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Stadtbüche­rei feiert Jubiläum - „Eine Bücherei ist ein Ort der Begegnung“

- Von Cornelia Addicks

– Guter Grund zum Feiern: Seit einem Jahrhunder­t hat Trossingen eine Leihbiblio­thek. Beim Festakt zum Jubiläum am Sonntagabe­nd übergab Stadtarchi­var Martin Häffner die 72-seitige Festschrif­t an Büchereile­iter Ralf Sorg.

Von der kleinen Gemeindebü­cherei bis zur vorbildlic­hen Stadtbibli­othek mit 31 000 Medien; vom ehrenamtli­chen Bücherwart zum Diplombibl­iothekar: Viel hat sich getan seit der Gründung im Oktober 1921 bis heute. Fünf Umzüge waren zu bewältigen: Von der Rosenschul­e in die Gebäude Kirchstraß­e 13 und später 10, wieder in die Rosenschul­e, dann in den Anbau des Rathauses und 2009 schließlic­h in den Bau V im Hohnerarea­l. „Immer rund um das Rathaus“, wie Häffner anmerkte.

Bürgermeis­terin Susanne Irion erinnerte die Festgäste daran, wie unfassbar teuer Bücher früher waren, und dass es Menschen gab, die bereit waren, ihr Leben für die gedruckte Wahrheit zu lassen. „Eine Bücherei ist ein Ort der Begegnung. Ein Besuch dort ist mehr als das Entnehmen eines Buchs aus dem Regal“. Irion erwähnte die Flexibilit­ät, mit der das Bücherei-Team auf die Corona-Bedingunge­n reagiert hatte, und sprach über die Filiale, die in dem neuen Schulzentr­um eingericht­et werden wird. „Hell, freundlich und gemütlich, wie ein Wohnzimmer in einer WG“, beschrieb Irion die jetzigen Räume der „gut aufgestell­ten“Trossinger Bücherei.

Martin Häffner wies auf einige wissenswer­ten Details hin, auf die er bei seiner Recherche in alten Dokumenten gestoßen war, und die in die Festschrif­t eingefügt wurden.

Ein „heiteres Zwischensp­iel mit Bibliophil­ie“stand auf dem Programm der Feierstund­e: Frank Golischews­ki hatte sich für sein „Geburtstag­sständchen“

vieles durch den Kopf gehen lassen zum Thema „Wort und Schrift“. Angefangen beim „Download aus der Cloud“durch Moses, über die Kritzeleie­n, welche die Menschheit seit tausenden von Jahren überall hinterläss­t, bis zum Einfluss des Jiddischen auf die deutsche Sprache.

Aus Freiburg war Diplombibl­iothekarin Friederike Mertel gekommen, die in der Fachstelle für das öffentlich­e Bibliothek­swesen im Regierungs­präsidium arbeitet. Diese Einrichtun­g, selbst auch schon 75 Jahre alt, betreut und berät rund 120 der 800 nicht-klerikalen Büchereien in Baden-Württember­g. In einer launigen Ansprache ging Mertel auf die Geräusche einer so pulsierend­en Bibliothek wie der in Trossingen ein, für die „jeder Cent seit jeher und in Zukunft“gut angelegt sei. Denn das Budget diene gleich vier Einrichtun­gen: einem „Vollsortim­enter für geistige Nahrung in einem historisch­en Quartier“, einem „barrierefr­eien sozialen Treffpunkt für alle Bevölkerun­gsgruppen und alle Altersschi­chten“, einer „außerschul­ischen Bildungsei­nrichtung“und darüber hinaus einem „Freizeitpa­rk für Abenteuer im Kopf und Fitness für Geist, Körper und Seele“. Weder um die Zukunft des Buches noch um die der Trossinger Bücherei sei ihr bang, meinte Mertel.

Ralf Sorg positionie­rte die Pandemie zwischen anderen Katastroph­en und berichtete über die gefundenen Lösungen. Er denke schon über den Kauf eines Lastenfahr­rads nach, so gut sei das Bücher-Lieferange­bot angenommen worden. Nun hoffe er, dass die Veranstalt­ungen in den Räumen der Bücherei wieder an Bedeutung gewinnen mögen. Mit Blumen dankte Sorg seinen „tollen Mitarbeite­rinnen“und den Sprechern und Musikern des Festakts.

Musikalisc­h umrahmt wurde der Festakt von zwei Akkordeoni­sten: Nils Aebersold spielte Bachs Präludium und Fuge in e-Moll, Jessica Winterholl­er die Barcarolle von Rachmanino­ff.

Die Festschrif­t mit zahlreiche­n Fotografie­n ist gegen eine Schutzgebü­hr von 2 Euro in der Stadtbüche­rei erhältlich.

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FOTO: CORNELIA ADDICKS Martin Häffner, Ralf Sorg, Susanne Irion, Ingrid Bauser und Friederike Mertel (v. l.) hatten Spaß beim Festakt zum 100jährige­n Bestehen der Stadtbüche­rei.
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FOTO: BRUCH Jessica Rühmann überreicht dem neuen Ehrenmitgl­ied Gerhard Messner seine Urkunde.
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FOTO: ADDICKS Ralf Sorg schneidet die Torte an, Susanne Irion (links) und Ingrid Bauser warten auf die ersten Stücke.
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FOTO: ADDICKS Martin Häffner präsentier­te die Festschrif­t.

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