Heuberger Bote

„Die Patienten fordern digitale Anwendunge­n ein“

Andreas Vogt von der Techniker Krankenkas­se über Wunsch und Wirklichke­it im Gesundheit­swesen

- BERLIN

- Noch sei die Elektronis­che Patientena­kte

(ePA) Stückwerk, meint Andreas

Vogt (Foto: Franziska Kaufmann) von der Techniker Krankenkas­se. Sie biete aber die Chance, der Digitalisi­erung des Gesundheit­swesens zum Durchbruch zu verhelfen, sagt er im Gespräch mit Bernhard Walker.

Die Digitalisi­erung des Gesundheit­swesens kommt nicht voran. Woran liegt das?

Über Jahre hinweg haben vor allem die Verbände der Ärzte, der Apotheken und der Krankenhäu­ser die Bedeutung der digitalen Vernetzung nicht erkannt. Ich kann mich noch gut daran erinnern, dass es vor mehr als 20 Jahren das erste Modellproj­ekt für die elektronis­che Gesundheit­skarte im Raum Heilbronn gab. Darauf folgte aber nichts. Erst seit etwa fünf Jahren ist allen Akteuren im Gesundheit­swesen klar, dass sich die digitale Vernetzung überhaupt nicht aufhalten lässt.

Wie kam es zu dieser Einsicht?

Die gesamte Wirtschaft hat sich digitalisi­ert. Wenn die Digitalisi­erung in der Automobilb­ranche, im Handel und im Tourismus voranschre­itet, liegt auf der Hand, dass das im Gesundheit­swesen nicht anders sein wird. Die Bürger fordern diesen Wandel regelrecht ein: Sie wollen digital Arzttermin­e machen, die Krankmeldu­ng an den Arbeitgebe­r senden oder ihren Medikament­enplan auf einen Blick einsehen – und zwar im Rahmen einer einheitlic­hen Plattform. Die Frage ist also nur, wer diese liefert.

Und das können entweder Apple, Facebook und Google oder die Krankenver­sicherung machen?

Genau. Wobei völlig klar ist, was besser ist – nämlich nicht das Angebot profitorie­ntierter Konzerne, sondern das der Sozialvers­icherung. Nur muss die Sozialvers­icherung dann eben auch eine digitale Lösung bieten, die für die Versichert­en attraktiv ist, weil sie einen direkten Nutzen hat.

Ist die ePA so attraktiv?

Dafür bietet sie eine wirklich gute Chance. Im Moment ist sie leider noch ein Torso, weil Ärzte, Kliniken oder Apotheken erst ab Juli an die ePA angebunden sein werden und erst dann nach und nach elektronis­ch Daten zur Verfügung stellen werden. Kontraprod­uktiv ist, dass es seitens der Großen Koalition auch Überlegung­en gibt, dass die ePA verschiede­ne Apps aufweisen soll – also beispielsw­eise eine fürs elektronis­che Rezept und eine für die Notfalldat­en. Die Versichert­en wünschen sich aber nur eine App, in der alles steht und nicht mehrere.

Das klingt nicht nach einem Erfolg. Aber das kann eine gut gemachte ePA werden. Der Ausgangspu­nkt steht fest: Die Versichert­en fordern digitale Anwendunge­n im Gesundheit­swesen ein. Die sind für viele ebenso selbstvers­tändlich wie digital zu lernen, digital eine Reise zu buchen oder digital einzukaufe­n.

Geht der Datenschut­z bei der ePA zu weit?

Nein. Es wäre völlig falsch, das Datenschut­zniveau abzusenken – auch wenn es manche Schritte aufwendig macht wie zum Beispiel bei der Authentifi­zierung. Der Datenschut­z ist das Gütezeiche­n der ePA: Sie ist damit vertrauens­würdig und hebt sich von den rein kommerziel­len Ansätzen ab, wie sie die genannten Konzerne verfolgen.

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