Ein gepflegter Rasen ist nicht alles
Serienauftakt: Naturpädagogin Barbara Straub wirbt heute bei „Mein Garten“dafür, dass auch Giersch, Moos und Co. ihren Platz bekommen
KREIS TUTTLINGEN - Der Frühling ist da. Da zieht es die Menschen wieder raus in den Garten. Da wird geschnitten, gepflanzt und gedüngt. In diesem Jahr wahrscheinlich noch deutlich mehr, da die Corona-Pandemie wenig Raum für andere Aktivitäten lässt. Daher starten wir heute mit einer kleinen Serie zum Thema: Wie mache ich meinen Garten fit? Zum Auftakt dreht sich alles um das Thema Rasen.
Nach einem langen Winter sieht der Rasen im eigenen Garten zumeist etwas mitgenommen aus. Unkraut sprießt, Moos tummelt sich zwischen den Halmen und oft gibt es zahlreiche matschige Stellen.
Diesen Zustand könne man natürlich mit vertikutieren, kalken, ansäen und düngen beheben und „dann hoffen, dass es zwei Jahre hält“, sagt Barbara Straub, Vorstandsmitglied im Tuttlinger Obst- und Gartenbauverein. Doch sie wirbt für einen anderen Umgang mit der Natur. Denn: Durch diese Vorgehensweise wird zwar der Rasen vorzeigbar, doch es werden auch viele Klein- und Kleinstlebewesen vernichtet. „Wir müssen versuchen, ein Umdenken in diesem Punkt zu bekommen“, sagt Straub, die Fachwartin für Obst- und Gartenbau sowie Natur- und Streuobstpädagogin ist. Weg von diesem Gedanken „Es muss alles ordentlich aussehen“. Corona trage schon dazu bei, dass die Menschen die Natur näher betrachteten. „Die Menschen gehen notgedrungen raus, weil sie nichts anderes machen können.“
Ein Garten muss nicht geschleckt aussehen, aber auch nicht zugewuchert. „Wenn ich zwar gute Bedingungen für Tiere habe, aber dabei selbst ins Hintertreffen gerate, und mich in meinem Garten nicht wohlfühle, ist das auch nicht das Richtige.“Daher wirbt Straub für eine gute Mischung. „Es gibt viele schöne Gärten, die auch wirklich Gärten sind.“
So könne man an einer Stelle, wo man zum Beispiel eine Sitzgarnitur hat, einen gepflegten Rasen anlegen. An anderer Stelle aber Brennnessel, Giersch und Moos ihren Platz lassen. Denn auch sie haben ihre Vorteile. Giersch lasse sich wunderbar in den Speiseplan integrieren. „Giersch schneide ich zum Beispiel ganz klein und mischen ihn unter anderen Salat.“Auch als Kräutersuppe, Pesto oder in den Fleischküchlein „schmeckt er super“. Und ist obendrein sehr gesund. Denn Giersch enthält viele Vitamine und Mineralien, beispielsweise etwa 15 mal so viel Vitamin C wie Kopfsalat.
Aber natürlich muss der Giersch nicht überall im Garten wuchern. Doch wenn man ihn nicht haben will, „muss man ans Wühlen gehen“. Gleiches gilt für Löwenzahn. Diesen muss man samt Wurzel herausstechen, und die gehen gut und gerne mal einen Meter in die Tiefe. Doch nur so schone man die Umwelt rundherum, so Straub. Auch Moos kann sie etwas Positives abgewinnen. „Moos ist ein CO2- und Feinstaubschlucker.“Ein Quadratmeter Moos habe in etwa die gleiche Wirkung wie 40 Quadratmeter Blattoberfläche. Ebenfalls oft nicht im Bewusstsein
der Leute ist, dass Brennnesseln „voll mit Mineralstoffen sind. Das ist ein richtiges Eisentonikum“. Hinzu kommt: Für Schmetterlinge wie Admiral, Kleiner Fuchs und Tagpfauenauge sind Brennnesseln überlebenswichtig. Denn diese Tagfalter legen ihre Eier nur an der Brennnsessel ab, die auch das einzige Nahrungsmittel für die Raupen darstellt.