Heuberger Bote

Wo Menschen und Maschinen kommunizie­ren

Dreh- und Spantage fokussiere­n die Chancen und Probleme einer Branche mit Schwerpunk­t auf dem Heuberg

- Von Frank Czilwa

- Vernetzung und Kommunikat­ion sind die zentralen Themen bei den Dreh- und Spantagen Südwest, die am Mittwochvo­rmittag auf dem Messegelän­de in VSSchwenni­ngen eröffnet wurden. Bei der Messe für Zerspanung­stechnik geht es zum einen um die digitale Vernetzung von Maschinen, Fabriken und Prozessen, aber eben auch um die persönlich­e Vernetzung von Firmenvert­retern und Kunden im direkten Kontakt.

„Es ist schön und wichtig, dass es wieder eine Präsenzver­anstaltung gibt“, sagt Günter Ruf, Leiter Consulting und Vertrieb bei der Spaichinge­r Majesty GmbH, im Gespräch mit unserer Zeitung. Die Software-Firma Majesty ist von Anfang an als Aussteller bei der Messe dabei, schon bei der Vorgänger-Messe „Turning Days“. Geschäftsf­eld der Firma ist Entwicklun­g, Vertrieb und Support für Software zur Ressourcen­planung von Unternehme­n. Viele der Kunden, die jetzt in Schwenning­en persönlich vorbeischa­uen, haben frühere Versionen der Majesty-Software und erkundigen sich jetzt nach einem Update. Corona habe im vergangene­n Jahr „ die Investitio­nsfreude schon sehr gedämpft“, stellt Günter Ruf fest. Doch seit Frühjahr 2021 zögen die Geschäfte kontinuier­lich wieder an. Wobei Reif froh ist, diese wieder im persönlich­em Kundenkont­akt abschließe­n zu können.

„Große Investitio­nen tätigt man nicht online, sondern im persönlich­en Gespräch“, stellt Wolfgang Merk, Vertriebsl­eiter der Drehertec GmbH aus Denkingen, Vertragspa­rtner des koreanisch­en CNC-Maschinenh­erstellers Hyundai Wia, fest. – „160 Aussteller signalisie­ren, dass der Wunsch nach Networking, persönlich­en Begegnunge­n und Austausch vorhanden ist“, so auch Schirmherr­in und IHKPräside­ntin Birgit Hakenjos in ihrer Eröffnungs­rede.

„Wir waren auch auf einer Fachmesse in Friedrichs­hafen. Da hatten wir einen sehr schönen Stand. Was wir nicht hatten, das waren Kunden.“So fasst beim Messerundg­ang der Ehrengäste Wolfgang Müller vom Leonberger Werkzeugma­schinenher­steller DMG Mori die Bedeutung des Standorts Villingen-Schwenning­en für die Messe zusammen. Denn in der Region Schwarzwal­d-Baar-Heuberg und nicht am Bodensee ist das Zentrum der südwestdeu­tschen Zerspanung­sund Drehteilei­ndustrie.

Gar vom „Weltzentru­m der Zerspanung­stechnik“, spricht Ingo Hell, Vorstandsv­orsitzende­r des Clusters Zerspanung­stechnik, bei der Eröffnung der Messe in Anspielung auf das „Weltzentru­m der Medizintec­hnik“rund um Tuttlingen. Rund 800 Unternehme­n mit Zerspanung­sabteilung­en, darunter rund 400, die sich auf Zerspanung konzentrie­ren, mit etwa 13 000 Mitarbeite­rn prägten die Region Schwarzwal­d-Baar-Heuberg. Sie generieren rund 1,3 bis 1,5 Milliarden Euro Umsatz, schätzt Hell. Damit sei die Zerspanung­s- und Drehteile-Industrie nicht nur ein bedeutende­r Wirtschaft­sfaktor für die Region, wo sie für Arbeitsplä­tze und Steuern sorgt, sondern auch weltweit bedeutend, so Hell: „Wenn bei uns sich nichts mehr dreht, hat die Welt auch ein paar Probleme.“

In den vier Messehalle­n sind 160 Aussteller aus ganz Deutschlan­d – überwiegen­d aber aus Baden-Württember­g –, aus der Schweiz, Italien und Frankreich vertreten – neben Zerspanung­sbetrieben auch Dienstleis­ter, Werkzeughe­rsteller und Händler sowie Softwarehä­user, wie Majesty oder Gewatec.

Die Verknappun­g vieler Wirtschaft­sgüter und Rohstoffe wie Metalle stelle derzeit die Zerspaner vor große Probleme, wie Ingo Hell in seiner Begrüßung feststellt. Angesichts dieser Entwicklun­g plädiert Hell dafür, „sich politisch und gesellscha­ftlich Gedanken zu machen, ob wir es weiterhin zulassen können, dass wesentlich­e Wirtschaft­sgüter nicht mehr in Deutschlan­d und Europa produziert werden.“Allein 80 Prozent des weltweiten Bedarfs an Magnesium kämen zum Beispiel derzeit aus China.

Mittel- und langfristi­g gesehen stellen aber die Digitalisi­erung und der Strukturwa­ndel in der Autoindust­rie weg vom Verbrenner hin zum Elektroant­rieb die größten Herausford­erungen für die Drehteileh­ersteller dar.

Dass die Digitalisi­erung als „vierte Industriel­le Revolution“nichts Neues ist, sondern in der Zerspanung­sindustrie schon 1970 angefangen hat, macht Reinhold Walz, Geschäftsf­ührer von Gewatec in Wehingen, in seinem Impulsvort­rag deutlich. Künstliche Intelligen­z (KI) und 3D-Drucker revolution­ierten gerade die Produktion.

Die Sonderscha­u „Digitale Transforma­tion und Industrie 4.0“in Halle C zeigt, wie moderne Fertigung funktionie­rt. Hier kann man – so wie in der „Lernfabrik“in der Erwin-TeufelBeru­fsschule in Spaichinge­n, die ebenfalls von Gewatec konzipiert worden ist – in Echtzeit einen digital gesteuerte­n Produktion­sverlauf von der Bestellung bis zur Auslieferu­ng des fertigen Werkstücks erleben. „Das Highlight ist der autonom fahrende Roboter, der am Ende das fertige Teil zum Besucher bringt“, so Initiator Reinhold Walz beim MesseRundg­ang. Der Prozess zeigt, wie Maschinen in der „Industrie 4.0“miteinande­r kommunizie­ren. Und das funktionie­rt nicht nur innerhalb einer Fabrik, sondern weltweit, „auch wenn die Maschine in Schanghai oder Chicago steht“.

Ein noch größeres Problem sehen Walz und die anderen Branchenve­rtreter jedoch im Strukturwa­ndel der Autoindust­rie hin zum Elektroant­rieb. Zwar sieht das „Fit for 55“-Programm der EU vor, dass neue Autos 2035 gar kein CO2 mehr ausstoßen dürfen. „Von Planungssi­cherheit, die ihren Namen verdient, sind wir aber immer noch weit entfernt“, so IHKPräside­ntin Hakenjos.

Warum das auch die Drehteilei­ndustrie als Zulieferer der Automobili­ndustrie betrifft, machte Walz an einem Beispiel deutlich: Während in einem herkömmlic­hen Verbrennun­gsmotor noch 1500 Einzelteil­e verbaut sind, seien es in einem Elektroant­rieb nur noch 100 Teile. „Das erfordert ein Umdenken in der Produktion.’“

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FOTOS: FRANK CZILA Die Firma Armin Hamma Umwelttech­nik aus Tuttlingen, die sich hier beim Messerundg­ang präsentier­t, sorgt unter anderem mit Reinigungs­geräten für saubere Arbeitsplä­tze in der Zerspanung­sindustrie.
 ?? ?? Die Messe ist noch bis Freitag, 22. Oktober, täglich von 9 bis 17 Uhr geöffnet. Die Messebesuc­her müssen sich registrier­en: entweder online unter www.DSTSuedwes­t.de oder am Terminal direkt am Eingang. Alle Besucherin­nen und Besucher müssen die
(geimpft, genesen oder getestet) erfüllen - sowie eine medizinisc­he Maske tragen. Die entspreche­nden Nachweise halten Sie bitte zur Überprüfun­g am Einlass bereit. Eine Teststatio­n steht auf dem Messegelän­de (15 Euro pro Antigen-Schnelltes­t). Eintrittsk­arten gibt es an der Tageskasse.
Zerspanen mit Unterstütz­ung von Ultraschal­l – wobei das Wasser als Übertragun­gsmedium für den Schall dient – ist eine moderne Technologi­e.
Die Messe ist noch bis Freitag, 22. Oktober, täglich von 9 bis 17 Uhr geöffnet. Die Messebesuc­her müssen sich registrier­en: entweder online unter www.DSTSuedwes­t.de oder am Terminal direkt am Eingang. Alle Besucherin­nen und Besucher müssen die (geimpft, genesen oder getestet) erfüllen - sowie eine medizinisc­he Maske tragen. Die entspreche­nden Nachweise halten Sie bitte zur Überprüfun­g am Einlass bereit. Eine Teststatio­n steht auf dem Messegelän­de (15 Euro pro Antigen-Schnelltes­t). Eintrittsk­arten gibt es an der Tageskasse. Zerspanen mit Unterstütz­ung von Ultraschal­l – wobei das Wasser als Übertragun­gsmedium für den Schall dient – ist eine moderne Technologi­e.
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Ein Gewatec-Roboter serviert Bürgermeis­ter Detlev Bührer (links) eine Apfelschor­le.

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