Hoffen auf den Sommer
Künstlerpaar vom Mühlheimer Theater-Bahnhof kämpft in der Pandemie um seine Existenz
- Die Betreiber des Theater-Bahnhofs in Mühlheim, Martin Bachmann und Cécile Bachmann-Legrand, leiden wie die meisten Künstler unter den Bedingungen der Corona-Pandemie. Hart trifft es die beiden, dass ihr Theater seit einem Jahr geschlossen ist. Probleme gibt es zudem mit der staatlichen Soforthilfe. Ihren Mut und Humor haben die beiden Künstler aber noch nicht verloren.
Das Bild des darbenden Künstlers mag ein überaus romantisiertes sein. Die Nöte der Wirklichkeit holt die Künstlerfamilie des Theaterbahnhofs aber derzeit täglich ein. Für Romantik ist da kein Platz. Als Künstler sei man immer auch ein Überlebenskünstler. Das stecke sogar im Namen, hatte Martin Bachmann im vergangenen Jahr gemeint, als die Corona-Krise zum ersten Mal ihren Broterwerb mit dem kleinen Theater unmöglich gemacht hatte. Entbehrungen sind Bachmann und seiner Frau nebst Familie nicht fremd, doch die CoronaPandemie trifft die beiden Künstler besonders hart. Nach mehr als einem Jahr können sie ihr Theater immer noch nicht öffnen.
Auch die Soforthilfen für Künstler ist bei den Bachmanns noch nicht eingetroffen. „Bis jetzt ist nichts gekommen“, sagt Bachmann. Mit der Hilfe eines Steuerberaters soll es doch noch klappen, auf die einmalige sogenannte Neustarthilfe von bis zu 7500 Euro hoffen sie noch. „Wir sind eine GbR und keine Einzelkünstler. Das ist das Problem. Aber die Logik dieser Maßnahmen ist nicht nachzuvollziehen“, sagt Bachmann resigniert. „Wir bekommen keine Hilfen und dürfen kein Geld verdienen. Unsere Lage wird prekär“, ergänzt Cécile Bachmann-Legrand.
Ihre derzeitige Situation skizziert Martin Bachmann ebenso lapidar wie drastisch: „Wir leben derzeit von Spenden. Und wir sind ein bisschen ratlos.“Die Spenden seien „ein großes Glück“, so Bachmann-Legrand. Aber nach einem Jahr Corona blieben irgendwann auch die Spenden aus. Und Bachmann wie auch BachmannLegrand können das den Menschen nicht einmal verdenken. Untätig sind die beiden nicht, harren nicht einfach nur der Dinge, die da kommen, sondern planen und bereiten neue Stücke vor. „Aber das läuft oft ins Leere“, sagt Bachmann und verweist auf Vorstellungen mit Stücken, die im Herbst geplant gewesen seien und dann mit der zweiten Infektionswelle wieder hinfällig wurden. So haben sie lange von den Einnahmen aus ihren FreiluftTheaterveranstaltungen im eigenen Theatergarten im vergangenen Sommer gezehrt. Sommer ist sonst üblicherweise Sommerpause, aber das Corona-Virus schert sich da wenig drum. Die Vorstellungsreihe „Gartenspiele“, die von der Stadt Mühlheim unterstützt wurde, war ein Erfolg, auch wirtschaftlich für die Familie. „Wir sind nicht verhungert, denn wir haben uns extrem gut eingestellt“, beschreibt Cécile Bachmann-Legrand, wie die Familie über die Runden kommt. „Im Moment haben wir Spielverbot; wir dürfen gar nichts machen, nicht einmal im Freien“, sagt Bachmann-Legrand.
Nun hofft die Künstlerfamilie auf sinkende Infektionszahlen, um zumindest im Sommer wieder die Möglichkeit zu haben, Veranstaltungen im Garten über die Bühne bringen zu können. Und die Planungen für Juli bis September dazu laufen bereits. „Das hat letztes Jahr gut funktioniert“, sagt Bachmann. Derzeit bereiten sie aber Stücke vor, die sie als Filme online zeigen wollen, wie das im vergangenen Jahr schon auf gute Resonanz beim Stammpublikum gestoßen war.
Gleichzeitig hat das Künstlerpaar ein Do-it-yourself-PuppentheaterPaket erstellt, das aus Video-Anleitungen besteht, mit denen beispielsweise Schulen eigene Papierpuppen und Bühnenkulissen basteln können. Texte und Musik sind im Paket enthalten. „Aber das ist dann auch wieder hinfällig geworden, weil in den Schulen Homeschooling herrscht und die Lehrer andere Sorgen haben, als Puppentheater aufzuführen“, sagt Bachmann. Nun überlegen sie, ob sie Räumlichkeiten ihres Theaters vermieten können – für Coachings oder Weiterbildungszwecke. Aber auch das gestaltet sich schwierig angesichts der geltenden Kontaktbeschränkungen.
Somit setzt das Paar alle Hoffnungen auf einen zweiten Corona-Sommer, der Theaterspielen in ihrem Bahnhofsgarten ermöglicht. Dazu sollen Workshops für Schauspiel, Modellbau und Recycling-Puppen kommen.
Mehr Informationen zum Theaterbahnhof Mühlheim, zu geplanten Veranstaltungen und das Spendenkonto sind zu finden unter ●» www.theater-september.de.