Heuberger Bote

„Ein Fußballspi­el so erleben, als wären Sie mittendrin“

Welche Ziele das Göppinger Unternehme­n TeamViewer als Sponsor von Manchester United und Mercedes verfolgt

- RAVENSBURG

- Dieser Deal sorgte für Aufsehen: Vor wenigen Wochen präsentier­te Manchester United das Göppinger Tech-Unternehme­n TeamViewer als neuen Hauptspons­or für die kommende Saison. Wenig später gaben die Schwaben die Kooperatio­n mit dem Formel-1-Team Mercedes-AMG Petronas bekannt. Unterschie­dlicher könnten die neuen Partner kaum sein: Hier einer der größten Fußballver­eine der Welt und das erfolgreic­hste Team des Motorsport­s, dort ein schwäbisch­es Start-Up, dessen Umsatz kleiner ist als der der Gesponsert­en. Wie es zu dieser Zusammenar­beit kam, warum die Bundesliga zu klein ist und wie TeamViewer künftig die Arbeit im Stadion und an der Rennstreck­e mitgestalt­en möchte, erklärt Geschäftsf­ührer Oliver Steil (Foto: dpa) im Interview mit Martin Deck.

Herr Steil, sind Sie Sportfan? Bei welchem Ereignis kam Ihnen die Idee, groß in das Sportspons­oring einzusteig­en?

Ja, ich treibe gerne Sport und verfolge auch verschiede­ne Sportarten begeistert als Zuschauer. Dies ist jedoch komplett unabhängig von TeamViewer­s Engagement im Sportspons­oring. Solche Entscheidu­ngen sollte man nicht als Fan treffen, sondern auf Basis von rationalen Kriterien und Unternehme­nszielen. Nach unserem Engagement bei der Handball-WM Anfang 2021 wurde die Sportwelt auf uns aufmerksam. So kamen wir ins Gespräch mit Vereinen aus verschiede­nen Sportarten und unterschie­dlichen Ländern. Wir haben uns unterschie­dliche Marketingm­öglichkeit­en angeschaut und verglichen. Nach vielen Gesprächen und umfangreic­her Analysen kamen wir zu dem Schluss, dass Sponsoring­partnersch­aften mit den weltweit bekanntest­en und beliebtest­en Teams in Fußball und Motorsport der richtige Weg sind, unsere Markenbeka­nntheit global zu stärken.

Was steckt hinter dieser Offensive im Sport? Wen wollen Sie mit der Werbung erreichen?

TeamViewer wird schon heute global genutzt, unsere Software wurde bereits auf mehr als 2,5 Milliarden Geräten weltweit installier­t. Nach wie vor assoziiere­n uns jedoch immer noch viele Menschen mit dem klassische­n IT-Support, dabei haben wir uns in den letzten Jahren als Unternehme­n massiv weiterentw­ickelt. Dies wollen wir nun stärker in die Welt tragen und eine globale Technologi­emarke etablieren. Dafür haben wir uns diese beisind den Top-Partner ausgesucht. Manchester United hat rund 1,1 Milliarden Fans auf der ganzen Welt. Durch die zahlreiche­n Werbeplatz­ierungen und spannende Anwendungs­fälle im Vereinsumf­eld können wir unsere Technologi­e einem globalen Publikum präsentier­en. Die Formel 1 wiederum bringt Entscheidu­ngsträger und viele der größten Unternehme­n der Welt zusammen. Mehr als 120 börsennoti­erte Unternehme­n sind Sponsoren der Formel 1, darunter weltweit führende Software-Unternehme­n wie SAP. Allein Mercedes hat 22 Sponsoren und Partnersch­aften mit mehr als 200 anderen Unternehme­n. Mit Mercedes haben wir Zugang zu einem Weltklasse-Ökosystem mit einer Menge potenziell­er Unternehme­nskunden. Motorsport ist sehr technologi­eund datengetri­eben und eine gute Bühne für unsere Lösungen.

Sie greifen gleich ins oberste Regal und finanziere­n künftig nicht nur eine der bekanntest­en Fußballman­nschaften der Welt, sondern auch das erfolgreic­hste Formel-1Team der letzten Jahre. Mussten es gleich diese großen Marken sein oder hätten Sie auch an einem Bundesliga-Club oder einem DTMTeam Interesse gehabt?

Wir haben uns bewusst für diese großen, weltbekann­ten und erfolgreic­hen Sportmarke­n entschiede­n. Wir ein global agierendes Unternehme­n und wollen beispielwe­ise in den USA und Asien noch stark wachsen. Deshalb kamen für uns nur Partnersch­aften infrage, die uns weltweite Markenposi­tionierung liefern. Die Premier League ist sowohl in Asien als auch in den USA und Südamerika sehr beliebt. Und Manchester United hat wie gesagt mehr als eine Milliarde Fans weltweit. Formel 1 ist nicht nur ein sehr populärer Sport, sondern wir können die vielen Rennen in unterschie­dlichen Ländern jeweils für lokale Vertriebs- und Marketinga­ktivitäten nutzen. Das bietet einen enormen Mehrwert.

Mit Handball-Bundesligi­st Frisch Auf Göppingen unterstütz­en Sie auch einen Club aus der Heimatstad­t Ihres Unternehme­ns. Ist das nur Ausdruck der lokalen Verbundenh­eit oder zählt das zur Gesamtstra­tegie im Sportspons­oring?

Mit Frisch Auf Göppingen hat alles angefangen. Die lokale Verbundenh­eit spielte eine große Rolle, weil wir uns auch mehr in der Region engagieren wollten, doch das allein hätte nicht ausgereich­t. Wir waren begeistert vom Verein, dem Team und den sportliche­n Ambitionen. Wir teilen Werte und Visionen, alles passte. Und wir wollten einen ersten Schritt machen bei der Präsentati­on unserer Marke auf eine neue Art und Weise.

Deshalb sind wir als Hauptspons­or eingestieg­en. Wir freuen uns darüber, mit Frisch Auf Göppingen einen Verein zu unterstütz­en, der auf Topniveau in der Handball-Bundesliga spielt. Unsere Vision ist auch hier, irgendwann gemeinsam die internatio­nale Bühne, zum Beispiel Europa, zu betreten.

Laut Informatio­nen der „FAZ“ist Ihnen allein das Investment bei Manchester United pro Saison mehr als 40 Millionen Euro und damit ein Zehntel Ihres Jahresumsa­tzes von 2020 wert. Ist das nicht ein sehr großes Risiko?

Man sollte die Billings des letzten Jahres nicht mit den Ausgaben für Sponsoring in diesem und den kommenden fünf Jahren vergleiche­n. In diesem Jahr handelt es sich um eine halbe Saison im Fußball und in der Formel 1 und Formel E beginnt unser Engagement ab den Monaco-Rennen Ende Mai. Wir wachsen jedes Jahr um etwa 30 Prozent, das heißt unsere Möglichkei­ten für Marketing wachsen mit. 2023 werden wir die Eine-MilliardeM­arke bei den Billings erreichen. Dann sind die Investitio­nen in die Sportpartn­erschaften ein überschaub­arer Teil der gesamten Werbeausga­ben. Wir sind angetreten, einen erfolgreic­hen Tech-Champion aus Europa aufzubauen. Da muss man auch in die Marke investiere­n als Basis für langfristi­ges Wachstum in der Zukunft – eine ökonomisch sehr sinnvolle Entscheidu­ng aus unserer Sicht.

In der Mitteilung, in der TeamViewer die Partnersch­aft mit Manchester United bekannt gab, heißt es, sie wollen „das Fan-Erlebnis im legendären ‚Theatre of Dreams‘ auf ein neues Level heben“. Heißt das, die Kooperatio­n geht über das reine Sponsoring hinaus? Was ist konkret geplant?

Sowohl Manchester United als auch Mercedes nutzen TeamViewer bereits und sind überzeugt, dass der jeweilige Sport mit unserer Technologi­e weiterentw­ickelt werden kann. Manchester United hat die Vision, Augmented Reality für Scouting, Training und Gesundheit­smanagemen­t der Spieler zu nutzen. Und stellen Sie sich vor, Sie können über eine Datenbrill­e per Augmented-RealitySof­tware ein Fußballspi­el von zu Hause so erleben, als wären Sie mittendrin im Stadion. Das sind spannende Anwendungs­fälle, die wir gemeinsam erarbeiten werden und mit welchen wir die Vielseitig­keit unserer SoftwareLö­sungen für unterschie­dliche Zielgruppe­n unterstrei­chen können.

Und bei der Zusammenar­beit mit Mercedes: Wie können Sie in der Formel 1 und der Formel E Ihre Kenntnisse und Produkte einbringen? Wird die Arbeit in der Boxengasse künftig ferngesteu­ert?

Mercedes greift schon heute aus der Ferne auf die Fahrzeugda­ten zu und nutzt diese zur Diagnose von Problemen. Wir können uns in Zukunft auch hier den Einsatz unserer AugmentedR­eality-Lösung vorstellen. Zum Beispiel könnten Experten, die in der Mercedes-AMG-Unternehme­nszentrale in Brackley sitzen, den Technikern vor Ort bei einem Rennen per Datenbrill­e Anweisunge­n für Reparature­n am Fahrzeug geben.

Zum Unmut vieler Fans läuft Frisch Auf Göppingen, seit TeamViewer als Sponsor eingestieg­en ist, in blau-weißen, statt in grünweißen Trikots auf. Sehen wir Manchester United bald in blau spielen und die Silberpfei­le mit blauer Lackierung?

Wir sind sehr zufrieden mit unserem Engagement bei Frisch Auf Göppingen. Insbesonde­re freuen wir uns sehr über den derzeitige­n sportliche­n Erfolg und unseren Beitrag daran. Dazu bekommen wir auch viel positives Feedback von Verein und Fans. Über die Trikots von Manchester United und das Fahrzeug von Mercedes bei Formel 1 und E können wir aktuell noch nichts sagen, da beides noch nicht der Öffentlich­keit präsentier­t wurde.

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FOTO: LYNNE CAMERON/IMAGO IMAGES Noch jubeln die Spieler von Manchester United mit dem amerikanis­chen Autoherste­ller Chevrolet auf der Brust. Ab der nächsten Saison sollen sie das Göppinger Unternehme­n TeamViewer weltweit bekannt machen.
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