Trossinger Stadtverband übt heftige Kritik an Landesund Bundes-CDU
In einem offenen Brief zeigen sich die Trossinger verärgert, dass politische Grundsätze und Überzeugungen keine Rolle mehr spielen würden
(ls/pm) - Die Wahlpleite der CDU bei den Landtagswahlen sorgt weiterhin für Nachwehen. Während auf Landesebene die Grünen noch vor Ostern entscheiden wollen, ob sie sich erneut mit den Christdemokraten als Partner für die Koalitionsverhandlungen an den Tisch setzen wollen, meldet sich der Trossinger CDU-Stadtverband mit heftiger Kritik zu Wort.
In einem offenen Brief sorgen sich Stadtrat Jürgen Vosseler, Ratskollege und Fraktionssprecher Clemens Henn und Stadtverbandsvorsitzender Werner Hauser, dass die Partei „zu einer Unterorganisation der Grünen mutiert“und fordern eine vollständige Erneuerung der CDU.
„Neue Ideen für eine neue Zeit das war das Motto der CDU zur Landtagswahl 2021. Gelandet ist sie in einem finsteren Tal. Die Stimmung an der Basis nach diesem historischen Absturz auf 24 Prozent ist düster. Nun bangt die Partei um die Fortsetzung der grün-schwarzen Koalition. Baden-Württemberg-Partei? Das war einmal“, schreiben die Trossinger. „Der Niedergang unserer einstmals stolzen Volkspartei setzte ein unter Kurzzeit-Ministerpräsident Mappus, der mit seinem bulligbrutalen Politikstil aus der Zeit gefallen schien.“Solide Regierungsmehrheiten hätten sich in Rekord-Niederlagen verwandelt. „Und in den vergangenen zehn Jahren unter dem Vorsitz von Thomas Strobl hat die CDU verlernt, ,dem Volk aufs Maul zu schauen’“. Zwar würden die vielen CDU-Kommunalpolitiker vor Ort in den Gemeinderäten durchaus die wahren Sorgen der Menschen im Land kennen und hören. In Stuttgart würden die Ehrenamtlichen aber nicht gehört oder einfach ignoriert. Allenfalls kurz vor Wahlen erinnere man sich daran.
„Und jetzt wird sondiert! Natürlich, Strobl kehrt die Scherben zusammen und will unbedingt Minister bleiben, dabei gelang ihm nicht einmal der Einzug in den Landtag“, schreibt die Trossinger CDU. „Es ist zu befürchten, dass sich die CDU jetzt bis zur Unkenntlichkeit verbiegt und zu einer Unterorganisation der Grünen mutiert. Politische Grundsätze und Überzeugungen spielen keine Rolle mehr. Dabei wäre es gerade jetzt dringend notwendig, dass der neue CDU-Bundesvorsitzende Laschet einmal deutlich machen würde, was die CDU von den anderen politischen Parteien unterscheidet. In der Wirtschafts-, Ausländer-, Familien- und Innenpolitik. Was für ein Staatsverständnis hat denn die CDU ? Und was kommt von Strobl und Laschet? Wenig bis gar nichts.“
Die CDU Baden-Württemberg habe es im vergangenen Jahrzehnt versäumt, neue Gesichter an der Spitze hervorzubringen, glaubwürdige „Typen“, die für die gesamte Gesellschaft stehen. Ein klarer, harter Schnitt sei notwendig. „Es ist höchste Zeit, dass sich die CDU komplett erneuert, junge Gesichter, mehr Frauen, eine klare Positionierung in der Mitte der Gesellschaft in Freiheit, Eigenverantwortung und Gemeinsinn“, heißt es im offenen Brief. Und weiter: „Und vielleicht müssen auch wieder die harten Bänke der Opposition gedrückt werden. Sollte eine Erneuerung ausbleiben und ein ,Weiter so’ folgen, ggf. auch als Juniorpartner der Grünen, wird die Selbstverzwergung der Union weitergehen, das Beispiel der SPD zeigt, wohin die Reise gehen kann.“
Die Trossinger betonen: „Wir als CDU-Stadtverband Trossingen wollen uns nicht vorwerfen lassen, dass wir in dieser außerordentlich bedrückenden Situation geschwiegen haben. Wir wollen glaubwürdig bleiben!“