Was Klimaschutz und Schnitzel miteinander zu tun haben
WWF-Studie stellt fest: „Die Zukunft liegt auf unserem Teller“
(KNA) - Vom Acker bis zum Teller: Was Menschen essen und wie sie ihre Lebensmittel herstellen, hat große Auswirkungen auf die Umwelt und die Zukunft des Planeten Erde. Wissenschaftler fordern deshalb eine Ernährungswende.
Der Verzehr von Fleisch ist in Deutschland 2020 auf den niedrigsten Stand seit 1989 gesunken. 57,3 Kilogramm hat jeder Bundesbürger im Schnitt konsumiert. Geht es allerdings nach der Umweltschutzorganisation WWF, müsste sich der Fleischverzehr mindestens halbieren – aus gesundheitlichen, aber auch aus ökologischen Gründen.
„Die Zukunft liegt auf unserem Teller“ist eine WWF-Studie überschrieben, die sich mit den Folgen der gegenwärtigen Ernährungsweise für den ökologischen Fußabdruck der Deutschen auseinandersetzt. „Unsere Ernährungsgewohnheiten sind in höchstem Maße relevant für den Planeten“, unterstreicht die zuständige WWF-Referentin Tanja Dräger de Teran.
Auf mehr als einem Drittel der bewohnbaren Fläche der Erde wird Landwirtschaft betrieben. Sie ist laut WWF weltweit verantwortlich für 70 Prozent des Verlustes an biologischer Vielfalt und für 80 Prozent der Entwaldung. Zwischen 21 und 37 Prozent der gesamten globalen Treibhausgasemissionen seien auf die Ernährung zurückzuführen.
„Ohne eine Ernährungswende können ein wirksamer Klimaschutz und das Erreichen der Pariser Klimaziele nicht gelingen“, heißt es deshalb beim WWF. Durch eine Halbierung des Fleischkonsums und mehr
Obst- und Gemüseverzehr würden die ernährungsbedingten Treibhausgas-Emissionen sowie der Flächenverbrauch massiv sinken. Laut Studie stehen heute jedem Erdenbewohner durchschnittlich rund 2000 Quadratmeter Ackerfläche zur Verfügung. Im Jahr 2050 werden es nur noch 1700 Quadratmeter sein – wegen des Bevölkerungswachstums und des voranschreitenden Klimawandels. Schon jetzt werden fruchtbare Ackerböden knapp – und die Gefährdung nimmt zu.
„Bei den derzeitigen Ernährungsgewohnheiten benötigen wir fast die gesamte Fläche, nur um unseren Bedarf an Lebensmitteln zu decken. Davon werden 75 Prozent der Fläche nur für die Erzeugung von tierischen Lebensmitteln wie Fleisch, Milch und Eier benötigt“, heißt es. Viel zu viel, meinen die Studienautoren. Denn die Menschheit braucht die Ackerfläche auch für den Anbau von Pflanzen zur Energiegewinnung, zur Produktion von Textilien, Arzneimitteln oder biobasierten Kunststoffen. Schließlich gelten nachwachsende Rohstoffe als Schlüssel zur Umstellung der bisher erdölbasierten Wirtschaft.
Weniger Fleischkonsum würde auch die Treibhausgas-Emissionen deutlich verringern: Der bundesdeutsche Verbrauch von tierischen Lebensmitteln wie Fleisch und Wurst liegt im Schnitt laut WWF bei 817 Gramm pro Woche. Zusammen mit Milch und Milchprodukten verursache das aktuell rund 70 Prozent der ernährungsbedingten Treibhausgas-Emissionen.
Halbiere sich der Fleischkonsum der Deutschen auf 470 Gramm pro Woche, sähe die Ökobilanz schon wesentlich besser aus: Dies würde zu einer Einsparung an Treibhausgasemissionen von etwa 56 Millionen Tonnen CO2 führen.
Die vegetarische Ernährungsweise würde sogar mit etwa 98 Millionen Tonnen weniger CO2 und die vegane Ernährungsweise mit etwa 102 Millionen Tonnen weniger CO2 zu Buche schlagen. Bei Gesamtemissionen in Deutschland von 858 Millionen Tonnen CO2 wäre das schon ein beachtlicher Anteil.
Ein weiterer Schlüssel für den Einstieg in eine klimaverträgliche Ernährung ist laut WWF-Studie das Tierfutter. „Soja für Tierfutter ist der mit Abstand größte Treiber für Emissionen aus veränderter Landnutzung“, heißt es. Der größte Anteil werde aus Brasilien importiert, wo dafür Regenwald abgeholzt wird. Damit verbunden ist die vermehrte Gefahr von Zoonosen, also von Krankheitserregern, die von Tieren auf den Menschen übertragen werden können – darunter HIV, Sars, Ebola und auch das Coronavirus.
Viele gute Gründe also für eine Ernährungswende. Gefordert sind aus Sicht des WWF sowohl die Konsumenten als auch die Politik. Die Umweltschutzorganisation sieht die nächste Bundesregierung in der Pflicht, in eine umweltverträgliche Ernährungspolitik einzusteigen – samt ressortübergreifender Ernährungsstrategie und der Prüfung einer Lenkungssteuer auf tierische Lebensmittel, die nicht aus ökologischer Landwirtschaft stammen. Langfristig sei eine Nachhaltigkeitssteuer zu begrüßen.