Hilfe von oben ...
Bundesregierung bessert bei finanziellen Hilfen nach – Wirte bemängeln fehlende Öffnungsperspektive
... gibt es nun auch für Brauereigaststätten wie das legendäre Hofbräuhaus am Platzl in der Münchner Innenstadt. Dort, wo dieser Tage sogar der berühmte Aloisius maskiert ist (Foto: Michael Westermann/ imago images). Tatsächlich ist es einer Initiative des Freistaats Bayern zu verdanken, dass der Bund den Zugang zu den Corona-Hilfen für Unternehmen mit angeschlossener Gaststätte nun verbessert und vereinfacht hat. Künftig ist der sogenannte Gaststättenanteil einer Brauerei unabhängig von den sonstigen Umsätzen bei den Novemberund Dezemberhilfen antragsberechtigt. Betroffen sind hiervon übrigens nicht nur Brauereigaststätten, sondern auch die Vinotheken auf Weingütern. Die am Mittwoch vom Bundeswirtschaftsministerium vorgestellte Neuregelung gilt nämlich bundesweit.
BERLIN/MÜNCHEN/RAVENSBURG Nach scharfer Kritik der Bierbranche bekommen nun auch Brauereigasthöfe Corona-Hilfen. Darauf hat sich die Bundesregierung in Abstimmung mit dem Freistaat Bayern verständigt, wie das Bundeswirtschaftsministerium am Mittwoch in Berlin mitteilte. Für Unternehmen mit angeschlossener Gaststätte werde der Zugang zu den November- und Dezemberhilfen verbessert und vereinfacht.
Das Thema betrifft die Problematik der verbundenen Unternehmen – also den Umstand, dass Betriebe, die neben Gastronomie noch andere, nicht von Hilfsprogrammen abgedeckte Betriebsteile haben wie beispielsweise eine Brauerei, mit denen sie rechtlich verbunden sind, bislang durchs Raster der gastgewerbespezifischen Corona-Hilfen gefallen sind. Künftig ist der Gaststättenanteil einer Brauerei unabhängig von den sonstigen Umsätzen antragsberechtigt. Das betrifft nicht nur Brauereigaststätten, sondern auch die Vinotheken auf Weingütern und Straußwirtschaften – die Regelung gilt also bundesweit. Vor allem die Bierbranche hatte zuvor bemängelt, dass Brauereigasthöfe bislang fast alle leer ausgingen.
„Die Brauereigaststätten stehen für unser Lebensgefühl und prägen Bayerns Kulturlandschaft“, sagte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU). Der jetzt erleichterte Zugang zur November- und Dezemberhilfe werde ihnen helfen, die schwere Belastung durch die Corona-Pandemie zu lindern. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) nannte die Verständigung ein „wichtiges Signal“. Baden-Württembergs Wirtschaftsministerium lobte die Ankündigung auf Twitter als „Gute Nachrichten!“.
Aus der Branche selbst kamen am Mittwoch verhaltene Töne. „Die Entscheidung ist wichtig und richtig“, sagte Elmar Bentele, Geschäftsführer der Brauerei Farny aus Kißlegg (Landkreis Ravensburg) im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“. Doch Details wie die Höhe der Hilfen und die Anspruchsvoraussetzungen
seien nach wie vor offen. Ob die allgemeine Regelung, für die Monate November und Dezember bis zu 75 Prozent des Umsatzes aus dem Vorjahreszeitraum zu erhalten, auch für Brauereigasthöfe gilt, sei nämlich nicht klar. „Ich gehe davon aus, dass es Besonderheiten gibt“, glaubt Bentele, der mit dem Hofgut Farny eine Brauereiwirtschaft samt 4-SterneHotel, Tagungsräumen, eigener Hofkapelle und Biergarten betreibt. Was die in Aussicht gestellten Hilfen wirtschaftlich ausmachen würden, wollte Bentele nicht verraten. Nur so viel: „Es wäre ein ganz ordentlicher Betrag der uns definitiv helfen würde, gesünder aus der Krise herauszukommen.“
Bevor Altmaiers Ministerium einlenkte, hatte es monatelangen Streit gegeben. „Es ist ein längst überfälliger Schritt“, erklärte Thomas Geppert, der Geschäftsführer des Hotelund Gaststättenverbands Dehoga Bayern. Ähnlich äußerte sich auch der Dehoga Baden-Württemberg.
„Auf dieses Problem haben wir auf Dehoga-Bundesebene frühzeitig und deutlich hingewiesen und Nachbesserungen erreicht. Wenn Brauereigaststätten nun verstärkt dringend benötigte Unterstützung bekommen, ist das eine gute Nachricht für die Branche insgesamt, denn Brauereigaststätten sind ein wichtiger Teil der gastronomischen Kultur und Vielfalt in Baden-Württemberg“, sagte Verbandssprecher Daniel Ohl. Auch der Bayerische Brauerbund hatte die Ungleichbehandlung gegenüber Bäckern, Konditoren oder Metzgern mit angeschlossener Bewirtung beklagt.
Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Brauer-Bundes, Holger Eichele, sprach von einem wichtigen Schritt, um das Überleben der traditionsreichen Brauereigaststätten zu sichern. „Wir sind dankbar, dass die Bundesregierung die Ungleichbehandlung beendet und Gaststätten von Brauereien mit dem übrigen Gastgewerbe gleichstellt. Damit haben die Gaststätten endlich wieder eine gewisse Perspektive.“
Die Brauwirtschaft sei durch die Corona-Krise hart getroffen, so Eichele. „Von Woche zu Woche stehen mehr Unternehmen vor der drohenden Insolvenz. Wir sind in engem Kontakt mit Bund und Ländern, um Lösungen auszuloten, wie der Branche geholfen werden kann.“Keine andere Branche sei so eng mit dem Gastgewerbe verbunden wie die 1500 Brauereien. „Der seit November andauernde Lockdown hat den Fassbiermarkt über Nacht zugrunde gerichtet. Die Abfüllanlagen stehen still, Mitarbeiter sind in Kurzarbeit oder freigestellt. Viele Brauereien stehen vor dem Aus und benötigen dringend Hilfe.“Nach Angaben des Brauer-Bundes sind von den derzeit rund 1500 deutschen Brauereien 640 aus Bayern. Baden-Württemberg zählt 210.
Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) ging nach Altmaiers Ankündigung gleich einen Schritt weiter: „Jetzt muss die schrittweise Öffnung der Gastronomie erfolgen, damit diese Traditionsbe triebe ihr Geld wieder am Markt verdienen können und nicht auf Dauer am Tropf des Steuerzahlers hängen müssen .“Eine Öffnung s perspektive für das Gastgewerbe hatten Bundeskanzler in Angela Merkel(C DU) und die Länder chefs auf der Ministerpräsidenten konferenz am 3. März beschlossen. Demnach soll die Außengastronomie frühestens ab dem 22. März wieder öffnen dürfen, wenn bestimmte Voraussetzungen wie Inzidenzwerte erfüllt sind.
Für Farny-Geschäftsführer Bentele ist das aber nur eine „theoretische Wiedereröffnung s perspektive“die noch dazu viele städtische Gaststätten ohne Außengastronomie gar nicht berücksichtigt. Wirtschaftlich sei das für die betroffenen Betriebe alles nicht, schon gar nicht bei den aktuellen Temperaturen, erklärte Bentele. Mit der Corona-Strategie der Regierungs parteien hart ins Gericht geht auch Ulrich Zimmermann, Chef der Berg Brauerei in Ehingen. Er kritisiert den Fokus auf Inzidenzwerte und forderte ine Öffnung s perspektive für die Innen gastronomie :„ Die Branche hat gute Hygienekonzepte entwickelt, um die An st eckungs gefahr zu reduzieren. Das muss honoriert werden .“
DenniFöll,Sprec herdes BadenWürttem bergischen Brauerbund es, begrüßte den Corona-Stufenplan zwar. Angesichts der dramatischen Absatzverluste brauche es aber mehr, um die vielen, ums Überleben kämpfenden Brauereien, zu retten. „Deshalb fordern wir, das Biersteuerrecht anzupassen “, sagteFölld er„ Schwäbischen Zeitung “. Konkret geht es dabei um die Wiederherstellung der alten Biersteuer mengen staffel, die aus Sicht vieler Brauereien gerade kleinen Betrieben helfen würde.
Das sieht auch Farny-Geschäftsführer Bentele so. „Wir brauchen ein ganz klares Statement, dass CoronaVerlierer wie die Brauereien über das Steuersystem entlastet werden“, fordert der Unternehmer und richtet einen eindringlichen Appell an die Politik: Passiere nicht bald etwas, laufe Deutschland Gefahr, dass die gesamte Gastronomie infrastruktur zusammenbreche.