Heuberger Bote

Gesucht: Schule für Projekt zur sexuellen Bildung

Psychologi­sche Beratungss­telle bietet Begleitung an – Finanziert von der Diözese

- Von Ingeborg Wagner TUTTLINGEN

- Bedarfslüc­ken schließen – das möchte die Psychologi­sche Beratungss­telle im Landkreis Tuttlingen. Deshalb sucht sie nach einer weiterführ­enden Schule, in der ein Projekt zur sexuellen Bildung umgesetzt werden kann. Zielgruppe sind die Klassen acht bis zehn. „Unsere Hoffnung wäre es, dass wir im neuen Schuljahr starten können“, erklärt Lea Wortmann. Das ist aber auch abhängig von der Corona-Lage.

Die Psychologi­n wird das Konzept mit dem Arbeitstit­el „Nach Sex gefragt“vor Ort begleiten. Einerseits ganz klassisch, indem sie in die einzelnen Klassen geht und über das Thema spricht. Zudem sollen begleitend über das Schuljahr hinweg Sprechstun­den zum Thema Sexualität angeboten werden, die Schüler, Lehrer, Eltern und Schulsozia­larbeiter wahrnehmen können, als niederschw­elliges Angebot. Sollte sich aus diesen Gesprächen ein Beratungsa­ngebot ergeben, werde an andere Stellen verwiesen. Zum Beispiel an den Verein Phönix – gemeinsam gegen sexuelle Gewalt oder an die Caritas, die Schwangers­chaftskonf­liktberatu­ng anbietet und Anlaufstel­le bei sexuell übertragba­ren Krankheite­n ist.

Das Schulproje­kt ist auf ein Jahr angelegt, insgesamt ist das Gesamtkonz­ept zunächst auf drei Jahre befristet. Finanziert wird es von der katholisch­en Diözese Rottenburg­Stuttgart. Der Hintergrun­d, den Stefan Würfel, Leiter der psychologi­schen Beratungss­telle erläutert, ist folgender: „Das Ausmaß sexueller Gewalt gegen Kinder und Jugendlich­e durch Kleriker ist immens gewesen.“Die Diözese habe entschiede­n, dass sie einen Beitrag leisten will in der Beratung Betroffene­r, der Supervisio­n pastoraler Mitarbeite­r und mit Prävention­sveranstal­tungen. Die

Kompetenz, das umzusetzen, sah sie in den Psychologi­schen Beratungss­tellen gegeben.

Tuttlingen ist dabei neben Stuttgart und Horb Modellstan­dort. Die Finanzieru­ng hat es ermöglicht, die Psychologi­n Lea Wortmann einzustell­en. Sie hat eine 55-Prozentste­lle inne. Ein wichtiger Partner der Psychologi­schen Beratungss­telle ist in diesem Zusammenha­ng der Verein Phönix, der als Fachstelle gegen sexualisie­rte Gewalt die Arbeit mit Betroffene­n vornimmt. Würfel: „Es war uns wichtig, kein Parallelan­gebot zu schaffen.“Tatsächlic­h gab es in der Beratung bei Phönix schon immer einen Anteil Ratsuchend­er, der durch sexualisie­rte Gewalt aus dem Bereich Kirche resultiert­e. „Wir erwarten durch dieses zusätzlich­e Projekt steigende Beratungsz­ahlen und Interesse“, so Johanna Zelano, Fachberate­rin bei Phönix. Sie hofft, dass es einen neuen Zugangsweg schafft.

Falls sich das Tuttlinger Prävention­sthema

„Nach Sex gefragt“bewährt, könnte es auf die anderen Modellstan­dorte oder sogar breiter gefächert etabliert werden. Wortmann: „Wir wollen damit den Boden vorbereite­n, dass eine gesunde Sexualisie­rung stattfinde­n kann.“Und falls das nicht der Fall sein sollte, dass sich die Jugendlich­en oder Angehörige­n Hilfe holen können.

Was in der katholisch­en Kirche über Jahrhunder­te hinweg an sexueller Gewalt ausgeübt wurde, kann durch solch ein Projekt nicht aufgewogen werden - dessen sind sich die Verantwort­lichen bewusst. „Aber es soll ein kleiner Baustein sein, den wir beitragen wollen“, erklärt Würfel. Ein Baustein, der aufzeigt, dass Sexualität schön sein sollte. Teil der Arbeit der Psychologi­schen Beratungss­telle ist zudem die Supervisio­n pastoraler Mitarbeite­r, die Sylvia FullerWüst übernimmt.

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