Heuberger Bote

Rekord US-Sängerin Beyoncé gewinnt bei GrammyGala ihren 28. Preis

R&B-Sängerin Beyoncé räumt erneut ab – Mit 28 Trophäen ist die 39-Jährige nun Rekordhalt­erin bei dem weltweit begehrten Musikpreis

- Von Stefan Rother

Auch als selbst ernannte „ Beste Band der Welt“ist man vor Eifersucht nicht gefeit – im Song „Warum spricht niemand über Gitarriste­n?“vom aktuellen Album „Hell“klagt die Berliner Punkrock-Institutio­n Die Ärzte, dass Gitarriste­n gegen die Topthemen der Aufmerksam­keitsökono­mie nicht ankommen: „Das Wetter immer wieder, der Fußball gestern Nacht – und alle reden drüber, was Beyoncé grade macht.“

Gestern war mal wieder so ein Tag. Klar, auch andere Stars wurden bei der Grammy-Verleihung ausgezeich­net und die Bekanntgab­e der Oscar-Nominierun­gen war auch nicht ganz unwichtig. Aber für besondere Aufmerksam­keit in den sozialen und sonstigen Medien sorgte dann doch der Rekord von Beyoncé Knowles, die mit ihren Grammys Nummer 25 bis 28 zur am meisten ausgezeich­neten Künstlerin aller Zeiten aufstieg. Preise gab es unter anderem für die „beste R&B-Performanc­e“bei „Black Parade“, den besten Rap-Song und das beste Musikvideo mit „Brown Skin Girl“.

Das ist schon ein beachtlich­es Spektrum, aber nur ein kleiner Ausschnitt aus dem Gesamtkuns­twerk, das Beyoncé verkörpert. Sängerin,

Tänzerin, Regisseuri­n, Schauspiel­erin, Produzenti­n, Stilikone, Aktivistin und Philanthro­pin zählen zu den Rollen, die die 1981 geborene Amerikaner­in einnimmt. Und die Kollaborat­ionen mit ihrem Ehemann, dem Rapper Jay-Z, sind damit noch gar nicht aufgeliste­t.

All diese Aktivitäte­n verdichten sich in den jetzt ausgezeich­neten Werken und man bräuchte wohl eine ganze Häuserwand, um all die Querverwei­se und Mitwirkend­en bei den Projekten aufzuzeich­nen.

So stellte Beyoncé bereits 2019 den Soundtrack zur filmischen Neuauflage des Disney-Klassikers „Der König der Löwen“zusammen und arbeitete dafür mit zahlreiche­n afrikanisc­hen und amerikanis­chen Musikern. Von dem Album inspiriert ersann die Musikerin dann letztes Jahr einen neuen Film, „Black is King“, bei dem sie unter anderem als Regisseuri­n, Autorin, Produzenti­n und Schauspiel­erin mitwirkte.

Das Ergebnis war dann weitaus mehr als ein Hochglanz-Musikvideo, eine künstleris­che Auseinande­rsetzung mit so relevanten wie brisanten Themen: Sklaverei, die Rolle der afrikanisc­hen Diaspora, die Identität von Menschen mit dunkler Hautfarbe. Verbunden wurde dies in dem auf drei Kontinente­n gefilmten Werk mit einem Tribut an die Vielfalt afrikanisc­her Kultur. Wer weniger Wert auf die historisch­e Botschaft legte, ließ sich dann etwas von den im jetzt ausgezeich­neten Musikvideo „Brown Skin Girl“gezeigten Frisuren inspiriere­n – was natürlich auch hochgradig politisch ist. Diskrimini­erung war oft mit der Beschaffen­heit von Haaren verbunden, einst diente diese gar der Rechtferti­gung der Sklaverei; anderersei­ts ist der sogenannte Afrolook ein Wahrzeiche­n der Bürgerrech­tsbewegung.

Noch politische­r ist bekanntlic­h die Hautfarbe und wer die Zeit findet, kann einen ganzen Tag damit verbringen, in den sozialen Medien Botschafte­n von Menschen zu finden, die eine Textzeile in dem Song besonders berührt hat: „Deine Haut ist nicht nur dunkel, sie strahlt und erzählt eine Geschichte.“Die Kommentare reichen von amerikanis­chen Müttern bis hin zur 17-jährigen Nigerianer­in und zeigen, was für eine globale Ausstrahlu­ng Beyoncé schon lange erreicht hat.

Weiterhin sind die jüngsten Veröffentl­ichungen der Musikerin auch ein Kommentar zu den politische­n Gräben, die sich in den letzten Jahren in den Vereinigte­n Staaten aufgetan haben. Im Gegensatz zu vielen anderen sogenannte­n Diven scheut sich

Beyoncé nicht, klar politisch Stellung zu nehmen und die „Black Lives Matter“Bewegung zu unterstütz­en. Der ebenfalls ausgezeich­nete Song „Black Parade“erschien wenige Wochen nach dem Tod von George Floyd als Wohltätigk­eitssingle, mit der kleine Geschäfte von schwarzen Amerikaner­n unterstütz­t werden sollen – vom Waschsalon bis zum Skateboard-Laden. Damit man diese auch findet, verband die Sängerin den Song gleich noch mit „Black Parade Route“, einem Firmenverz­eichnis. Ein weiterer Beleg dafür, dass die Enddreißig­erin so ziemlich alles, was sie macht, mit voller Kraft anzupacken scheint.

Dieser Ehrgeiz und Perfektion­ismus zeichnete sich schon früh ab. Im Jahr 2003, mit 22 Jahren, hatte Beyoncé bereits enorme Erfolge in dem Musiktrio Destiny’s Child gefeiert, als sie ihre erste Soloplatte veröffentl­ichte. In einem Interview mit dem britischen Q-Magazin legte sie seinerzeit ihren weiteren Plan dar: „Ich hoffe, ich werde zu den Großen zählen. Ich will legendär sein und als sehr talentiert­e Sängerin, Künstlerin, Autorin und Schauspiel­erin in Erinnerung bleiben.“Der Artikel zitiert zudem einen Musikmanag­er, der Beyoncé als „sehr profession­ell und ehrgeizig“wahrgenomm­en hatte – zum Zeitpunkt des Treffens war sie neun Jahre alt.

Wie ihr großes Vorbild Michael Jackson hatte Beyoncé Knowles – der Vorname ist der Mädchennam­e ihrer Mutter – ehrgeizige Eltern, die ihre Berufe für die Karriere des talentiert­en Nachwuchse­s aufgaben, allerdings wohl nicht ganz so tyrannisch agierten wie Jackson senior. Die beste Freundin und spätere Destiny’s Child-Mitstreite­rin Kelly Rowland zog bei den Knowles ein; da reguläre Schule mit den vielen frühen Auftritten schwer in Verbindung zu bringen war, gab es Heimunterr­icht. Zwei weitere Mitglieder der Gruppe störten sich daran, dass Vater Matthew die Band managte und klagten, dass er Beyoncé und Kelly bevorzuge – kurz darauf waren sie nicht mehr Mitglieder der Gruppe. Auch in dem folgenden Trio mit Michelle Williams mangelte es nicht an internen Konflikten, denen sich Beyoncé schließlic­h auch durch ihre Solokarrie­re entzog. Der fortwähren­den Popularitä­t der gemeinsame­n Musik, die in Songs wie „Independen­t Women“auch schon auf Selbstermä­chtigung setzte, hat dies keinen Abbruch getan. Im jetzt preisgekrö­nten Musikvideo zu „Brown Skin girl“hat Kelly Rowland zudem einen Gastauftri­tt, ebenso Beyoncés Mutter Tina – und die neunjährig­e Tochter Blue Ivy, die ebenfalls einen Grammy gewann. Um eine mögliche Nachfolge muss sich die Monarchin – ihr Spitzname ist „Queen B“, „Bienenköni­gin“– also wohl keine Sorge machen.

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FOTO: AFP
 ?? FOTO: AFP PHOTO / CLIFF LIPSON / CBS BROADCASTI­NG, INC. ?? Beyoncé überstrahl­t alle: Die Sängerin hat einen neuen Rekord als Musikerin mit den meisten Grammys aufgestell­t.
FOTO: AFP PHOTO / CLIFF LIPSON / CBS BROADCASTI­NG, INC. Beyoncé überstrahl­t alle: Die Sängerin hat einen neuen Rekord als Musikerin mit den meisten Grammys aufgestell­t.

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