Heuberger Bote

„Nehmt die Krankheit ernst“

Ärztin und Gemeinderä­tin Dr. Cornelia Seiterich-Stegmann berichtet von ihrer Corona-Infektion

- Von Sabine Krauss TUTTLINGEN

- Bisher hatte sie Corona aus der Sicht einer Ärztin kennengele­rnt, die am Klinikum in der Altersmedi­zin arbeitet. Dann erwischte das Virus sie selbst: Dr. Cornelia Seiterich-Stegmann erfuhr aus eigener Perspektiv­e, wie es ist, an Corona zu erkranken. Obwohl ihre Infektion mittlerwei­le sieben Wochen zurücklieg­t, spürt sie noch immer die Auswirkung­en der Krankheit. Ihr dringender Appell lautet: „Nehmt die Krankheit ernst und haltet euch auch an die Regeln!“

Sich selbst als so geschwächt zu erleben, dass das Umherlaufe­n in der Wohnung zu einer Anstrengun­g wird und man liebsten nur liegen möchte – diese Erfahrung zählt mit zu den Eindrückli­chsten, die die 60jährige Ärztin und Rätin des Tuttlinger Gemeindera­ts erlebte. „Dass man sich selbst, einen eigentlich fitten und gesunden Menschen, als so fragil und hinfällig erlebt – das hat mich beeindruck­t und zugleich auch beängstigt“, schildert sie aus der ersten Zeit der Erkrankung.

Es war ein Tag vor Weihnachte­n, als Cornelia Seiterich-Stegmanns Ehemann erste Anzeichen einer Corona-Infektion feststellt­e. „Es waren die bekannten Symptome: Fieber, Husten, Gliedersch­merzen, Müdigkeit“, zählt sie auf. Wo sich der Arzt, der ebenfalls im Klinikum und zudem auch im Rettungsdi­enst arbeitet, angesteckt hatte, ließ sich nicht nachvollzi­ehen. Umgehend begab sich das Ehepaar mit der aktuell zuhause lebenden Tochter in Quarantäne und bat die drei erwachsene­n Söhne, sich fernzuhalt­en. „Natürlich war es schade, weil Weihnachte­n war und alles etwas anders geplant“, erzählt Seiterich-Stegmann. Und obwohl sie getrennte Badezimmer benutzten, in unterschie­dlichen Zimmern schliefen und aßen: Drei Tage später stellten sich auch bei ihr Symptome ein. Ebenfalls wie bei ihrer Tochter zeigte der Corona-Test nun ein positives Ergebnis an.

Es folgten Tage, die Cornelia Seiterich-Stegmann nicht nochmal erleben möchte. Während es ihrem Mann schnell wieder besser ging, schlug das Virus bei ihr stärker zu. Neben Fieber, Husten, Gliedersch­merzen, Geschmacks- und Geruchsver­lust litt sie mehrere Tage an Atemrhythm­us-Störungen. Obwohl sie erschöpft und müde war, konnte sie kaum schlafen. „Ich hatte nachts Albträume und eine ständige Unruhe in mir“, beschreibt sie die Zeit. Auch neurologis­che Symptome stellte sie fest: Ihre Hände und Füße fühlten sich an wie leicht betäubt. „Es war ein sehr breites Band an verschiede­nen Symptomen“, erzählt die 60-Jährige.

Selbst als die Quarantäne um war und ein erneuter Test negativ blieb, spürte sie die Beeinträch­tigungen noch deutlich: „Die ersten Spaziergän­ge dauerten 15 bis 20 Minuten – das hat mir völlig gereicht“, erzählt sie. Auch als die Ärztin dann schließlic­h wieder zu arbeiten anfing, ging das nicht sofort zu 100 Prozent. „Es ist super schön, wieder zu arbeiten, aber ich spüre nach wie vor, dass ich noch nicht ganz fit bin“, sagt sie. Allein schon das Treppenste­igen: „Wenn ich oben angekommen bin, muss ich zuerst mal ein bisschen nach Luft schnappen.“

Respekt vor Corona habe sie auch schon vor ihrer eigenen Erkrankung gehabt, meint Cornelia SeiterichS­tegmann. Doch nun kommt eine neue Perspektiv­e dazu, die ihre bisherige Sicht verstärkt: „Nach der Erfahrung

Dr. Cornelia Seiterich-Stegmann.

meiner eigenen Krankheit kann ich nur einen dringenden Appell an alle richten, vor dieser Krankheit Respekt zu haben und sich vor allem auch an die Regeln zu halten. Nicht alle erkranken daran schwer, manche sind sogar symptomfre­i – aber für andere Menschen kann es eine ordentlich fiese, bedrohlich­e Krankheit sein.“

Wichtig findet die Ärztin auch, dass die Menschen ihre Informatio­nen aus verlässlic­hen Quellen beziehen: Nicht Internetfo­ren und Chats sollte Glauben geschenkt werden, sondern den Angaben zum Beispiel des Robert-Koch-Instituts oder des Bundesgesu­ndheitsamt­s, findet Cornelia Seiterich-Stegmann. Und: Sie appelliert, im Falle einer Infektion alle Kontaktper­sonen gegenüber dem Gesundheit­samt anzugeben. „Die Nachverfol­gung der möglichen Infektions­ketten ist etwas ganz wesentlich­es beim Bekämpfen der Pandemie.“

Sie selbst plant, in etwa drei bis vier Wochen einen Antiköper-Test zu machen, um zu schauen, wie groß ihre Immunität gegen das Virus tatsächlic­h ist. Sollte sie niedrig sein, „dann würde ich mich natürlich gerne impfen lassen.“

„Dass man sich selbst als so fragil und hinfällig erlebt – das hat mich beeindruck­t und zugleich auch beängstigt.“

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FOTO: DPA Wie es ist, selbst an Corona zu erkranken, erlebte die 60-jährige Tuttlinger Ärztin Dr. Cornelia Seiterich-Stegmann. Sieben Wochen nach ihrer Infektion spürt sie noch immer die Auswirkung­en der Krankheit.
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PRIVAT FOTO: Dr. Cornelia Seiterich-Stegmann

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