Der Maskenmann kehrt zurück
„Halloween Kills“mit vielen Toten, einigen Schwächen in der Handlung und sparsamen Auftritten von Jamie Lee Curtis
Dereinst bei den Kelten hatte Halloween neben dem Dank für die Ernte vor allem einen Zweck: böse Geister zu vertreiben. Auf der Kinoleinwand hat das Fest heutzutage genau die gegenteilige Wirkung: Hier tummeln sich im Laufe des Oktobers zunehmend Untote und Massenmörder. Auf Michael Myers trifft beides zu. Zwar ist der mordende Mann mit der Maske kein übersinnliches Wesen, im Kino aber schlicht nicht totzukriegen.
„Halloween Kills“ist bereits der zwölfte Film der Reihe und darin der zweite Teil einer als Trilogie angekündigten Fortsetzung. Und wie bei vielen Horror- und Schlitzerfilmen gilt auch hier: Verbrechen zahlt sich aus. Denn den oft geringen Produktionskosten, literweise Kunstblut eingeschlossen, stehen teils beachtliche Einspielergebnisse gegenüber. So erwirtschaftete der vor drei Jahren erschienene letzte „Halloween“-Film stolze 250 Millionen US Dollar – und das bei einem Budget von rund 10 Millionen Dollar.
Dabei hatte es sich um einen wiederholten Neustart der Serie gehandelt, dessen Handlung direkt an den ersten Film von John Carpenter aus dem Jahre 1978 anknüpfte, und alle dazwischen liegenden Folgen ignoriert. Für Regie und Drehbuch zeichnete vor drei Jahren und diesmal auch David Gordon Green verantwortlich – keine allzu nahe liegende Wahl, hatte dieser doch zuvor vor allem mit reduzierten Indie-Dramen („Prince Avalanche“) und Kiffer-Komödien („Pineapple Express“) auf sich aufmerksam gemacht. Doch hier konnte er mit einer geradlinig inszenierten, bedrohlichen Atmosphäre und gelegentlichen ironischen Anspielungen punkten sowie vor allem mit der Rückkehr der Hauptdarstellerin aus den ersten Teilen. Jamie Lee Curtis hatte seinerzeit mit dem Überraschungserfolg ihren großen Durchbruch gefeiert.
Nachdem ihre Figur Laurie Strode seinerzeit dem mörderischen Nachbarsjungen entkommen war, bereitete sie sich die folgenden 40 Jahre auf seine Rückkehr vor. Mit gutem Grund, denn nachdem Myers (gespielt von Originaldarsteller Nick Castle sowie James Jude Courtney) all die Jahre stumm in einer schwer bewachten psychiatrischen Einrichtung verbracht hatte, gelingt ihm bei einem Gefangenentransport die Flucht.
Der Mann, der als Kind schon seine Schwester getötet hatte, streifte schnell wieder die ikonische Maske über und packte das Messer aus. Erneut wurde die Kleinstadt Haddonfield darauf einer Mordserie ausgesetzt, aber dieses Mal sah sich Myers geballter Frauenpower gegenüber. Denn auch wenn sie sich über die Jahre entfremdet hatten, vereinte Laurie schließlich ihre Kräfte mit Karen (Judy Greer) und Enkelin Allyson (Andi
Matichak) und bereitete dem Mörder schließlich den Flammentod.
So sah es zumindest aus. Aber in bester Horror-Tradition zeigt die Fortsetzung zu Beginn, wie Myers doch den Flammen entkommen ist und sich bei dem Feuerwehrteam, das ihn rettete, mit beherztem Axt-Einsatz revanchiert. Konnte man die Opfer der letzten Folge noch locker an einer Hand abzählen, macht der „Bodycount“, also die Zahl der Todesfälle im neuesten Teil dem Titel „Halloween Kills“alle Ehre und wird auf rund 30 beziffert. Fans des Genres goutieren dabei besonders grauslige und ausgefallene Tötungsarten und dürften bei dem blutigen Treiben sicher auf ihre Kosten kommen.
Was wird aber Zuschauern geboten, die an den Filmen eher die unheimliche Atmosphäre schätzen, die sich aus der so unerklärlichen wie unaufhaltsamen Verkörperung des Bösen speist? Hier fällt die Bilanz recht gemischt aus. Myers dieses Mal von Brandspuren gezeichnete Maske verfehlt weiterhin ihre Wirkung nicht,
Green gelingen einige eindringliche Bilder und „Halloween“-Erfinder John Carpenter hat mit Sohn Cody einmal mehr einen hervorragenden elektronischen Soundtrack komponiert.
Zudem gibt es einiges an Fanservice mit Anspielungen an frühere Teile. Selbst die Masken aus „Halloween 3“, in dem Myers gar nicht vorkam, tauchen wieder auf. Allerdings beraubt sich die Fortsetzung einer der großen Stärken des direkten Vorgängers und verfrachtet Laurie, also Jamie Lee Curtis, fast den gesamten Film über ins Krankenhaus, wo sie nicht viel mehr zu tun hat, als sich Sorgen zu machen.
Stattdessen tritt ein breites Ensemble auf, das sich teils aus Überlebenden der Vorgänge im allerersten Film speist. Diese treffen sich jährlich an Halloween, um an die Vergangenheit zu erinnern. Als sie mitbekommen, dass Myers erneut einen Feldzug gestartet hat, organisieren sie eine Gegenwehr. Hier versucht sich der Film wohl an einer politischen Botschaft, wenn die rasant wachsende Mob-Mentalität samt Schlachtruf gezeigt wird. Aber das Ergebnis fällt dann doch eher platt aus – und Michael freut sich über den Nachschub an frischen Opfern.
Ein wenig liegt die Schwäche auch in der Natur des Films, der von vornherein als zweiter Teil einer Trilogie angekündigt wurde. Der Abschluss soll kommendes Jahr folgen. So wird niemand erwarten, dass der Spuk diesmal ein Ende findet. Und wenn der als „Halloween Ends“angekündigte dritte Teil wieder erfolgreich wird, sollte man sich noch auf so manches Halloween in Gesellschaft des Maskenmanns einstellen.
Halloween Kills.
Regie: David Gordon Green. Mit: Jamie Lee Curtis, Judy Greer, Andi Matichak. USA 2021, 105 Minuten.