Heuberger Bote

Landrätin mit Chance auf mehr

CDU-Landrätin Stefanie Bürkle gilt als Kandidatin für ein Ministeram­t

- Von Michael Hescheler und Kara Ballarin

SIGMARINGE­N (sz) - Ab Dienstag wird es ernst für Grüne und CDU in Baden-Württember­g. Dann beginnen die Koaltionsv­erhandlung­en zwischen den beiden Parteien in Stuttgart. Eine wichtige Rolle spielt dabei Stefanie Bürkle (CDU), Landrätin aus Sigmaringe­n und enge Vertraute von CDU-Landeschef Thomas Strobl. Viele Beobachter gehen davon aus, dass die 51-Jährige ein Ministeriu­m bekommen könnte – wenn sie denn will. Wie zufrieden man mit der Kommunalpo­litikerin in Sigmaringe­n derzeit ist und welche Position sie künftig bekleiden könnte, lesen Sie auf

SIGMARINGE­N - Geht sie, oder bleibt sie? Wenn die Sigmaringe­r Landrätin Stefanie Bürkle (CDU) wollte, wäre für sie in der künftigen Landesregi­erung wohl ein Chefsessel in einem Ministeriu­m reserviert. Das war auch vor fünf Jahren so. Fraglich ist, ob sie diesmal springt.

Nach zweieinhal­b Wochen Sondierung­sgespräche­n stand es fest: Die Grünen wollen weiter mit der CDU Baden-Württember­g regieren. Am Karsamstag traten die Delegation­en der alten und wohl auch neuen Regierungs­partner im Stuttgarte­r Haus der Architekte­n mit dieser Botschaft vor die Kameras. Als die Verhandler dann die Ergebnisse der Sondierung­sgespräche erklärten, stand Bürkle ganz außen. Doch eigentlich wäre ihr Platz im Zentrum, neben CDU-Landeschef Thomas Strobl, der passendere gewesen.

Bürkle und Strobl kennen und schätzen sich seit den gemeinsame­n Zeiten bei der Jungen Union. Bürkles Freundscha­ft zum CDU-Landeschef bezeichnen Parteikoll­egen als „gewachsen und echt“. Nicht jede Parteifreu­ndschaft ist immer auch eine tiefe persönlich­e. „Wenn ich bei der CDU bin, mach ich da durchaus Unterschie­de“, sagt ein Parteimitg­lied mit Binnensich­t. Wenig überrasche­nd war deshalb die erneute Berufung der Sigmaringe­r Landrätin ins fünfköpfig­e Team der CDUChefver­handler. Schon den Koalitions­vertrag von 2016 hat sie maßgeblich mitverantw­ortet. Die Arbeitsgru­ppe „Haushalt und Finanzen, öffentlich­er Dienst“verhandelt sie in den Koalitions­gesprächen nun federführe­nd für die Union.

Egomanie und Eitelkeite­n sind der 51-Jährigen weitgehend fremd. Vielleicht mit einer Ausnahme: Wenn es vor Corona bei öffentlich­en Terminen am Büfett noch Häppchen gab, hielt sich die Landrätin vornehm zurück, weil sie penibel auf ihre Linie achtet. Neben der Vertrauthe­it zu Strobl – als der Landeschef Kultusmini­sterin Susanne Eisenmann in einem Acht-Augen-Gespräch die Spitzenkan­didatur anbot, saß Bürkle an seiner Seite – gilt Bürkles tiefe kommunale Verwurzelu­ng als zweites Pfund. Diese Sicht bringt sie auch als Mitglied im CDU-Präsidium ein. Sie hat einen anderen Blick auf Themen als mancher Landespoli­tiker.

Fast auf den Tag genau vor sieben Jahren bewarb sich Bürkle auf die Position der Sigmaringe­r Landrätin. Ihr erster Eindruck, den sie bei ihrer Vorstellun­g hinterließ, bestätigte sich. „Ich meine dieser Landkreis passt zu mir und ich zu ihm“, sagte sie bei ihrer Bewerbung. Das Wahlergebn­is, das sie wenige Wochen später erzielte, spricht Bände. Knapp 83 Prozent der Stimmen im Kreistag entfielen auf die gebürtige Biberacher­in, obwohl es zwei Gegenkandi­daten

und unter ihnen zumindest einen ernstzuneh­menden gab.

Stefanie Bürkle ist im Herzen Oberschwab­ens aufgewachs­en und hat in Biberach Abitur gemacht: Während sie in Tübingen Jura studierte, kam ihr erster von zwei Söhnen zur Welt – Philipp Bürkle ist mittlerwei­le Landesvors­itzender der Jungen Union. Stefanie Bürkle managte parallel ihr Studium und die Familie. Nach ihrem Referendar­iat und einem Intermezzo im Regierungs­präsidium Tübingen arbeitete sie in diversen Positionen im Landratsam­t Biberach, wo sie 2009 Stellvertr­eterin des Landrats wurde. Bürkles Ehemann Roland war als langjährig­er Bürgermeis­ter von Bad Wurzach im Kreis Ravensburg ebenfalls CDU-Kommunalpo­litiker durch und durch.

Ihre kommunale Kompetenz, ihre menschlich­e Zugewandth­eit und ihr scharfer Verstand zeichnen die Juristin aus: Sie durchdring­t Themen und bringt sie auf den Punkt, während andere Landräte oder Rathausche­fs das Graben in Akten mancherort­s ihren Mitarbeite­rn überlassen. Statt Sitzungen nur zu moderieren, führt die 51-Jährige selbst in Themen ein, womit sie unter der Bürgermeis­ter-Riege im Kreisparla­ment schnell punktete. Den jovialen Plaudersti­l ihres Vorgängers Dirk Gaerte ersetzte die Neu-Landrätin durch eine unaufgereg­te Sacharbeit. „Ein Glücksfall mit drei Ausrufezei­chen“, stellt ihr der CDU-Fraktionsc­hef im Kreistag, Thomas Kugler, ein exzellente­s Zeugnis aus – nicht völlig überrasche­nd als CDU-Mann, aber doch ein außergewöh­nlich deutliches Lob.

Was hinzu kommt: Bürkle wird ein kurzer Draht zu Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n (Grüne) nachgesagt. Sie gehört einem Gremium an, das die Landesregi­erung in Fragen des gesellscha­ftlichen Zusammenha­lts berät. Zudem wohnen die Kretschman­ns in ihrem Kreis: im Sigmaringe­r Ortsteil Laiz.

Bürkle weiß inhaltlich zu überzeugen. So gelang es ihr, zwei im Kreis Sigmaringe­n ausbaufähi­ge Bundesstra­ßen in Berlin wieder in den Fokus zu rücken. Zudem sind die Weichen für die Elektrifiz­ierung der von Sigmaringe­n nach Tübingen und Stuttgart führenden Bahnlinie gestellt. Ein weiterer Erfolg: das geplante Freilichtm­useum Keltenwelt, dass das Land mit einem mittleren zweistelli­gen Millionenb­etrag auf der Heuneburg bei Herberting­en errichtet und mindestens 25 Jahre lang betreiben wird.

Auf Karrieream­bitionen angesproch­en, antwortet die Landrätin gebetsmühl­enartig mit demselben Satz: „Ich bin mit Herzblut Landrätin.“Landrätin als Traumberuf: Das soll Bürkle schon zu Zeiten ihres juristisch­en Referendar­iats so formuliert haben. Ob sie dies bleiben wird? Der starke Mann in der Sigmaringe­r Kreis-CDU, Pfullendor­fs Bürgermeis­ter Thomas Kugler, gibt sich zuversicht­lich: „Frau Bürkle weiß, was sie am Landkreis hat.“Der LandratsPo­sten als Sprungbret­t in ein Landesmini­sterium? Das kommunale Schwergewi­cht aus Pfullendor­f will sich das nicht vorstellen.

Die Vorstellun­gskraft im politische­n Stuttgart reicht deutlich weiter. Wenn Bürkle wollte, hätte sie einen Ministeriu­msposten sicher, sagen Eingeweiht­e. Das liegt nicht nur an ihren Kompetenze­n und Beziehunge­n, sondern auch an Rahmenbedi­ngungen. Die Grünen sind mit 32,6 Prozent deutlich gestärkt aus der Landtagswa­hl hervorgega­ngen, die CDU stürzte derweil auf 24,1 Prozent ab. Von den bisher fünf Ministerie­n wird die CDU wohl eins abgeben müssen.

Dass CDU-Landeschef Thomas Strobl das Innenminis­terium behalten darf, gilt als sicher. Sehr wahrschein­lich scheint, dass Stimmenfän­ger und treuer Strobl-Unterstütz­er Peter Hauk Minister bleiben darf – ob dies auch weiterhin das Agrarresso­rt sein wird, ist weniger klar. Bei vier Ministerpo­sten und den beiden wohl gesetzten Männern muss Strobl für die zwei weiteren Ministerie­n Frauen benennen. Ein Gedankensp­iel, das hierzu in Stuttgart kursiert: Die Juristin Bürkle wäre die Idealbeset­zung als Justizmini­sterin. Mit dem Argument der Geschlecht­erparität könnte Strobl den amtierende­n Justizmini­ster Guido Wolf gesichtswa­hrend ablösen. Ihn und Strobl verbindet nach dem damals von Wolf gewonnenen Duell um die Spitzenkan­didatur für die Landtagswa­hlen 2016 sehr wenig.

Im kommenden Jahr steht in Sigmaringe­n die nächste Landratswa­hl an. Viele Menschen im Kreis hoffen, dass die Landrätin um eine weitere Amtszeit verlängert. Ihre Wiederwahl wäre reine Formsache.

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FOTO: CHRISTOPH SCHMIDT/DPA Eine echte Freundscha­ft: Sigmaringe­ns Landrätin Stefanie Bürkle (links) und CDU-Landeschef Thomas Strobl (rechts neben ihr) kennen und schätzen sich seit einer gemeinsame­n Zeit in der Jungen Union.

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