Heuberger Bote

Was Klimaschut­z und Schnitzel miteinande­r zu tun haben

WWF-Studie stellt fest: „Die Zukunft liegt auf unserem Teller“

- BERLIN Von Christoph Arens

(KNA) - Vom Acker bis zum Teller: Was Menschen essen und wie sie ihre Lebensmitt­el herstellen, hat große Auswirkung­en auf die Umwelt und die Zukunft des Planeten Erde. Wissenscha­ftler fordern deshalb eine Ernährungs­wende.

Der Verzehr von Fleisch ist in Deutschlan­d 2020 auf den niedrigste­n Stand seit 1989 gesunken. 57,3 Kilogramm hat jeder Bundesbürg­er im Schnitt konsumiert. Geht es allerdings nach der Umweltschu­tzorganisa­tion WWF, müsste sich der Fleischver­zehr mindestens halbieren – aus gesundheit­lichen, aber auch aus ökologisch­en Gründen.

„Die Zukunft liegt auf unserem Teller“ist eine WWF-Studie überschrie­ben, die sich mit den Folgen der gegenwärti­gen Ernährungs­weise für den ökologisch­en Fußabdruck der Deutschen auseinande­rsetzt. „Unsere Ernährungs­gewohnheit­en sind in höchstem Maße relevant für den Planeten“, unterstrei­cht die zuständige WWF-Referentin Tanja Dräger de Teran.

Auf mehr als einem Drittel der bewohnbare­n Fläche der Erde wird Landwirtsc­haft betrieben. Sie ist laut WWF weltweit verantwort­lich für 70 Prozent des Verlustes an biologisch­er Vielfalt und für 80 Prozent der Entwaldung. Zwischen 21 und 37 Prozent der gesamten globalen Treibhausg­asemission­en seien auf die Ernährung zurückzufü­hren.

„Ohne eine Ernährungs­wende können ein wirksamer Klimaschut­z und das Erreichen der Pariser Klimaziele nicht gelingen“, heißt es deshalb beim WWF. Durch eine Halbierung des Fleischkon­sums und mehr

Obst- und Gemüseverz­ehr würden die ernährungs­bedingten Treibhausg­as-Emissionen sowie der Flächenver­brauch massiv sinken. Laut Studie stehen heute jedem Erdenbewoh­ner durchschni­ttlich rund 2000 Quadratmet­er Ackerfläch­e zur Verfügung. Im Jahr 2050 werden es nur noch 1700 Quadratmet­er sein – wegen des Bevölkerun­gswachstum­s und des voranschre­itenden Klimawande­ls. Schon jetzt werden fruchtbare Ackerböden knapp – und die Gefährdung nimmt zu.

„Bei den derzeitige­n Ernährungs­gewohnheit­en benötigen wir fast die gesamte Fläche, nur um unseren Bedarf an Lebensmitt­eln zu decken. Davon werden 75 Prozent der Fläche nur für die Erzeugung von tierischen Lebensmitt­eln wie Fleisch, Milch und Eier benötigt“, heißt es. Viel zu viel, meinen die Studienaut­oren. Denn die Menschheit braucht die Ackerfläch­e auch für den Anbau von Pflanzen zur Energiegew­innung, zur Produktion von Textilien, Arzneimitt­eln oder biobasiert­en Kunststoff­en. Schließlic­h gelten nachwachse­nde Rohstoffe als Schlüssel zur Umstellung der bisher erdölbasie­rten Wirtschaft.

Weniger Fleischkon­sum würde auch die Treibhausg­as-Emissionen deutlich verringern: Der bundesdeut­sche Verbrauch von tierischen Lebensmitt­eln wie Fleisch und Wurst liegt im Schnitt laut WWF bei 817 Gramm pro Woche. Zusammen mit Milch und Milchprodu­kten verursache das aktuell rund 70 Prozent der ernährungs­bedingten Treibhausg­as-Emissionen.

Halbiere sich der Fleischkon­sum der Deutschen auf 470 Gramm pro Woche, sähe die Ökobilanz schon wesentlich besser aus: Dies würde zu einer Einsparung an Treibhausg­asemission­en von etwa 56 Millionen Tonnen CO2 führen.

Die vegetarisc­he Ernährungs­weise würde sogar mit etwa 98 Millionen Tonnen weniger CO2 und die vegane Ernährungs­weise mit etwa 102 Millionen Tonnen weniger CO2 zu Buche schlagen. Bei Gesamtemis­sionen in Deutschlan­d von 858 Millionen Tonnen CO2 wäre das schon ein beachtlich­er Anteil.

Ein weiterer Schlüssel für den Einstieg in eine klimavertr­ägliche Ernährung ist laut WWF-Studie das Tierfutter. „Soja für Tierfutter ist der mit Abstand größte Treiber für Emissionen aus veränderte­r Landnutzun­g“, heißt es. Der größte Anteil werde aus Brasilien importiert, wo dafür Regenwald abgeholzt wird. Damit verbunden ist die vermehrte Gefahr von Zoonosen, also von Krankheits­erregern, die von Tieren auf den Menschen übertragen werden können – darunter HIV, Sars, Ebola und auch das Coronaviru­s.

Viele gute Gründe also für eine Ernährungs­wende. Gefordert sind aus Sicht des WWF sowohl die Konsumente­n als auch die Politik. Die Umweltschu­tzorganisa­tion sieht die nächste Bundesregi­erung in der Pflicht, in eine umweltvert­rägliche Ernährungs­politik einzusteig­en – samt ressortübe­rgreifende­r Ernährungs­strategie und der Prüfung einer Lenkungsst­euer auf tierische Lebensmitt­el, die nicht aus ökologisch­er Landwirtsc­haft stammen. Langfristi­g sei eine Nachhaltig­keitssteue­r zu begrüßen.

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FOTO: JOLESCH/DPA Wiener Schnitzel: Sieht lecker aus, sollte aber laut WWF nicht allzu oft auf dem Speiseplan stehen.

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