aber schreitet ein, wenn miteinander gesprochen wird.“
Um 18 Uhr am Wahltag schließen die Lokale. „Dann erkläre ich, dass die Wahl beendet ist.“Die verschlossene Wahlurne werde geöffnet, die Auszählung beginnt. „Bei Kommunalwahlen ist das am aufwendigsten – da müssen wir montags weitermachen.“ Für die Landtagswahl am 14. März erwartet Efinger, dass die Auszählung der Stimmen „nach maximal anderthalb Stunden“beendet sein dürfte. Obwohl: „Es kam schon vor, dass wir eine Differenz von zwei Stimmen feststellten und noch mal zählen mussten.“Der „Rekord“sei eine dreimalige Auszählung gewesen. Eine Schnellmeldung gehe telefonisch ins Rathaus, wo die Ergebnisse in einen Computer eingegeben werden. Efinger füllt das Protokoll aus, die Stimmen für die einzelnen Parteien und die ungültigen Stimmen werden in einzelne Umschläge verpackt und versiegelt und alles am Ende im Trossinger Rathaus abgegeben. Fünf Urnenwahlzentren gibt es bei der Landtagswahl in Trossingen: in Ganztagesschule, Löhrschule, Konzerthaus, Gymnasium und Rathaus Schura, erläutert Efinger. Ausgezählt werde zudem in fünf Briefwahlzentren im Rathaus; diese Auszählung beginne am Wahlsonntag bereits mittags, „Briefwähler können ihr Votum jedoch noch am Wahltag bis 18 Uhr im Rathaus abgeben“.
Reich werden die Wahlhelfer nicht: „Es gibt im Schnitt 35 Euro Erfrischungsgeld, zwei Wecken mit Wurst und Käse sowie Getränke“, berichtet Efinger. „Bei der Bürgermeisterwahl kürzlich hat die Stadt noch 15 Euro draufgelegt.“Ob er sich sorge, sich am Wahlsonntag angesichts der vielen persönlichen Kontakte mit Covid-19 anzustecken? „Wenn ich das täte, dürfte ich nicht mehr nach draußen gehen“, sagt der Mittsechziger. „Die Stadt stellt Schutzmasken zur Verfügung, die alle aufsetzen, manche bringen auch eigene mit.“Wegen Corona gebe es einen Eingang ins Wahllokal und einen separaten Ausgang. Und zudem nur eine Wahlkabine.
Auch ohne die Pandemie ist es schwierig, jüngere Leute zu gewinnen, die als Wahlhelfer Freizeit opfern. „Ich weiß, dass es Schwierigkeiten gibt, Wahlvorsteher und deren Stellvertreter zu finden“, sagt Efinger. „Nachwuchs“gebe es lediglich für die Beisitzer-Posten, ansonsten seien Mitarbeiter der Stadt gefordert. Für den Trossinger indes muss die Stadt bald einen Nachfolger finden: „Ich will nach der Bundestagswahl im September aufhören – mit dann 65 Jahren ist es mal gut.“