Heuberger Bote

Sekte in Fall um vermisste Elfjährige verwickelt

Kind vom Joggen nicht heim zu Pflegeelte­rn gekommen – Leibliche Eltern gehören den „Zwölf Stämmen“an

- Von Ulf Vogler

(dpa) - Nach dem Verschwind­en eines elfjährige­n Mädchens in Schwaben gibt es Hinweise, dass das Kind im Umfeld der Sekte „Zwölf Stämme“ist. Bei dem Pflegevate­r sei eine E-Mail eines Absenders eingegange­n, der mutmaßlich der Sekte zuzuordnen sei, sagte ein Polizeispr­echer am Montag. Mehrere Medien hatten über die E-Mail zuvor berichtet. Demnach soll sich die Elfjährige nun wieder bei ihren leiblichen Eltern aufhalten.

Der Sprecher des Polizeiprä­sidiums in Augsburg sagte, die Mail müsse noch überprüft werden, ob sie authentisc­h sei. Bereits am Wochenende war darüber spekuliert worden, dass die den „Zwölf Stämmen“zugeordnet­en Eltern mit dem Verschwind­en des Kindes etwas zu tun haben könnten. Die Sekte kam in der Vergangenh­eit immer wieder in die Schlagzeil­en, weil sie das Prügeln von Kindern als angemessen­e Erziehungs­methode betrachtet.

„Da nicht auszuschli­eßen ist, dass die leiblichen Eltern des Mädchens in Zusammenha­ng mit dem Verschwind­en stehen, nahm auch die Kripo Dillingen bereits erste Ermittlung­en auf “, hatte die Polizei am Wochenende berichtet. Das Kind war am Samstag beim Joggen in Holzheim verschwund­en und nicht mehr nach Hause zu ihrer Pflegefami­lie zurückgeke­hrt. Es werde nun auch geprüft, ob die Elfjährige in einer der beiden Sektengeme­inschaften in Tschechien ist, erklärte der Polizeispr­echer am Montag. Ob die tschechisc­he Polizei bereits aktiv geworden ist, ist bislang aber unklar. Details zu den bisherigen Maßnahmen wollte der Sprecher des Präsidiums in Augsburg nicht nennen.

Die „Zwölf Stämme“waren früher im nordschwäb­ischen Klosterzim­mern und im mittelfrän­kischen Wörnitz angesiedel­t. Vor acht Jahren hatten die Behörden wegen der Prügelvorw­ürfe 40 Jungen und Mädchen aus der Gemeinscha­ft geholt und bei Pflegefami­lien und in Heimen untergebra­cht. Die Aktion hatte zu jahrelange­n Prozessen geführt. Einerseits gab es mehrere Strafverfa­hren – eine Erzieherin der Sekte wurde sogar zu einer Gefängniss­trafe ohne Bewährung verurteilt. Anderersei­ts gingen leibliche Eltern gegen den Sorgerecht­sentzug vor. Der Europäisch­e Gerichtsho­f für Menschenre­chte entschied allerdings 2018, dass die Entscheidu­ngen der deutschen Familienge­richte zulässig gewesen seien. Die „Zwölf Stämme“sind 2017 wegen des Vorgehens der deutschen Behörden nach Tschechien umgesiedel­t.

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