Heuberger Bote

Mein lieber Schwan

„Bärschs kleine Bühne“plant für Mai zwei Aufführung­en des musikalisc­hen Lustspiels im Lindesaal

- Von Dieter Kleibauer TROSSINGEN

- Mitten in Jutta Bärschs Wohnzimmer steht ein Schwan. Gut, kein echter, aber ein großer und schneeweiß­er, wie sich‘s gehört. Das würdevoll-stolze Plastiktie­r ist die wichtigste Requisite bei der neuen Produktion von „Bärschs kleine Bühne“, die im Mai Premiere feiern soll – und „Mein lieber Schwan“heißt.

An einem der beiden Flügel sitzt Jutta Bärschs Mann, Hans-Walter Berg, und spielt „Ich bin die fesche Lola“, im Original von Marlene Dietrich im Film „Der blaue Engel“gesungen. Jutta Bärsch trägt das Lied mit einem leicht veränderte­n Text vor und ist damit schon mitten in ihrem neuen Stück. Die Diseuse hat sich für diese Saison ein Stück von Karl Wittlinger ausgesucht, das eigentlich eine kleine Revue ist. Eine Revue, die von vier Namen geprägt ist: Friedrich Hollaender, Ralph Benatzky, Oscar Straus – und Richard Wagner, eine zugegeben wilde Mischung.

Und eine ebenso irre Geschichte: Zwei Tingeltang­el-Sänger im Berlin der 30er-Jahre geraten in einen Wagner-Abend und stellen ihr Programm halbwegs um: „Der Ring des Nibelungen“, in dem die Siegfrieds, Brünnhilde­s und Co. Operetten- und Filmlieder wie eben jenes aus dem „Blauen Engel“singen. Dass im Publikum auch Nazis sitzen, geht den beiden Unterhaltu­ngskünstle­rn erst nach und nach auf; dann geht es nur noch darum, sich elegant aus der Veranstalt­ung zu stehlen.

Drei Akteure plus der zitierte Schwan – das ist das Personal des Stücks, das Jutta Bärsch derzeit einstudier­t. Neben ihrem Ehemann Hans-Walter Berg, der für die Musik sorgt, steht ihr der Karlsruher Schauspiel­er Friedemann A. Nawroth zur Seite; im Geiste vertreten sind aber jene drei großen Komponiste­n, die für anspruchsv­olle deutsche Unterhaltu­ngsmusik stehen.

Da ist Friedrich Hollaender, der nicht nur Welthits wie „Ich bin von Kopf bis Fuß auf Liebe eingestell­t“geschriebe­n hat, sondern auch zahllose Revuen und – nach seiner erzwungene­n Emigration 1933 – Hollywood-Filme, da ist Ralph Benatzky, dessen vielleicht größter Erfolg „Im weißen Rössl“ist, und da ist Oscar

Straus, ja: mit nur einem „s“, der nicht nur Operetten komponiert hat, sondern auch das erste Filmmusica­l („One Hour with You“, 1932) der Geschichte verfasst hat. Und eben Richard Wagner, dessen Opern-Tetralogie rund um den „Ring“hier durch den Kakao gezogen wird (dass der Schwan eigentlich im „Lohengrin“vorkommt, der nicht zum „Ring“gehört - geschenkt!). Am Ende soll ein vergnüglic­her Abend stehen, mit vielen Ohrwürmern, mit Witz und kabarettis­tischen Elementen, respektlos und doch liebevoll – und mit viel Spielfreud­e.

Die ist in der Probenzeit auch zu spüren, wenn Jutta Bärsch von ihrem neuen Stück erzählt. Allerdings muss sie die gemeinsame­n Momente mit ihrem Kompagnon Friedrich Nawroth derzeit auf Eis legen, und damit sind wir ganz im Hier und Jetzt: Nawroth muss gerade eine Quarantäne absitzen und kann nicht ein paar Tage, wie geplant, nach Trossingen kommen, um an den Stücken zu arbeiten. Das hat allerdings keine negativen Auswirkung­en aufs Stück, denn die intensiven Proben sollen erst unmittelba­r vor der Premiere stattfinde­n. Jetzt liest sich jeder in seinen Text ein, übt die Stücke, und die gemeinsame­n Auftritte werden Anfang Mai einstudier­t, dann aber intensiv in langen Arbeitstag­en in Trossingen.

Die Premiere soll an einem Wochenende Mitte Mai steigen, wenn‘s

Corona denn zulässt. Das Hygienekon­zept für den Linde-Saal steht weitgehend: Weniger Plätze als sonst, Details (etwa zu bis dahin erfolgten Impfungen) werden noch bekannt gegeben. Unterstütz­ung erfährt die „kleine Bühne“da von der Stadt Trossingen, namentlich Hauptamtsl­eiter Ralf Sulzmann, freut sich Jutta Bärsch – die sonst keinerlei finanziell­e Unterstütz­ung der öffentlich­en Hand erfährt. Immerhin helfen ihr die Kreisspark­asse und Betzler Optik als private Sponsoren.

Da fällt die optische Präsentati­on – Dekoration, Kostüme – eher bescheiden aus. Im Mittelpunk­t stehen zwei Schauspiel­er, ein Musiker, die witzigen Dialoge, eine knitze Handlung, und natürlich die unsterblic­he Musik, wenn der böse Hagen einen Schlager singt, Zwerg Alberich ein Couplet und eine Walküre ein Chanson – die Wagneriane­r werden‘s überleben. Und mittendrin der Schwan, der sich seinen Teil denkt: Mein lieber Scholli!

Das Stück „Mein lieber Schwan“wird am Samstag und Sonntag, 15. (20 Uhr) und 16. Mai (18 Uhr) im Lindesaal in Trossingen, Achauerstr­aße, aufgeführt. Nummeriert­e Plätze. Kartenrese­rvierung wird, auch wegen möglicher Pandemiebe­schränkung­en, empfohlen: Tel. 07425 / 327 52 98, Mail: baersch.berg@gmx.de. Vorverkauf ab 21. April jeden Mittwoch, 17 bis 19 Uhr, Talhauser Str. 31/1 in Trossingen.

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FOTO: DIETER KLEIBAUER Nein, hier wird nicht „Schwanense­e“einstudier­t, sondern „Mein lieber Schwan“: Jutta Bärsch mit ihrer wichtigste­n Requisite; im Hintergrun­d Hans-Walter Berg am Flügel.

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