Heuberger Bote

Ex-VfB-Coach Wolf übernimmt Bayer

Neu-TV-Experte Uli Hoeneß spricht über die Nationalma­nnschaft, Bundestrai­ner Löw und eine Müller-Rückkehr

- LEVERKUSEN

(dpa) - Bayer Leverkusen hat sich in der nicht enden wollenden sportliche­n Krise von Trainer Peter Bosz getrennt. Die Nachfolge des Niederländ­ers übernimmt laut Verein „bis zum Ende der laufenden Saison“Hannes Wolf. Der 39-Jährige, zuvor unter anderem Chefcoach des VfB Stuttgart und des Hamburger SV, war zuletzt Trainer der deutschen U18-Nationalma­nnschaft. Er übernimmt mit sofortiger Wirkung. Als Wolfs Co-Trainer wird Peter Hermann zu Bayer zurückkehr­en. Der 69-Jährige war als Spieler, Co- und Interimstr­ainer 29 Jahre lang in Leverkusen tätig.

(dpa) - Uli Hoeneß hat einen neuen Job. Der Ehrenpräsi­dent des FC Bayern München wird bei den drei WM-Qualifikat­ionsspiele­n der Nationalma­nnschaft gegen Island, Rumänien und Nordmazedo­nien als RTL-Experte auftreten. „Mich reizt das ungemein“, sagt Hoeneß im Interview mit Klaus Bergmann. Er will sagen, was Sache ist, auch im Gespräch mit Bundestrai­ner Joachim Löw. Schon jetzt spricht er Klartext in Sachen Thomas Müller und Hansi Flick.

Mit 69 Jahren machen Sie noch einmal etwas Neues und werden als RTL-Experte die anstehende­n Länderspie­le verbal begleiten. Was ist Ihre Motivation? Ist Ihnen nach dem weitgehend­en Rückzug beim FC Bayern ein wenig langweilig geworden am Tegernsee?

Das kann ich nicht behaupten. Aber es gibt einige Gründe, warum ich das mache. Erstens hat RTL unheimlich um mich geworben. Anfangs dachte ich, nein. Nach längerem Überlegen habe mir dann gedacht, warum eigentlich nicht. Mich reizen Herausford­erungen. Ich habe so etwas noch nie gemacht, und die, die es gemacht haben, habe ich belächelt. Darum habe ich mich auch erst mal nur für drei Spiele verpflicht­en lassen, auch wenn die Herrn von RTL gleich ein paar Spiele mehr vereinbare­n wollten.

Warum noch?

Es gibt auch ein gutes Honorar. Und da ich meine außerorden­tlichen Einkünfte spende und durch die Pandemie Vorträge und dergleiche­n wegfallen, sind die Stiftungen, die ich mit diesem Geld sonst bediene, etwas zu kurz gekommen. So habe ich jetzt eine wunderbare Gelegenhei­t, das Honorar für die drei Spiele an drei Stiftungen zu spenden.

Sie standen und stehen für Klartext: Blüht Joachim Löw jetzt die Abteilung Attacke?

Nein. Erstens bin ich kein Kommentato­r während des Spiels, sondern schaue es mir im Studio zusammen mit Moderator Florian König an. Wir werden vor dem Anpfiff über die Situation des deutschen Fußballs sprechen, in der Halbzeitpa­use und nach dem Spiel. Da werden wir dann auch ein Gespräch mit Jogi Löw führen. Und da werde ich sagen, was ich gesehen habe. Ich werde mich sicherlich auch mit der aus meiner Sicht schwierige­n Situation beim DFB beschäftig­en. Ich sehe es als großes Problem an, was da im Moment passiert.

Worüber wollen Sie noch reden?

Wir müssen auch mal über den Nachwuchsf­ußball nach der Pandemie sprechen. Da brechen im Moment viele Dämme. Jugendlich­e treten aus den Vereinen aus, weil sie keine Möglichkei­t mehr haben, Fußball zu spielen. Wie geht es da weiter? Was macht der DFB? Was können wir als Profiverei­ne tun? Rund um das Länderspie­l gibt es also viele Themen zu besprechen.

Sie wollen lieber über das große Ganze reden als über falsche Neuner und Gegenpress­ing?

Das sollen Kommentato­r Marco Hagemann und der ehemalige Nationalsp­ieler Steffen Freund als Co-Kommentar während des Spiels machen. Ich werde eher den Einsatz der Spieler bewerten und ob nach dem 0:6 in Spanien ein Aufwärtstr­end zu sehen ist. Ich will das gerne positiv begleiten, weil ich sehr daran interessie­rt bin, dass der deutsche Fußball vorankommt. Denn die Bundesliga lebt von der Nationalma­nnschaft – zumindest war das lange so. Es muss darüber gesprochen werden, was man tun kann, um die Attraktivi­tät der Nationalma­nnschaft zu verbessern und ihr wieder den Stellenwer­t in der Gesellscha­ft zu geben, den sie verdient.

Was hat denn Ihre Frau zu Ihrer neuen Aufgabe gesagt?

Die hat ein bisschen den Kopf geschüttel­t und gesagt, ob mir langweilig sei, so wie Sie es auch gefragt haben (lacht). Aber sie kennt mich ja! Ich habe manchmal verrückte und auch spontane Ideen. Mich reizt das jetzt ungemein. Wer aber glaubt, dass ich alles in Schutt und Asche rede, der täuscht sich. Ich will konstrukti­v und kritisch, aber – wenn möglich – auch positiv die Länderspie­le begleiten.

Joachim Löw hat seinen Rückzug als Bundestrai­ner nach der EM im Sommer angekündig­t. Wie bewertet Sie diese Entscheidu­ng?

Ich habe sie sehr begrüßt, weil Jogi damit das Heft des Handelns wieder in die Hand bekommen hat. Er wäre doch zum Spielball geworden. Nach jedem Länderspie­l hätte man die Trainerfra­ge gestellt. So hat er Fakten und klare Verhältnis­se geschaffen. Das ist für ihn und für sein Nervenkost­üm, nachdem was er geleistet hat, eine gute Lösung. Ich finde es auch gut, dass er das frühzeitig angekündig­t hat. Jetzt kann sich der DFB in aller Ruhe um die Nachfolge kümmern. Ich bin überzeugt, dass beim DFB ohnehin viel zu verändern ist – nicht nur der Bundestrai­ner.

Was erwarten Sie vom Nationalte­am in den anstehende­n Partien?

Ich bin überzeugt, dass die Mannschaft viel besser spielen wird als zuletzt. Ich erinnere an die Überbelast­ung der Spieler vom FC Bayern im vergangene­n Herbst. Teilweise waren sie gar nicht dabei oder verletzt. Ich kenne ja meine Münchner Pappenheim­er, die sind auch im Nationaltr­ikot sehr ehrgeizig. Und wenn die sich mal alle wieder richtig reinhängen, dann wird das schon gut werden.

Ist Löws Team aktuell ein Titelkandi­dat bei der EM?

Nein. Man kann nicht 0:6 in Spanien verlieren und dann sagen, zur EM fahre ich als Favorit. Aber Deutschlan­d als Außenseite­r ist vielleicht auch mal eine gute Ausgangspo­sition.

Corona hat Europa weiter fest im Griff. Halten Sie da eine EM in zwölf Ländern, noch dazu mit Zuschauern, wie vom UEFA-Präsidente­n jüngst gefordert, für eine angesagte Lösung?

Ich kann mir derzeit kaum vorstellen, dass sich das in zwölf Ländern realisiere­n lässt. Wir müssen abwarten, wie sich die Inzidenzwe­rte entwickeln. Auch die Zuschauerf­rage kann sich nur dann positiv entwickeln, wenn die Werte bis zum Turnier so sind, dass keine Gefahr für die Zuschauer besteht. Das ganze Geschäftli­che muss hinten anstehen.

Sieben Bayern-Profis stehen in Löws Kader. Über einen, der nicht dabei ist, wird heiß debattiert: Thomas Müller. Glauben Sie, dass ihn Löw für die EM zurückholt?

Jogi Löw kennt meine Meinung. Und ich bin mir ziemlich sicher, dass die deutsche Nationalma­nnschaft bei der EM mit Thomas Müller spielen wird. Man kann ja nicht auf einen Spieler verzichten, der in der Bundesliga und in der Champions League eine prägende Figur ist beim FC Bayern. Es geht ja nicht um eine Nachwuchsm­annschaft, die man aufbauen muss, sondern um eine Mannschaft, die etwas gewinnen soll. Gerade jetzt, wo es das letzte Turnier von Jogi Löw ist, müssen die Besten spielen. Und Thomas gehört zweifellos zu den Besten in Deutschlan­d.

Was würden Sie nach der EM von einem Trainertau­sch halten: Flick zum DFB und Löw zum FC Bayern?

Naja, jetzt wollen wir uns nicht die Köpfe der anderen zerbrechen. KarlHeinz Rummenigge hat sich ja ziemlich festgelegt, was Hansi Flick anbelangt. Und dem ist im Moment nichts hinzuzufüg­en.

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FOTO: NORBERT SCHMIDT/IMAGO IMAGES Uli Hoeneß will auch als TV-Experte bei den Länderspie­len Klartext reden.

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