Jugendliche wollen mitentscheiden
Junge Spaichinger und Heuberger setzen sich für ihre Interessen ein.
- Es gibt in den Gemeinden des Primtals und des Heubergs keine Jugendgemeinderäte. Trotzdem finden Jugendliche Gehör in ihren Kommunen. Während der Corona-Pandemie, in der die Jugendlichen lange auf ihre Familien beschränkt bleiben mussten, war das Bedürfnis nach Kontakt zu den Jugendreferaten besonders groß – und das Bedürfnis, trotz der öffentlichen „Unsichtbarkeit“gehört zu werden.
Die Möglichkeiten, mit denen Jugendliche in die Umsetzung von Projekten einbezogen werden können, sind vielfältig. Die Skater und Scooter-Fahrer durften mitentscheiden, welche zwei neuen Skate-Elemente im Herbst vorigen Jahres auf der Freizeitanlage an der Schlüsselwiese angebracht werden sollten. „Im Idealfall sollten Jugendliche bei Entscheidungen, die sie betreffen mitbestimmen. Immerhin sind sie die Spezialisten für ihre Lebensphase“, sagt Antje Wiedmann-Bornschein vom Stadtjugendreferat Spaichingen. Sie habe zwar in einem Katalog nach Elementen für die Skate-Anlage auf der Schlüsselwiese geschaut, bei der Auswahl war es aber wichtig, die Skater und Scooter-Fahrer, die die Anlage benutzen, miteinzubeziehen. „Ich skate ja nicht“, erklärt Wiedmann-Bornschein. „Bei der Auswahl für ein Skate-Element ist aber auch das Können der Skater wichtig und muss beachtet werden.“
Von den Skatern selbst kam auch ein konkreter Wunsch zur Änderung der Nutzungsordnung: sie wollten, dass der Skateplatz erst für Kinder ab einem Alter von acht Jahren freigegeben wird. Das hat die Stadt aufgegriffen und umgesetzt. Die beiden Skate-Elemente hat sich die Stadt 93 000 Euro kosten lassen . Jugendbeteiligung ist der Stadt wichtig, ein konkretes Budget für die Jugend hat Spaichingen aber nicht.
Auf dem Heuberg freuen sich die Jugendreferenten darüber, dass die Bürgermeister die Meinungen von Jugendlichen hören wollen. Das Budget, mit dem die einzelnen Gemeinden Projekte für Jugendliche unterstützen, ist unterschiedlich. „Über finanzielle Unterstützung muss man sich keine Sorge machen, da der Gemeindeverwaltungsverband Heuberg gerne aushilft, wenn ein Vorhaben gut begründet ist“, sagt Gunther Roth, der zusammen mit Katharina Haas als Jugendreferent am Heuberg tätig ist. Jugendliche haben mehrere Möglichkeiten, wie sie ihre Ideen in der Gemeinde einbringen können: sie können sich in Bürgerfragestunden an den Gemeinderat wenden, mit den Jugendreferenten reden oder über Soziale Medien eine Anfrage an die Stadt stellen. Auf dem Heuberg kommen junge Menschen bis zum Alter von 27 Jahren in die Jugendhäuser und -räume. Je jünger sie sind, desto mehr kommen sie zu den Jugendreferenten, wenn sie Probleme oder Ideen für ein Projekt haben.
„Die Jugendlichen können einen Termin mit uns ausmachen und wir reden dann über ihre Idee“, erzählt Gunther Roth. Gemeinsam mit den Jugendlichen plant er, wie die Idee umgesetzt werden kann und nimmt dann mit dem Rathaus Kontakt auf. „Es sind viele umsetzbare Ideen von den Jugendlichen dabei, aber manchmal kommt dann auch so etwas wie „Wir wollen einen McDonalds auf dem Heuberg“und das geht dann natürlich nicht“, so Roth.
Ideen, wie ein Aufenthaltsplatz für Jugendliche im Freien und Außen-Fitnessgeräte seien da eher umsetzbar. Wenn eine Idee der Jugendlichen im Rathaus behandelt wird, lädt der Gemeinderat die Jugendlichen ein, um das Thema mit ihnen zu besprechen. „Wir gehen dann immer gemeinsam als geschlossenes Team hin“, sagt Roth. Oft haben Jugendliche gute Ideen, aber manchmal fehlt
Gunther Roth, Jugendreferent Heuberg ihnen der Mut oder die Lust ihre Idee richtig umzusetzen. „Wir Jugendreferenten müssen ihnen dann manchmal einen kleinen Ruck geben“, erklärt Roth. Wichtig für Jugendliche ist es, dass sie das Gefühl haben, selbst etwas in ihrem Ort bewirken zu können. In Wehingen, dass neben Bubsheim, Deilingen, Gosheim, Kolbingen und Königsheim zum Jugendreferat Heuberg gehört, durften die Jugendlichen bei der Neugestaltung eines Straßenfußball-Platzes an der Sportanlage mitbestimmen. Dafür hat das Jugendreferat Werbung für die Diskussion in den Sozialen Netzwerken gemacht. Gekommen und mitbestimmt haben Jugendliche, die die Jugendräume besuchen, aber auch junge Mitglieder von verschiedenen Vereinen und Jugendliche, die online von der Diskussion gelesen haben und mitentscheiden wollten.
Seit dem Beginn der Corona-Pandemie ist der Bedarf an Gesprächen mit den Jugendreferenten gestiegen. „Viele sind planlos und fühlen sich von der Politik im Stich gelassen“, sagt Roth. „Sie haben Sorgen und mehr Streit zuhause. Da ist es gut, dass es mit uns noch eine andere Person zwischen Schule und Zuhause gibt, mit der die Jugendlichen reden können. Wir sind für die Jugendlichen wie die Schweiz.“
Auch während der Pandemie setzen sich Jugendliche für ihre Rechte ein. In Spaichingen war lange die Schlüsselwiese geschlossen. Viele Jugendliche sind oft zuhause, da die Schulen geschlossen sind und haben deswegen wenig Kontakt zu ihren Freunden. Die Schlüsselwiese ist für sie ein zentraler Platz, an dem sie sich treffen. „Die Jugendlichen fanden es nicht richtig, dass die Schlüsselwiese geschlossen war und haben dann über Instagram eine Umfrage gestartet und die Stadt darin markiert, damit sie die Ergebnisse der Umfrage mitbekommt“, so Wiedmann-Bornschein. Das hat sich gelohnt: die Jugendlichen dürfen sich wieder auf der Schlüsselwiese treffen. Ein zentrales Gremium, wie einen Jugendgemeinderat, in dem Jugendliche
ihre Anliegen vorstellen können, gibt es in beiden Kommunen nicht. „Ich habe die Bildung eines Jugendgemeinderats ein paar Mal vorgeschlagen, aber es ist schwierig die Jugendlichen dazu zu motivieren“, erzählt Roth. Auch digitale Jugendbeteiligung ist kein großes Thema Zwar halten die Jugendreferenten mit den Jugendlichen über Soziale Medien Kontakt und werben für Veranstaltungen wie das Online-Jugendhearing mit Minister Manne Lucha (siehe Kasten), aber Diskussionen führen sie lieber persönlich.
„Wir sind für die Jugendlichen wie die Schweiz.“