Bildung, Klimaschutz und mehr Eigenverantwortung
Zwei Spaichinger Gymnasiasten erzählen von ihren Wünschen an den neuen Landtag
- Was sagen Schülerinnen und Schüler der Abschlussklassen zur anstehenden Landtagswahl, welche Themen beschäftigen sie? Auf unseren Aufruf am Spaichinger Gymnasium haben Juliane Bronner (17) und Silas Wolfsberger (18) ausführlich geantwortet. Die Fragen stellte Anke Kumbier. Beide besuchen die 12. Klasse. Juliane Bronner darf mit 17 Jahren noch nicht wählen, trotzdem werden natürlich auch ihre Interessen im Landtag vertreten. Sie würde sich eine Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre wünschen: „Ich finde dass Wahlalter herunterzusetzen und gleichzeitig politische Bildung in Schulen, vor allem in der Mittelstufe, stärker in den Mittelpunkt zu rücken, wäre ein guter Weg.“
Was sind Themen, die euch mit Blick auf die anstehende Landtagswahl besonders wichtig sind?
Juliane Bronner: Schulen sind meiner Wahrnehmung nach kaum digitalisiert und unser Schulsystem lässt wenig Chancen für einen Wechsel in eine andere Schulart, vor allem nach oben. Wie wichtig Chancengleichheit ist, lässt sich gerade auch in meinem eigenen Umfeld gut beobachten: Im Online-Unterricht können KinTopf der aus ärmeren Haushalten nicht alle Arbeitsblätter einfach schnell ausdrucken und haben nicht immer einen guten Laptop, ein Handy oder eine stabil funktionierende Internetverbindung.
Ich würde mir außerdem mehr Mitspracherecht wünschen und ich habe das Gefühl, dass zu wenig auf Vorschläge
aus den Schulen gehört wird. Warum wurde als Abitur-Lektüre beispielsweise nur Literatur mit männlichen Hauptrollen ausgewählt? (Die aktuellen Abilektüren sind Goethe: Faust, Hesse: Der Steppenwolf, Hoffmann: Der Goldne
und Treichel: Der Verlorene,
Silas Wolfsberger: Unsere acht Gymnasialschuljahre empfinde ich als thematisch sehr vollgepackt. Da würde ich mir die Möglichkeit wünschen, G9 zu wählen. Etwas weniger Stochastik und etwas mehr Informatik oder auch einfach das Erlernen grundlegender Fähigkeiten in der Zusammenarbeit mit Behörden und zum Beispiel Banken, wäre vermutlich angemessen. Ich weiß, wie ich die Schnittpunkte zweier Kurven ausrechnen kann, habe aber keine Ahnung, was ich nach meinem Schulabschluss für Versicherungen brauche, oder wie ich mich für ein Studium bewerbe.
Welche nicht-schulischen Themen beschäftigen euch?
Juliane Bronner: Es sollte jedem klar sein, was passiert, wenn wir den Klimawandel nicht stoppen. Außerdem beschäftigt mich die Gleichberechtigung. Die Lösung dafür sehe ich in einem Weg, der dafür sorgt, dass es für Firmen keinen Nachteil hat, eine Frau, die potenziell Kinder bekommt, einzustellen. Wir müssen außerdem Wege finden, Diversität in allen Formen, gesellschaftlich als etwas Positives zu verankern und diese zu fördern.
Silas Wolfsberger: Mir ist es sehr wichtig, dass wir eine Landesregierung bekommen, die sich für Offenheit und Toleranz einsetzt, ohne dabei andere Meinungen (natürlich keine Verschwörungstheorien oder Extremismus) zu tabuisieren und die bereit ist, ihre Entscheidungen zu rechtfertigen.
Eine Landesregierung dürfte den Menschen meinetwegen auch gerne wieder mehr Verantwortung für sich selbst geben. Ein Thema, das besonders meine Hobbys betrifft, wäre die Aufhebung oder wenigstens die Lockerung der Zwei-Meter-Regel (sie besagt, dass Radfahren im Wald erst auf zwei Meter breiten Wegen erlaubt ist, Für uns ist es schwierig zu biken, weil wir nicht, wie in anderen Bundesländern, legale Wege anlegen und darauf fahren dürfen. Eine Partei, die sich so fürs Radfahren und für ein besseres Miteinander von Radfahrern und Wanderern einsetzt, wäre für mich attraktiv.
Habt ihr das Gefühl, dass da Menschen im Landtag sitzen, die nachvollziehen, was euch bewegt und die für eure Interessen eintreten?
Silas Wolfsberger: Ich kenne kaum Landespolitiker. Allein schon die Art und Weise, wie diese denken, die Jugend ansprechen zu können, ist häufig so unbeholfen, dass ich nicht wirklich das Gefühl habe, von ihnen vertreten zu sein.
Juliane Bronner: Ich glaube die wenigsten im Landtag können gerade nachempfinden, wie es uns geht. An manchen Tagen sitze ich allein für den Unterricht fast acht Stunden vor dem Rechner und danach bin ich nicht fertig, muss noch Arbeitsaufträge am Rechner bearbeiten und hochladen und nebenbei für mein Abitur lernen, das ist was komplett anderes, als im richtigen Unterricht zu sitzen, es ist anstrengender.
Wie können Politikerinnen und Politiker junge Menschen erreichen? Was würdet ihr euch wünschen?
Juliane Bronner: PolitkerInnen, die uns Fragen stellen, gerne auch per Mail. Sonst werden meist den PolitikerInnen die Fragen gestellt und oftmals sind die Antworten schwammig und offen.
Silas Wolfsberger: Wenn ein Politiker mal an unsere Schule käme. Unser Schule-als-Staat-Projekt letztes Jahr wäre zum Beispiel ein hervorragender Anlass gewesen. Das wäre vermutlich sehr interessant. Ich fände auch auf Youtube ausgetragene Podiumsdiskussionen zum Beispiel sehr reizvoll.