Vorhang zu und alle Fragen offen
Museen und Theater drängen nach monatelangem Lockdown auf rasche Öffnungsperspektiven
(dpa) Konzerte und andere Aufführungen abgesagt, Museen dicht: Corona hat auch das kulturelle Leben zum Stillstand gebracht. Kulturschaffende machen sich für rasche Lockerungen und Perspektiven stark.
„Es wäre gut, wenn man genau wie im vergangenen Frühjahr, als es eine Spirale der Verschärfungen gab, nun stufenweise auch wieder Lockerungen für die Kultur vorstellen würde“, sagt Freiburgs Erster Bürgermeister Ulrich von Kirchbach vom Deutschen Bühnenverein. Die Lage für die Bühnen und Museen spitze sich zu und der dringende Bedarf sei da: „Das Digitale hat sich abgenutzt. Die Leute haben Hunger nach der Kultur, sie lechzen förmlich danach“, sagt von Kirchbach, der als Vorsitzender des Landesverbandes fungiert. Deshalb müsse die Politik angesichts der sinkenden Zahl der Neuinfektionen eine Perspektive aufzeigen und Museen und Theater nach monatelangem Lockdown spätestens Ende März öffnen lassen.
Wissenschaftsministerin Theresia Bauer dürfte gegen so eine Frist sein. Sie hatte in der vergangenen Woche trotz eines vorliegenden Ausstiegsszenarios für Bühnen und Ausstellungshäuser um Geduld gebeten.
„Wir reden nicht über Zeitpunkte“, hatte die Grünen-Ministerin gesagt. Es sei zunächst wichtig, die Inzidenz landesweit zu reduzieren. Danach würden Prioritäten gesetzt.
In einem gemeinsamen Papier hatten die Bundesländer zuvor einen drei Stufen umfassenden Plan „Kultur wieder ermöglichen“entworfen. Demnach sollen mit der Wiedereröffnung von Schulen und Kitas zunächst außerschulische Bildungsangebote der Kultureinrichtungen und der Musik- und Kunstschulen zugelassen werden. Spätestens mit der Eröffnung des Einzelhandels könnten dann Museen, Galerien, Gedenkstätten und Bibliotheken einen „Basisbetrieb“
anbieten. In einer dritten Stufe – gekoppelt an die Öffnung der Gastronomie – sollten Veranstaltungen in Theatern, Opernhäusern und Konzerthäusern, Kinos und ähnlichen Veranstaltungsräumen möglich gemacht werden.
Für viele Kulturschaffende ist das nicht konkret genug. „Wir brauchen eine genauere Definition, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, damit Theater, Kinos und Museen wieder öffnen dürfen“, sagt Axel Vornam, Intendant des Theaters Heilbronn. Die Schließungen seien zum Teil sachlich nicht nachvollziehbar gewesen. „Es geht dabei nicht um Benachteiligung, sondern um die Sinnhaftigkeit und Nachvollziehbarkeit von Entscheidungen.“
Auch Tonio Kleinknecht vom Theater Aalen ist kritisch: „Ein bisschen mehr Mitdenken würde ich mir schon wünschen“, sagt der Intendant. „Theater erst nach der Gastronomie zu öffnen, wie es Niedersachsen und Schleswig-Holstein planen, finde ich falsch. Kunst und Kultur darf nicht als erstes geschlossen und als letztes geöffnet werden.“Stuttgarts Opern-Intendant Viktor Schoner wünscht sich eine „gestalterische Haltung“, zeigt aber auch „vollstes Verständnis“für die Bitte Bauers um Geduld. Und auch der Intendant des Schauspiels Stuttgart stärkt der Ministerin den Rücken: „Überstürztes Handeln würde unsere bisherigen Erfolge beim Zurückdrängen des Virus wieder zunichtemachen“, sagt Burkhard Kosminski.
Der Museumsverband BadenWürttemberg gibt zwar kein Datum vor. Museen müssten aber als Orte der Bildung „mit zu den allerersten gehören, die wieder öffnen können, und das schnellstmöglich“, sagt Verbandspräsident Jan Merk. Denn nicht zuletzt wegen der großen Räume, der Lüftungsanlagen und der Erfahrungen mit der Lenkung der Besucherströme seien Museen sichere Orte, an denen eine unsichere Gesellschaft Kraft tanken könne.