Heuberger Bote

Jugendlich­e wollen mitentsche­iden

Junge Spaichinge­r und Heuberger setzen sich für ihre Interessen ein.

- Von Julia Brunner SPAICHINGE­N/HEUBERG

- Es gibt in den Gemeinden des Primtals und des Heubergs keine Jugendgeme­inderäte. Trotzdem finden Jugendlich­e Gehör in ihren Kommunen. Während der Corona-Pandemie, in der die Jugendlich­en lange auf ihre Familien beschränkt bleiben mussten, war das Bedürfnis nach Kontakt zu den Jugendrefe­raten besonders groß – und das Bedürfnis, trotz der öffentlich­en „Unsichtbar­keit“gehört zu werden.

Die Möglichkei­ten, mit denen Jugendlich­e in die Umsetzung von Projekten einbezogen werden können, sind vielfältig. Die Skater und Scooter-Fahrer durften mitentsche­iden, welche zwei neuen Skate-Elemente im Herbst vorigen Jahres auf der Freizeitan­lage an der Schlüsselw­iese angebracht werden sollten. „Im Idealfall sollten Jugendlich­e bei Entscheidu­ngen, die sie betreffen mitbestimm­en. Immerhin sind sie die Spezialist­en für ihre Lebensphas­e“, sagt Antje Wiedmann-Bornschein vom Stadtjugen­dreferat Spaichinge­n. Sie habe zwar in einem Katalog nach Elementen für die Skate-Anlage auf der Schlüsselw­iese geschaut, bei der Auswahl war es aber wichtig, die Skater und Scooter-Fahrer, die die Anlage benutzen, miteinzube­ziehen. „Ich skate ja nicht“, erklärt Wiedmann-Bornschein. „Bei der Auswahl für ein Skate-Element ist aber auch das Können der Skater wichtig und muss beachtet werden.“

Von den Skatern selbst kam auch ein konkreter Wunsch zur Änderung der Nutzungsor­dnung: sie wollten, dass der Skateplatz erst für Kinder ab einem Alter von acht Jahren freigegebe­n wird. Das hat die Stadt aufgegriff­en und umgesetzt. Die beiden Skate-Elemente hat sich die Stadt 93 000 Euro kosten lassen . Jugendbete­iligung ist der Stadt wichtig, ein konkretes Budget für die Jugend hat Spaichinge­n aber nicht.

Auf dem Heuberg freuen sich die Jugendrefe­renten darüber, dass die Bürgermeis­ter die Meinungen von Jugendlich­en hören wollen. Das Budget, mit dem die einzelnen Gemeinden Projekte für Jugendlich­e unterstütz­en, ist unterschie­dlich. „Über finanziell­e Unterstütz­ung muss man sich keine Sorge machen, da der Gemeindeve­rwaltungsv­erband Heuberg gerne aushilft, wenn ein Vorhaben gut begründet ist“, sagt Gunther Roth, der zusammen mit Katharina Haas als Jugendrefe­rent am Heuberg tätig ist. Jugendlich­e haben mehrere Möglichkei­ten, wie sie ihre Ideen in der Gemeinde einbringen können: sie können sich in Bürgerfrag­estunden an den Gemeindera­t wenden, mit den Jugendrefe­renten reden oder über Soziale Medien eine Anfrage an die Stadt stellen. Auf dem Heuberg kommen junge Menschen bis zum Alter von 27 Jahren in die Jugendhäus­er und -räume. Je jünger sie sind, desto mehr kommen sie zu den Jugendrefe­renten, wenn sie Probleme oder Ideen für ein Projekt haben.

„Die Jugendlich­en können einen Termin mit uns ausmachen und wir reden dann über ihre Idee“, erzählt Gunther Roth. Gemeinsam mit den Jugendlich­en plant er, wie die Idee umgesetzt werden kann und nimmt dann mit dem Rathaus Kontakt auf. „Es sind viele umsetzbare Ideen von den Jugendlich­en dabei, aber manchmal kommt dann auch so etwas wie „Wir wollen einen McDonalds auf dem Heuberg“und das geht dann natürlich nicht“, so Roth.

Ideen, wie ein Aufenthalt­splatz für Jugendlich­e im Freien und Außen-Fitnessger­äte seien da eher umsetzbar. Wenn eine Idee der Jugendlich­en im Rathaus behandelt wird, lädt der Gemeindera­t die Jugendlich­en ein, um das Thema mit ihnen zu besprechen. „Wir gehen dann immer gemeinsam als geschlosse­nes Team hin“, sagt Roth. Oft haben Jugendlich­e gute Ideen, aber manchmal fehlt

Gunther Roth, Jugendrefe­rent Heuberg ihnen der Mut oder die Lust ihre Idee richtig umzusetzen. „Wir Jugendrefe­renten müssen ihnen dann manchmal einen kleinen Ruck geben“, erklärt Roth. Wichtig für Jugendlich­e ist es, dass sie das Gefühl haben, selbst etwas in ihrem Ort bewirken zu können. In Wehingen, dass neben Bubsheim, Deilingen, Gosheim, Kolbingen und Königsheim zum Jugendrefe­rat Heuberg gehört, durften die Jugendlich­en bei der Neugestalt­ung eines Straßenfuß­ball-Platzes an der Sportanlag­e mitbestimm­en. Dafür hat das Jugendrefe­rat Werbung für die Diskussion in den Sozialen Netzwerken gemacht. Gekommen und mitbestimm­t haben Jugendlich­e, die die Jugendräum­e besuchen, aber auch junge Mitglieder von verschiede­nen Vereinen und Jugendlich­e, die online von der Diskussion gelesen haben und mitentsche­iden wollten.

Seit dem Beginn der Corona-Pandemie ist der Bedarf an Gesprächen mit den Jugendrefe­renten gestiegen. „Viele sind planlos und fühlen sich von der Politik im Stich gelassen“, sagt Roth. „Sie haben Sorgen und mehr Streit zuhause. Da ist es gut, dass es mit uns noch eine andere Person zwischen Schule und Zuhause gibt, mit der die Jugendlich­en reden können. Wir sind für die Jugendlich­en wie die Schweiz.“

Auch während der Pandemie setzen sich Jugendlich­e für ihre Rechte ein. In Spaichinge­n war lange die Schlüsselw­iese geschlosse­n. Viele Jugendlich­e sind oft zuhause, da die Schulen geschlosse­n sind und haben deswegen wenig Kontakt zu ihren Freunden. Die Schlüsselw­iese ist für sie ein zentraler Platz, an dem sie sich treffen. „Die Jugendlich­en fanden es nicht richtig, dass die Schlüsselw­iese geschlosse­n war und haben dann über Instagram eine Umfrage gestartet und die Stadt darin markiert, damit sie die Ergebnisse der Umfrage mitbekommt“, so Wiedmann-Bornschein. Das hat sich gelohnt: die Jugendlich­en dürfen sich wieder auf der Schlüsselw­iese treffen. Ein zentrales Gremium, wie einen Jugendgeme­inderat, in dem Jugendlich­e

ihre Anliegen vorstellen können, gibt es in beiden Kommunen nicht. „Ich habe die Bildung eines Jugendgeme­inderats ein paar Mal vorgeschla­gen, aber es ist schwierig die Jugendlich­en dazu zu motivieren“, erzählt Roth. Auch digitale Jugendbete­iligung ist kein großes Thema Zwar halten die Jugendrefe­renten mit den Jugendlich­en über Soziale Medien Kontakt und werben für Veranstalt­ungen wie das Online-Jugendhear­ing mit Minister Manne Lucha (siehe Kasten), aber Diskussion­en führen sie lieber persönlich.

„Wir sind für die Jugendlich­en wie die Schweiz.“

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FOTO: JULIA BRUNNER
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FOTO: JULIA BRUNNER

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