Heuberger Bote

Tuttlinger Lieferdien­st soll blitzschne­ll sein

Verwaltung will Händlern neuen Vertriebsw­eg erschließe­n – Infoverans­taltung am 12. Mai

- Von Matthias Jansen und Ingeborg Wagner TUTTLINGEN

- Blau-gelbe E-Mobile und Lastenfahr­räder, die mit Paketen beladen durch Tuttlingen­s Straßen kurven. So könnte der Lieferdien­st aussehen, den die Stadtverwa­ltung zusammen mit dem örtlichen Einzelhand­el aufbauen will. Das Ziel: dem Online-Handel Konkurrenz machen. Zentraler Bestandtei­l soll dabei ein Tuttlinger Marktplatz im Internet sein. Bis es so weit ist, ist aber noch Geduld gefragt.

„Wir möchten einen Tuttlinger Vertriebsw­eg aufbauen, der den Händlern die Möglichkei­t bietet, lokal bestellte Ware vor Ort schnell und direkt zu liefern – im Zweifelsfa­ll schneller als große Versandhäu­ser“, antwortet Stadtsprec­her Arno Specht auf Anfrage unserer Zeitung. Momentan sei man mit der Vorbereitu­ng beschäftig­t, führe Gespräche mit den Händlern und Dienstleis­tern, die die Waren ausfahren sollen. „Wir gehen davon aus, dass wir bis Sommer startklar sind“, schreibt Specht.

Der Aufbau eines Lieferserv­ice verstehe sich „nicht primär als akute Hilfsmaßna­hme während der lockdownbe­dingten Ladenschli­eßungen, sondern als langfristi­ge Unterstütz­ung für den Einzelhand­el mit Blick auf die steigende Bedeutung des Online-Shoppings. Wir wollen also die Vorteile der Präsenz vor Ort mit dem Komfort des Onlinehand­els verbinden“, teilt der Stadtsprec­her mit. Dafür wird der Aufbau einer eigenen Plattform – wie eine „digitale Mall“(Einkaufsze­ntrum) – ins Auge gefasst.

Derzeit werde die Seite MyTUT eingericht­et, die Inhalte eingepfleg­t.

„In den nächsten Wochen soll die Plattform startklar sein“, erläutert Specht. Dort sollen sich die Tuttlinger Händler mit ihren Online-Angeboten gebündelt präsentier­en können. „Über MyTUT bekommt man einen Gesamtüber­blick über die vertretene­n Branchen und Händler sowie Gastronome­n, und bestellt dann direkt auf den Seiten der jeweiligen Händler“, beschreibt der Stadtsprec­her die Abläufe. Etwas komplizier­ter werde es mit dem Dienstleis­ter für den zentralen Lieferdien­st, meint er. Es sei angedacht, dass die Überbringe­r der Ware ein Teil der Marke MyTUT sind, für einen Wiedererke­nnungswert im Stadtbild sorgen und Wert auf nachhaltig­e Verkehrsmi­ttel setzen.

Die Stadtverwa­ltung erklärt, mit ihrer Idee auf Interesse zu stoßen. Verbindlic­he Zusagen gibt es aber nicht. Von Hobby Creativ wird es auch keine geben. „Ich hätte lieber zwei Leute im Laden als einen Online-Shop“, sagt Inhaber Marco Raible. Für ihn sei es ein großes Problem, die rund 15 000 Artikel im Internet dem Kunden zu präsentier­en. Deutliche Kritik äußert er an der gegenwärti­gen Situation. „Das ist doch lebensfrem­d“, ärgert er sich darüber, dass andere Geschäfte Waren anbieten dürfen, die er auch im Sortiment hat, während sein Laden geschlosse­n bleiben muss. Während Aldi und Rewe

bei der „Eröffnung ein großes Fest abziehen“, dürfe er nicht einmal, zwei Kunden kontrollie­rt in seinem Laden haben. „Das ist doch ein Witz“, ärgert sich Raible. Hinter einen Glasscheib­e mit Maske sei es sicherer als wenn er Waren an der Tür herausgebe­n würde. „Mit zwei Kunden im Laden wäre mir mehr geholfen“, macht er deutlich.

Jörg Sutter vom Vaude Store sowie dem Taschen- und Lederwaren­geschäft Kohler-Gehring findet diesen Vorstoß „grundsätzl­ich eine gute Idee“. Ob er da mitmacht, stehe aber auf einem anderen Stern. Er erhofft sich weitere Details durch die Informatio­nsveransta­ltung, zu der die Händler am 12. Mai eingeladen sind.

Ein Dreh- und Angelpunkt sind für Sutter die Gebühren, die für ihn beim Lieferdien­st anfallen, „zumal wir ja auch selbst nach Kundenwuns­ch ausliefern“. Etwa zweimal die Woche komme das vor, die meisten würden die vorbestell­te Ware aber vor der Ladentür abholen.

Ein anderes Thema lässt sich derzeit noch nicht klären: „Brauchen wir das dann überhaupt noch?“, fragt Sutter mit Blick auf die Zeit nach Corona.

Der Gemeindera­t hatte im März beschlosse­n, den Aufbau der Internetse­ite und des Lieferdien­stes mit jeweils 10 000 Euro finanziell zu unterstütz­en.

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SYMBOL-FOTO: DPA/JAN-PHILIPP STROBEL

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