Ludwigstaler Wehr: Entscheidung über Abbau vertagt
Das zweite Donauwehr in Tuttlingen könnte bald ganz abgebaut werden
(dh) - Wenn es um die Donau in Tuttlingen geht, ist aktuell das Wehr an der Scala-Brücke im Fokus. Nur 2,5 Kilometer flussabwärts, im Ludwigstal, findet sich aber schon das nächste Wehr. Es wurde 2018 zum Teil zurückgebaut, ein kompletter Rückbau steht zur Diskussion. Die Entscheidung darüber wird aber noch etwas dauern – aus mehreren Gründen.
Genau wie beim Scala-Wehr greift beim Ludwigstaler Wehr die Europäische Wasserrahmenrichtlinie. Deren Ziel ist die Verbesserung der Gewässerqualität durch eine ökologisch sinnvolle Durchgängigkeit des Flusses und die Wiederherstellung einer frei fließenden Donau. Anders als beim Scala-Wehr ist für dieses Wehr aber das Land Baden-Württemberg zuständig. Der Rückbau ist eigentlich beschlossene Sache – wären da nicht Sorgen um die Auswirkungen auf das Grundwasser
und damit auf die Trinkwasserversorgung. In unmittelbarer Nähe des Wehrs befindet sich der Riedgraben,
aus dem halb Tuttlingen sein Trinkwasser bezieht.
Deshalb wurde das Wehr 2018 erst einmal nur halb zurückgebaut und der Aufstau damit um einen Meter abgesenkt, die andere Hälfte blieb stehen. Anschließende Messungen ergaben laut Regierungspräsidium Freiburg, dass die Auswirkungen auf das Grundwasser und damit auf die Trinkwasserversorgung unbedenklich sind. Allerdings kann „eine Beeinflussung der Trinkwasserversorgung wohl nicht gänzlich ausgeschlossen werden“, heißt es vom RP auf Nachfrage unserer Zeitung.
Im Detail geht es dabei um extrem trockene Jahre. Der Grundwasserspiegel wäre dann ohnehin schon niedrig, durch eine Vollabsenkung des Wehrs könnte Wasser aus dem Trinkwasserbrunnen abfließen und dieser damit noch etwas früher trocken gelegt werden. Sowohl das RP als auch Jürgen Hilscher, Leiter des Amtes für Wasserwirtschaft am Landratsamt, und Michael Hensch, Leiter für Umwelt- und Grünplanung bei der Stadt Tuttlingen, sprechen bei diesem Szenario von einem geringen Restrisiko zwischen fünf und zehn Prozent.
Dennoch: Nach diesen Erkenntnissen könnte der Teilabstau im Ludwigstal eventuell beibehalten werden. Über den aktuellen Stand und mögliche weitere Erkenntnisse wollen Vertreter des Landesbetriebs Gewässer den Tuttlinger Gemeinderat im Herbst informieren. Gleichzeitig hat das RP nach eigenen Angaben eine Planung zur gewässerökologischen Aufwertung durch Strukturmaßnahmen in Auftrag gegeben.
Dabei wird es vor allem um die Ufer der Donau zwischen ScalaWehr und Ludwigstaler Wehr gehen. Die Teilabsenkung hat dazu geführt, dass im Sommer kaum noch Wasser im Flussbett ist und die Ufer austrocknen oder überwuchern. Aus Sicht der Stadt Tuttlingen muss das Land dort etwas ändern.
Fraglich ist allerdings, ob das RP tätig wird, solange ungeklärt ist, was mit dem Scala-Wehr passiert. Wie berichtet, versucht die Stadt Tuttlingen eine Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg zu erwirken, das das Verbot des Vollaufstaus bestätigt hatte. Auch Oberbürgermeister Michael Beck hatte angekündigt, dass es im Falle einer gerichtlichen Niederlage um die Neugestaltung „der gesamten Donau vom Ludwigstal bis zum Hirschbrünnele“gehen solle. Was die Kosten angeht, würde das Land gegebenenfalls die Maßnahmen zur Verbesserung der Gewässerökologie übernehmen. Die Kosten für Maßnahmen der gewässernahen Erholung wären von der Stadt zu tragen.