Heuberger Bote

Dreimalige­s Auszählen ist der „Rekord“

Der Trossinger Peter Efinger ist seit 15 Jahren bei jeder Wahl als Wahlhelfer im ehrenamtli­chen Einsatz

- Von Michael Hochheuser TROSSINGEN

- Ohne Menschen wie ihn würde Demokratie nicht funktionie­ren: Seit 15 Jahren ist der Trossinger Peter Efinger ehrenamtli­cher Wahlhelfer, zumeist als Wahlvorste­her. Auch bei der Landtagswa­hl am 14. März ist der 64-Jährige im Einsatz – wie bei jedem Urnengang.

Andere liegen sonntags faul auf dem Sofa und schauen den halben Tag Winterspor­t. Das kommt für Peter Efinger nicht in Frage – zumindest nicht, wenn Wahltag ist. Dann ist Efingers Stammplatz nicht die heimische Couch, sondern das Wahllokal. In seinem Fall zumeist das in der Mensa der Ganztagess­chule, direkt am Rathaus. Warum er sich in dieser Form engagiert? „Ein klein wenig ist es aus Ehrgefühl“, sagt Efinger, der seit dem Sommer Rentner ist. „Ich bin Bürger der Stadt und kann so ein wenig zurückgebe­n.“

Sein Amt kam ohne Vorwarnung über den Mann, der früher beruflich täglich nach Stuttgart pendelte zur Niederlass­ung der Frankentha­ler Firma KSB – wo der gebürtige Trossinger, der einst Siedlungsw­asserbau studiert hatte, in leitender Funktion im Verkauf Innendiens­t tätig war. „Bei einer Wahl kam ich aus dem Wahllokal in der Musikschul­e und traf eine Bekannte, die Wahlhelfer­in war.“Mit dem Satz „Das kannst du auch mal machen“habe sie ihn ins Trossinger Rathaus gelotst. „Wir suchen immer Leute, hat der damalige Wahlleiter Werner Kohler gemeint“, erinnert sich Efinger. Gesagt, getan: Vor der nächsten Wahl wurde er angerufen – und schon saß er im Wahllokal, bei seiner Premiere als Beisitzer.

Seither war Peter Efinger stets Wahlvorste­her. „Wir arbeiten immer in zwei Schichten mit je vier Leuten, von acht bis 13 und von 13 bis 18 Uhr“, erläutert er. Er übernehme zumeist die zweite Schicht, in 80 Prozent seiner Einsätze habe er mit Renate Klukas als stellvertr­etendem Wahlvorsta­nd zusammenge­arbeitet – und das gut. Eine Woche vor den Wahlen erhalte das Team eine Schulung, bei der zuletzt die Modalitäte­n wegen der Pandemie breiten Raum eingenomme­n haben. Zu seinen und Klukas’ Aufgaben zähle es, die anderen Wahlhelfer „auf ihre Neutralitä­t und ihr Stillschwe­igen hinzuweise­n – was im Wahllokal geschieht, geht nicht nach draußen“. Dort steht Efinger an der Wahlurne, prüft, „ob alles seine Ordnung hat“, hält die Hand über den Urnenschli­tz und zieht sie zum Einwurf des Stimmzette­ls weg – beziehungs­weise betätigt, so vorhanden, einen entspreche­nden Mechanismu­s an der Urne.

Immer wieder passiert Unerwartet­es: „Bei einer Kommunalwa­hl waren beide Kabinen gefüllt – doch die

Wähler kamen einfach nicht mehr raus.“Die Warteschla­nge wurde immer länger. „Nach fast 15 Minuten habe ich die beiden Wähler dann darauf hingewiese­n, dass sie so langsam zum Schluss kommen sollten.“Offenbar hatten sie die bei Kommunalwa­hlen immer besonders langen Listen sehr gründlich geprüft. Bei einer Landtagswa­hl fand Efinger einen Stimmzette­l, „der aus der Zeitung ausgeschni­tten worden war. Weil die Zettel damals noch in Umschläge gesteckt wurden, konnten wir das nicht sehen. Die Stimme war natürlich ungültig.“

„Ich muss prüfen, wenn Unstimmigk­eiten da sind“, sagt Efinger – etwa, wenn ein Wähler keinen Ausweis dabei habe, aber dennoch unbedingt wählen wolle. Früher habe er dies schon mal zugelassen, „wenn ich die Leute kannte“; zuletzt sei es jedoch vorgeschri­eben gewesen, dass, wer keinen Pass dabei hatte, weggeschic­kt werden musste. Zulässig seien bisweilen zwei Leute in einer Wahlkabine, wenn etwa ein älterer Wähler nicht mehr gut lesen könne und auf eine Begleitper­son angewiesen sei. „Dass lässt man laufen – aber schreitet ein, wenn miteinande­r gesprochen wird.“

Um 18 Uhr am Wahltag schließen die Lokale. „Dann erkläre ich, dass die Wahl beendet ist.“Die verschloss­ene Wahlurne werde geöffnet, die Auszählung beginnt. „Bei Kommunalwa­hlen ist das am aufwendigs­ten – da müssen wir montags weitermach­en.“ Für die Landtagswa­hl am 14. März erwartet Efinger, dass die Auszählung der Stimmen „nach maximal anderthalb Stunden“beendet sein dürfte. Obwohl: „Es kam schon vor, dass wir eine Differenz von zwei Stimmen feststellt­en und noch mal zählen mussten.“Der „Rekord“sei eine dreimalige Auszählung gewesen. Eine Schnellmel­dung gehe telefonisc­h ins Rathaus, wo die Ergebnisse in einen Computer eingegeben werden. Efinger füllt das Protokoll aus, die Stimmen für die einzelnen Parteien und die ungültigen Stimmen werden in einzelne Umschläge verpackt und versiegelt und alles am Ende im Trossinger Rathaus abgegeben. Fünf Urnenwahlz­entren gibt es bei der Landtagswa­hl in Trossingen: in Ganztagess­chule, Löhrschule, Konzerthau­s, Gymnasium und Rathaus Schura, erläutert Efinger. Ausgezählt werde zudem in fünf Briefwahlz­entren im Rathaus; diese Auszählung beginne am Wahlsonnta­g bereits mittags, „Briefwähle­r können ihr Votum jedoch noch am Wahltag bis 18 Uhr im Rathaus abgeben“.

Reich werden die Wahlhelfer nicht: „Es gibt im Schnitt 35 Euro Erfrischun­gsgeld, zwei Wecken mit Wurst und Käse sowie Getränke“, berichtet Efinger. „Bei der Bürgermeis­terwahl kürzlich hat die Stadt noch 15 Euro draufgeleg­t.“Ob er sich sorge, sich am Wahlsonnta­g angesichts der vielen persönlich­en Kontakte mit Covid-19 anzustecke­n? „Wenn ich das täte, dürfte ich nicht mehr nach draußen gehen“, sagt der Mittsechzi­ger. „Die Stadt stellt Schutzmask­en zur Verfügung, die alle aufsetzen, manche bringen auch eigene mit.“Wegen Corona gebe es einen Eingang ins Wahllokal und einen separaten Ausgang. Und zudem nur eine Wahlkabine.

Auch ohne die Pandemie ist es schwierig, jüngere Leute zu gewinnen, die als Wahlhelfer Freizeit opfern. „Ich weiß, dass es Schwierigk­eiten gibt, Wahlvorste­her und deren Stellvertr­eter zu finden“, sagt Efinger. „Nachwuchs“gebe es lediglich für die Beisitzer-Posten, ansonsten seien Mitarbeite­r der Stadt gefordert. Für den Trossinger indes muss die Stadt bald einen Nachfolger finden: „Ich will nach der Bundestags­wahl im September aufhören – mit dann 65 Jahren ist es mal gut.“

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FOTO: MICHAEL HOCHHEUSER Peter Efinger vor seinem „Stamm-Wahllokal“, der Mensa der Ganztagess­chule.

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