Heuberger Bote

Forschungs­projekt Weißtanne 2.0

In Balgheim werden Weißtannen zur Klimaresis­tenzforsch­ung gepflanzt.

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Werden rumänische oder einheimisc­he Weißtannen in Zukunft in unseren Wäldern wachsen? In Balgheim am Kreuzlebru­nnenweg soll dazu geforscht werden. Über die Entscheidu­ng für Balgheim als einen der Forschungs­standorte und wieso Weißtannen für Rehwild wie Schokolade sind, hat sich Heuberger-Bote-Volontärin Julia Brunner mit Forstrevie­rleiter Matthias Gerlach unterhalte­n.

Was ist das Forschungs­projekt Weißtanne 2.0?

Mit dem Forschungs­projekt wollen wir wegen dem Klimawande­l sehen, was die Weißtanne in Zukunft verträgt und schauen sie uns als klimastabi­le Baumart an. Es gibt unterschie­dliche sogenannte Weißtannen­provenienz­en und wir wollen herausfind­en welche Art die besseren Gene hat. Die vier Anbauproje­kte sind in Baden-Württember­g so verteilt, dass die gewählten Flächen unterschie­dliche Bodenbesch­affenheite­n und Niederschl­agsmengen haben. Gepflanzt werden eine heimische und eine aus Rumänien stammende Weißtanne. Bei der Rumänische­n hat man entdeckt, dass sie trockenres­istenter ist. Trockene Phasen werden durch den Klimawande­l immer länger werden und da haben wir die Hoffnung, dass eine trockenres­istente Sorte besser mit den Bedingunge­n zurechtkom­mt. Mit dem Forschungs­projekt wollen wir das jetzt überprüfen. Pro Sorte pflanzen wir 240 Weißtannen.

Wer ist an dem Projekt beteiligt?

Die Arbeitsgem­einschaft Naturgemäß­e Waldwirtsc­haft kümmert sich darum, wie man naturgemäß im Wald wirtschaft­et. Zusätzlich beteiligen sich noch der Projektlei­ter Martin Schubert von ForstBW und das Forstamt am Projekt. Außerdem wird das Projekt von der Fachagentu­r Nachwachse­nde Rohstoffe des Bundesmini­steriums für Ernährung und Landwirtsc­haft gefördert. Nach Beendigung sollen die Ergebnisse dann publiziert werden.

Warum wurden Weißtannen für das Forschungs­projekt gewählt?

Die Weißtanne ist eine der Baumarten, die klimaresis­tenter ist im Hinblick auf das Klima des jetzigen und des nächsten Jahrhunder­ts. Da setzt man auf verschiede­ne Baumarten, wie die Weißtanne und die Douglasie. Auch Laubholz wie Buchen, Berg- und Spitzahorn und Eichen spielen eine Rolle. Man versucht einen gesunden Mischwald zu erhalten. Die Weißtanne an sich ist nicht schädlings­resistent, da jeder Baum seine eigenen Schädlings­käfer hat. Wir hoffen aber, dass die Weißtanne mit ihrem Harz den Käfer ersäuft. Harz ist das natürliche Mittel der Bäume gegen Schädlinge, aber dafür braucht ein Baum genügend Wasser. Dafür müssen die Wurzeln tief in die Erde reichen – wie die Pfahlwurze­ln einer Weißtanne.

Wo in Baden-Württember­g sind die anderen drei Versuchsfl­ächen?

Neben unserer in Balgheim gibt es eine im Westschwar­zwald und die anderen beiden sind in den Landkreise­n Schwäbisch Hall und Heilbronn. An allen vier Standorten werden die beiden gleichen Weißtannen­sorten angepflanz­t, aber unter unterschie­dlichen Bedingunge­n was die Böden und zum Beispiel die Niederschl­äge angeht. Das Projekt ist auf 25 Jahre angelegt, was sehr wichtig ist. Es kann sein, dass in den ersten fünf Jahren alle Weißtannen gut wachsen, sie nach zehn Jahren aber eingehen. Deshalb müssen wir das auf längere Zeit beobachten, damit wir keine falschen Empfehlung­en weitergebe­n.

Wie erkenne ich die Weißtannen­Versuchsfl­äche im Wald?

Wir haben einen Zaun um die 0,25 Hektar große Versuchsfl­äche gebaut, damit das Rehwild die Weißtannen nicht verbeißt. Die Weißtanne ist nämlich wie Schokolade fürs Reh. Laienaugen erkennen meist keinen Unterschie­d zwischen den Weißtannen­sorten. Deshalb werden wir die Bäume auch in Reihen pflanzen und eine Informatio­nstafel am Wildschutz­zaun anbringen, damit der Waldbesuch­er einen Einblick erhält. Da erfährt man die Herkunft der Bäume und in ein paar Jahren kann man genau sehen wie sie wachsen.

Wieso wurde Balgheim als Projektsta­ndort ausgewählt?

Vor etwa einem halben Jahr gab es die Anfrage von der Arbeitsgem­einschaft Naturgemäß­e Waldwirtsc­haft zu den Versuchsfl­ächen mit den entspreche­nden Parametern, die erfüllt werden mussten. Es sollte eine Fläche sein, die nicht von der Fichte überschwem­mt ist und ein geringes Ausfallris­iko hat. Außerdem sollten die Bodenverhä­ltnisse für die Weißtanne passend sein. Verschiede­ne Faktoren haben eine Rolle gespielt: besteht eine Hanglage, wie viel Niederschl­ag gibt es, ist der Boden kiesig, sandig, leicht oder schwer durchwurze­lt, gibt es Spätfrost. Ich habe dann bei uns im Revier nach einer geeigneten Fläche gesucht und die wurde dann ausgewählt.

Wie lange läuft das Projekt und was passiert danach?

Das Projekt ist auf 25 Jahre ausgelegt. Die Weißtannen werden nachdem das Projekt beendet ist stehen bleiben. Meist sind die ersten 20 Jahre die interessan­te Phase. Wir wollen schauen, welche Empfehlung­en wir einem Waldbesitz­er geben können, damit er weiß, welche Baumarten er pflanzen kann. Weißtannen kann man 100 bis 120 Jahre oder länger wachsen lassen. Leider steigt in einem Wirtschaft­swald mit den Jahren auch das Sturmwurf- beziehungs­weise das Ausfallris­iko. Es kommt auch darauf an, wie das Klima in 120 Jahren sein wird. Da ist es fraglich, ob man eine Tanne so alt werden lässt. Die Forschungs­ergebnisse werden in Fachzeitsc­hriften publiziert und die Gemeinde bekommt die erhobenen Daten zugeschick­t.

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FOTO: MATTHIAS GERLACH
 ?? FOTO: MATTHIAS GERLACH ?? Seit 2019 ist Matthias Gerlach Leiter des Forstrevie­rs Dürbheim-Balgheim. Hier steht er neben Weißtannen­abschnitte­n, aus denen Schnitthol­z, Saunadiele­n oder Wandversch­alungen entstehen.
FOTO: MATTHIAS GERLACH Seit 2019 ist Matthias Gerlach Leiter des Forstrevie­rs Dürbheim-Balgheim. Hier steht er neben Weißtannen­abschnitte­n, aus denen Schnitthol­z, Saunadiele­n oder Wandversch­alungen entstehen.

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