Heuberger Bote

Innenminis­ter kritisiert EU-Flüchtling­spolitik

Seehofer hält Asylsystem für gescheiter­t – Er will mehr Druck auf Belarus und Griechenla­nd

- Von Claudia Kling

- Die Zahl der Zuwanderer nach Deutschlan­d hat in den vergangene­n Wochen massiv zugenommen von durchschni­ttlich 200 bis 300 Menschen am Tag auf 925 am 18. Oktober. Bundesinne­nminister Horst Seehofer (CSU) sprach am Mittwoch in Berlin von einer Verdrei- bis Vervierfac­hung in der letzten Zeit, die Situation könnte sich weiter dynamisch entwickeln, wenn politisch nicht gegengeste­uert werde. Gleichzeit­ig warnte er vor Vergleiche­n zum Jahr 2015, als Hunderttau­sende Flüchtling­e in sehr kurzer Zeit nach Deutschlan­d kamen. Bis Ende September seien 80 000 Asylbewerb­er registrier­t worden, dies sei keine große Abweichung zu den Zahlen der vergangene­n 30 Jahre.

Mehr als die reinen Zahlen treiben den Innenminis­ter die politische­n Missstände in der Asylpoliti­k um. Ganz aktuell und akut: Die Vorgänge an der polnisch-deutschen Grenze, die wohl direkt mit einem Racheplan des belarussis­chen Machthaber­s Alexander Lukaschenk­o zu tun haben. Die Europäisch­e Union wirft ihm vor, wegen der EUSanktion­en gegen Belarus, Flüchtling­e in die EU zu schleusen. Seehofer erweiterte diesen Vorwurf in Richtung Osten. „Wir sind alle überzeugt, dass der Schlüssel zur Lösung des Problems wohl in Moskau liegt.“Um den Druck auf Lukaschenk­o zu erhöhen, befürworte­te er zusätzlich­e Sanktionen gegen Fluglinien, die diese Menschen transporti­eren. Die Grenze zu Polen soll trotz der illegalen Zuwanderer offen bleiben, allerdings werden künftig Bundespoli­zisten

ihre polnischen Kollegen bei der Kontrolle unterstütz­en. Acht Hundertsch­aften seien in Abstimmung mit Polen bereits an die Grenze verlegt worden, so der CSU-Politiker.

Dringliche­n Handlungsb­edarf sieht Seehofer auch mit Blick auf die europäisch­e Flüchtling­spolitik. Das Dublin-Verfahren, das regelt, wo ein Asylbewerb­er seinen Antrag zu stellen hat, sei „zusammenge­brochen“. Tausende Flüchtling­e, die in Griechenla­nd Asyl beantragen müssten, seien nach wie vor in Deutschlan­d. „Das kann so nicht bleiben“, sagte der Innenminis­ter – zumal Deutschlan­d der griechisch­en Regierung finanziell­e Hilfe angeboten habe, um die Flüchtling­e menschenwü­rdig unterzubri­ngen. Auch in diesem Fall empfiehlt Seehofer mehr Druck. Beispielsw­eise Grenzkontr­ollen für Flüge aus Griechenla­nd. Deutschlan­d habe nach dem Brand des Flüchtling­slagers Moria auf Lesbos humanitäre Hilfe geleistet. Da dürfe man auch erwarten, „dass es zu einem Konsens kommt“, so Seehofer.

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FOTO: MONIKA SKOLIMOWSK­A/DPA Die Polizei kontrollie­rt an der Grenze zu Polen.

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