Baden-Württemberg will Hundeführerschein einführen
Neue Regierung plant schriftlichen Test und praktische Prüfung
(lsw) - Wie in anderen Ländern sollen Hundehalter in Baden-Württemberg künftig unter Beweis stellen müssen, dass sie mit ihren Tieren umgehen können. Grüne und CDU wollen nach dem Vorbild Niedersachsens einen Hunde-Führerschein einführen, wie es am Montag aus Parteikreisen hieß. Zuerst hatten die „Stuttgarter Zeitung“und die „Stuttgarter Nachrichten“darüber berichtet. Was Tierschützer und Hundeexperten freut, geht der Opposition nicht weit genug.
Im neuen Koalitionsvertrag von Grünen und CDU steht, dass man für die Hundehaltung einen „Sachkundenachweis“haben muss. Konkret bedeutet das: Hundehalter müssen in einem schriftlichen Test und einer praktischen Prüfung vor Experten ihr Wissen über das Sozialverhalten der Vierbeiner demonstrieren. Hintergrund für den Führerschein ist, Menschen vor Beißattacken zu schützen und im Sinne des Tierschutzes den Haltern die Bedürfnisse ihrer Hunde näherzubringen.
Tierschützer und Hundeschulen begrüßen das. Das Problem sei, dass sich jeder erst mal einen Welpen zulegen könne, auch wenn er nicht die nötige Sachkunde habe, sagte Daniela Lisenfeld vom Landestierschutzverband Baden-Württemberg. Wenn die Tiere dann aber nicht beigebracht bekämen, wie sie sich im Rudel mit den Menschen zu verhalten haben, hätten die Ordnungsämter viel zu tun. Andere würden völlig falsch zum Beispiel nur in der Wohnung gehalten. Nach zwei, drei Jahren landeten die Hunde dann wieder im Tierheim, wo Fachleute ihnen das Fehlverhalten abtrainieren müssten, erklärte Lisenfeld. Auch illegaler Welpenhandel sei in dem Zusammenhang ein Thema.
Daher sei der Verband seit Jahren für einen Hundeführerschein. Gerade in Corona-Zeiten hätten sich viele Menschen einen Hund zugelegt,
Tierheime hätten fleißig vermittelt, sagte Lisenfeld. „Wir haben aber auch die Sorge, dass das Interesse nach Corona abebbt und viele Hunde wieder zurückgegeben werden.“
Wie viele Hunde es im Südwesten gibt, erfasst das Statistische Landesamt nicht. Die Zunahme bei den Hundesteuereinnahmen gibt aber einen Hinweis auf die Entwicklung: Gemeinde und Städte im Ländle nahmen den Angaben nach im vergangenen Jahr aus der Hundesteuer insgesamt 48 Millionen Euro ein. 2019 waren es 46,2 Millionen Euro.
Daniela Hubl von der Hundeschule Stuttgart sagte, bei einem solchen Hundeführerschein gehe es vor allem ums Rücksichtnehmen und darum, Situationen richtig einzuschätzen. Ähnliche Zertifikate wie der „D.O.Q.-Test“würden schon genutzt: „Wer öfter in Berlin Urlaub macht und seinen Hund mitnehmen will, braucht so einen Nachweis“, sagte Hubl.
In fünf Praxisstunden à 90 Minuten und drei Theorie-Blöcken von je zweieinhalb Stunden gehe es unter anderem um Haltung, Pflege und Verhalten beim Gassigehen mit und ohne Leine. Rund 200 Euro koste das plus Gebühren für die Prüfung. Die nehme ein extra zugelassener Tierarzt ab.
Auch für die Haltung von gefährlichen Tieren, etwa Schlangen, plant die Koalition einen „Sachkundenachweis“. Hier sollen Halter lernen, wie man diese Tiere hält und pflegt.
Das dürfte im Sinne der FDPLandtagsfraktion sein. Deren tierschutzpolitischer Sprecher Klaus Hoher monierte: „Der geplante Hundeführerschein greift zu kurz. Wir müssen den Schutz aller Haustiere im Land stärken und dafür die Sachkunde aller Heimtierhaltender verbessern.“Dabei gelte der Grundsatz „Lenken statt Verbieten“. „Anstatt auf Regelungswut, müssen wir auf freiwillige Fortbildungsangebote für Heimtierhalter setzen.“