Fürs Sensen lohnt sich das Frühaustehen
Dürbheimer Siegbert Ragg gibt Gartenbesitzern nützliche Tipps.
DÜRBHEIM - Blitzschnell zieht Siegbert Ragg die Sense über das Gras in seinem Garten in Dürbheim. Wusch, wusch, wusch, geht es hin und her, das ohnehin schon streichholzkurze Gras wird noch kürzer. Um so akkurat mit der Sense mähen zu können, gehört viel Übung. Und die hat Siegbert Ragg. Sein Vater hatte in Dürbheim Landwirtschaft, von klein auf lernte der heute 60-Jährige den Umgang mit der Sense. Seit er 18 ist nimmt er regelmäßig an Mähwettbewerben teil, zunächst in Dürbheim, später in Irndorf. Dem Bankkaufmann ist es wichtig, „eine alte Tradition aufrecht zu erhalten.“
Dazu gehören nicht nur die Wettbewerbe, sondern auch die Weitergabe seines Wissens an die beiden Söhne und die ganz alltägliche Verwendung der Sense als Gartenwerkzeug. Denn sie hat schon mal einen entscheidenden Vorteil gegenüber einem motorisierten Rasenmäher: „Ich kann am Sonntagmorgen Gras mähen, das stört niemanden“, meint Ragg und schmunzelt. Außerdem ist hohem Gras mit einer Sense deutlich einfacher beizukommen. „Wenn jemand beispielsweise eine Blumenwiese hat, die bis in den Spätsommer wächst, lässt sie sich leichter mit einer Sense mähen, mit einem Rasenmäher kommt man nicht mehr durch.“
Die Familie Ragg hat in ihrem Garten selbst einen solchen Bereich. „Wir lassen immer ein Stück wachsen, wegen der Bienen und als Heu für unsere Hasen“, erklärt Maria Ragg. Siegbert Ragg rät Anfängern Mähkurse zu besuchen, um die richtige Technik zu erlernen. Grundsätzlich gelte es das Schneideblatt flach über den Boden zu führen. Nasses Gras lasse sich leichter schneiden als trockenes, weshalb Landwirte früher noch vor Tagesanbruch losgezogen seien, um im Morgentau ihre Wiesen zu mähen. Die Verletzungsgefahr hält Ragg für gering, mahnt aber zur Vorsicht, wenn es darum geht das Schneideblatt zu schärfen, also zu dengeln.
Das Dengeln ist fürs Sensen essentiell und regelmäßig nötig, damit die Sense weiterhin schneidet. Dabei glättet und schärft Ragg das Blatt der Sense, indem er es mit einem speziellen Hammer auf einem kleinen Amboss bearbeitetet. Er zitiert ein altes Sprichwort: „Wer beim Dengeln schläft, erwacht beim Mähen.“Die Technik habe er von seinem Vater gelernt. „Das können aber nicht mehr viele“, sagt Ragg, dem verschiedene Gartenbesitzer ihre Sensen immer wieder zum Schärfen vorbeibringen. Zwar gebe es auch ein
Gerät zum Dengeln, aber laut Ragg kommt das nicht gegen das Dengeln von Hand an.
Wer im eigenen Garten die Sense schwingen möchte, aber keine zuhause hat, wird im Gartencenter fündig. „Ein 70 bis 75 Zentimeter langes Schneideblatt reicht für Laien“, sagt Ragg. Es gibt Griffe aus Metall und aus Holz. „Metall ist stabiler aber auch schwerer.“Ragg selbst nutzt einen Holzgriff. Seine Sense ist über 40 Jahre alt, mit ihr erkämpfte er sich seine ersten Siege. Damals fanden noch in Dürbheim Mähwettbewerbe statt.
Mit 18 Jahren habe er den Ehrgeiz entwickelt, dass der Pokal nicht mehr rausgeht, sondern in Dürbheim bleibt. Zwar konnte er bereits sensen, trainieren musste er trotzdem. In seinem Überschwang mähte er vor seinem ersten Wettbewerb eine ganze Wiese ab, so erinnert sich Ragg. Am Tag des Wettbewerbs hatte er dann keine Kraft mehr, der Sieg blieb aus. Doch der Pokal, den er auf den Esszimmertisch stellt beweist: Nur wenig später ist es ihm gelungen, den Pokal nach Dürbheim zu holen. Gleich dreimal hintereinander, 1984, 1985 und 1986, belegte er den ersten Platz.
Weitere Infos rund um die Sense und zu Mähkursen (coronabedingt momentan eingeschränkt) gibt es beim baden-württembergischen Sensenmähverein: www.sensenmaehverein-bw.de oder beim Sensenverein Deutschland www.sensenverein.de