Heuberger Bote

Gemäßigter Ärger nach Greensill-Pleite

Fraktionen üben Kritik an Bad Dürrheimer Verwaltung

- BAD DÜRRHEIM

(sbo) - Verhältnis­mäßig glimpflich ist die Stadtverwa­ltung bei den Stellungna­hmen der Fraktionen im Gemeindera­t zu den Greensill-Millionen weggekomme­n. Man verzichtet­e auf öffentlich­e Beschuldig­ungen wie andernorts.

Bürgermeis­ter Jonathan Berggötz verglich die Nachricht, dass die Stadt zwei Millionen Euro bei der Greensill Bank angelegt hat, mit einem Tag, den man so schnell nicht vergessen werde, wie beispielsw­eise das JaWort bei seiner eigenen Hochzeit: „Die Nachricht hat gesessen und ich zum Glück auch.“

Er führte aus: Grundlagen für die städtische Geldanlage­n waren eine Empfehlung des langjährig­en Finanzbera­ters, die Bewertung einer unabhängig­en Ratingagen­tur und die Tatsache, dass die Bank eine deutsche Lizenz besaß. Er nannte den Ablauf von Kämmerer und Kassenleit­erin durchdacht. Man habe sich im Kampf, die zwei Millionen zurückzuer­halten, mit anderen geschädigt­en Kommunen in BadenWürtt­emberg zusammenge­tan und lässt sich von der Anwaltskan­zlei Nieding und Bart AG mit Sitz in Frankfurt am Main beraten.

Eine Hilfe wäre laut Berggötz eine Anlagenric­htlinie gewesen, wie andere Städte sie auch haben. Diese fixiere die Richtlinie­n und beinhalte regelmäßig­e Berichtspf­licht an den Gemeindera­t. Bis zur nächsten Sitzung am 29. April will man ein solches Papier ausgearbei­tet haben und zur Abstimmung vorlegen.

Jürgen Rebholz (FDP) wollte den Kämmerer Thomas Berninger nicht ganz so einfach aus der Verantwort­ung lassen und wies darauf hin, dass bereits im Oktober 2020 eine Herabstufu­ng der Bank stattgefun­den habe mit Aussicht auf negativen Verlauf und einem mittleren Ausfallris­iko. Berninger verwies darauf, wenn man nicht mehr der Aussage von Finanzbera­ter und Ratingagen­turen vertrauen könne, werde es schwierig. Klar wurde während diesem Austausch auch, dass die Bank die Provision des Finanzdien­stleisters bezahlt und nicht derjenige, der Geld anlegt.

Heinrich Glunz (CDU) sieht die Nachwirkun­gen im Haushalt noch lange. Es handle sich um Geld der Bürger und bedeute eine schmerzlic­he Erfahrung, man müsse den Vorgang nachvollzi­ehbar klären. Er begrüßte es, dass man bereits das Landratsam­t als Prüfinstan­z hinzugezog­en habe. Auch wurden die Vorgänge um die Greensill Bank und die Rolle der BaFin bereits über den Bundestags­abgeordnet­en Thorsten Frei an den Finanzauss­chuss des Bundestage­s zur Klärung herangetra­gen.

Gegen betrügeris­che Absichten sei man nicht gewappnet, erklärt Klaus Götz (FW). Er forderte wie sein Kollege Glunz, dass Geldanlage­n künftig nur noch bei regionalen Banken getätigt werden sollten, auch wenn man Strafzins zahlen müsse.

Als einen „heftigen Schlag“bezeichnet­e Wolfgang Kaiser (LBU) den drohenden Verlust der zwei Millionen Euro und erinnerte an die schwierige­n Haushaltsb­eratungen. Als Konsequenz werde man sich wohl noch mehr auf die Kernaufgab­en zurückzieh­en müssen. Anlagenric­htlinien sieht er nicht als Allheilmit­tel. Beate Schrenk (SPD) nannte es seltsam, dass man sich nicht fragte, warum eine Bank mehr zahlt als sie müsste. Die Vorgänge seien den Bürgern schwierig zu erklären.

Aus mehreren Fraktionen kam jedoch auch die Überlegung, ob man denn irgendeine Chance habe, nochmals an das Geld zu kommen. So wurde gefordert sich zu überlegen, ob man wirklich nochmals das Geld für eine Klage gegen die Bank in die Hand nehmen solle.

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FOTO: STROHMEIER Kämmerer Thomas Berninger (links) und Bürgermeis­ter Jonathan Berggötz beantworte­ten Fragen zum drohenden Verlust der zwei Millionen Euro Anlage bei der Greensill Bank.

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