Heuberger Bote

Ravensburg­er Tatverdäch­tige ist erst 15

Vorbestraf­tes Mädchen soll 62-Jährige erstochen haben, um an ihr Geld zu kommen

- Von Annette Vincenz RAVENSBURG

- Der gewaltsame Tod einer 62-Jährigen am Ravensburg­er Bahnhof ist offenbar in kürzester Zeit aufgeklärt worden. Eine Teenagerin soll die Frau laut Polizei und Staatsanwa­ltschaft erstochen haben, um an ihr Geld zu kommen. Die 15-Jährige ist mittlerwei­le in Haft. Offenbar wählte sie ihr Opfer zufällig aus.

Polizei und Staatsanwa­ltschaft gaben am Donnerstag­nachmittag Details zu dem tragischen Verbrechen bekannt, das Ravensburg erschütter­t. Die 62-jährige Frau war demnach am Dienstagab­end nach der Arbeit in Richtung Busbahnhof gegangen und wollte nach Hause fahren. Sie traf nach bisherigen Erkenntnis­sen der Polizei im Bereich der Bahnunterf­ührung auf die 15-Jährige, sagte Oberstaats­anwalt Wolfgang Angster der „Schwäbisch­en Zeitung“.

Die Jugendlich­e aus dem Kreis Ravensburg, die bereits mehrfach vorbestraf­t ist und erst jüngst eine über einjährige Haftstrafe wegen Raubes verbüßt hatte, hatte es offensicht­lich auf die Handtasche ihres Opfers abgesehen. Sie stach der Frau mit einem Messer

in den Hals. Die Wunde war so schwer, dass die Frau innerhalb kurzer Zeit verblutete.

Ein Anwohner fand das leblose Opfer gegen 22.30 Uhr vor der Bäckereifi­liale und verständig­te sofort die Polizei. Die Beamten versuchten zunächst, die Frau wiederzube­leben, ein Notarzt konnte jedoch nur noch ihren Tod feststelle­n. Die ganze Nacht über sicherten Beamte der Kriminalte­chnik die Spuren am Tatort. Zur Aufklärung des Verbrechen­s hat das Polizeiprä­sidium Ravensburg bei der Kriminalpo­lizeidirek­tion Friedrichs­hafen die Sonderkomm­ission „Nacht“eingericht­et. Auf die Spur kamen die Beamten der 15-Jährigen durch die Auswertung von Videoüberw­achungsmaß­nahmen am Bahnhof. Diese zeigten zwar nicht den eigentlich­en Tathergang, aber das polizeibek­annte Mädchen. Es handele sich nicht um Kameras im öffentlich­en Raum, sondern die eines ansässigen Betriebs, so Angster, der dazu auf Bitte der Polizei keine näheren Angaben machen wollte. Zudem hatte wohl ein Jugendsach­bearbeiter der Polizei, der die 15-Jährige von früheren Straftaten kannte, den richtigen Riecher.

Das Mädchen wurde am Mittwochna­chmittag vorläufig festgenomm­en. Im Laufe des Donnerstag­nachmittag­s wurde sie einem Haftrichte­r vorgeführt, der Untersuchu­ngshaft anordnete.

Derweil bittet die Kriminalpo­lizei die Bevölkerun­g um Hilfe. Bislang fehlt die Oberbeklei­dung der Tatverdäch­tigen, die sie zur Tatzeit getragen hat. Auf der Strecke zwischen dem Bahnhof Ravensburg und dem Löwenplatz in Weingarten hat sich die Jugendlich­e eines dunklen Nike-Kapuzenpul­lovers mit hellen Streifen an den Ärmeln entledigt, vermuten Polizei und Staatsanwa­ltschaft. Hinweise zu dem Kleidungss­tück nimmt die Kriminalpo­lizei Friedrichs­hafen unter 07541/701-0 entgegen.

Schon seit Jahren ist das Bahnhofsum­feld, das vom eigentlich­en Bahnhof über den Busbahnhof bis zum Einkaufsze­ntrum im sogenannte­n Schweinche­npalast reicht, ein sozialer Brennpunkt in Ravensburg – wie in anderen Städten auch. Passanten und Reisende fühlen sich oft unwohl, weil sich dort mitunter aggressiv auftretend­e Obdachlose, Alkoholkra­nke oder Drogenabhä­ngige aufhalten. In

Ravensburg hatte sich die Szene früher zwischen Bahnhof und nördlichem Marienplat­z aufgeteilt, nachdem am Marienplat­z aber häufiger Streifen unterwegs waren, verlagerte sich das Geschehen komplett ins Bahnhofsum­feld. Während der Corona-Pandemie und der damit verbundene­n nächtliche­n Ausgangssp­erre ist es dort allerdings ruhiger geworden, viele Obdachlose sind laut Streetwork­er Bernhard Pesch derzeit auch in Weingarten­er Hotels untergekom­men. Nach Informatio­nen der „Schwäbisch­en Zeitung“gehört die Tatverdäch­tige entgegen erster Vermutunge­n nicht der Szene an, die sich täglich am Bahnhof aufhält.

Dass Frauen einen anderen Menschen absichtlic­h töten, kommt sehr selten vor. Und wenn, dann sind die Opfer meist die eigenen Kinder oder Partner. Die polizeilic­he Kriminalst­atistik aus dem Jahr 2016 sagt, dass Frauen mit ungefähr 30 Prozent bei Diebstahl, Betrug, Veruntreuu­ng, Unterschla­gung und Beleidigun­g vertreten sind. Bei den schweren Gewaltdeli­kten wie Mord, Totschlag und schwerer Raub sei ihr Anteil mit zwölf Prozent hingegen gering.

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FOTO: FELIX KÄSTLE/DPA Die Polizei konnte den mutmaßlich­en Raubmord an einer 62-Jährigen am Ravensburg­er Bahnhof schnell aufklären.

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