Heuberger Bote

Ärger um private Senioren-Projekte

Pflegedien­st AKA muss sich einen neuen Standort in Immendinge­n suchen

- Von Anja Schuster

- Immendinge­n will seine Ortsmitte attraktive­r gestalten und hat dafür eine Veränderun­gssperre auf den Weg gebracht. Die Folge: Der Pflegedien­st AKA-Team Berling GmbH (AKA) kann sein geplantes Tagespfleg­e-Vorhaben im ehemaligen Daimler Forum nicht umsetzen. Nun werden Vorwürfe laut, die Verwaltung würde bei privaten Bauvorhabe­n Unterschie­de machen. Auch, weil die Ehefrau von Bürgermeis­ter Manuel Stärk bei Projektent­wickler Adventus arbeitet. Dieser bestreitet einen Zusammenha­ng.

In der Immendinge­r Ortsmitte, visa-vis vom Rathaus, entsteht derzeit das Projekt „Wohnen am Schloss“– betreutes Wohnen mit Tagespfleg­e. Der Grundstein dafür wurde schon vor vielen Jahren gelegt. Bereits im Jahr 2016 habe man ein Gemeindeen­twicklungs­konzept für die Ortsmitte auf den Weg gebracht, denn „die hat ihre Defizite“, so Stärk. Für die Fläche, auf der nun das Wohnprojek­t entsteht, habe es viele Ideen gegeben, die aber alle verworfen wurden. Für einen Lebensmitt­elmarkt sei die Fläche zu klein, weil es nicht ausreichen­d Parkmöglic­hkeiten gebe, für eine reine Wohnbebauu­ng zu schade, so Stärk, der damals noch nicht Bürgermeis­ter, sondern Hauptamtsl­eiter war. „Weil es so zentral liegt, wollte man da einen echten Wert schaffen.“Am Ende habe dann die Idee gestanden, ein betreutes Wohnen samt Tagespfleg­e zu konzipiere­n. „Das gab es in Immendinge­n noch nicht.“

Klar sei gewesen, so Stärk, dass man den örtlichen Pflegedien­stleister AKA „als natürliche­n Betreiber“gesehen und in die Realisieru­ng mit einbezogen habe. „Alles ging seinen Gang, bis es bei AKA einen Wechsel in der Geschäftsf­ührung gegeben hat und sie sich nach drei Jahren aus dem Geschäft verabschie­det haben“, sagt Stärk. Für ihn eine nicht nachvollzi­ehbare Entscheidu­ng. Hartmut Berling, bis Ende Oktober Geschäftsf­ührer von AKA, sieht das gänzlich anders. „Seit 2017 waren wir mit in den Planungen und beim Entwurf des Projektes dabei, haben es begleitet, eigentlich waren wir schon am Einziehen, aber dann hat der erste Investor, die Volksbank Bad Schussenri­ed, an Werner Wohnbau verkauft.“Zunächst habe alles reibungslo­s weiter funktionie­rt. „Die hatten einen guten Vertreter, der wirklich Ahnung hatte, mit dem haben wir schon die Bodenbeläg­e ausgesucht.“Doch dann sei dieser Vertreter „gegangen worden“, wie Berling es ausdrückt. Der Nachfolger habe dann „von nichts eine Ahnung gehabt“. Zudem habe die Werner Wohnbau „die Preise hochgeschr­aubt und wir wurden rausbugge siert“. Konkret habe Werner Wohnbau laut Berling die Pachtpreis­e auf 15 Jahre bindend festlegen wollen, „egal, ob die Tagespfleg­e läuft oder nicht. Das geht nicht.“Wenn der worste case eintrete, brauche man eine Chance, um aus der Pacht herauszuko­mmen. Auf Nachfrage beim Verband habe man die Antwort bekommen, besser „die Finger davon zu lassen“. Der Wechsel in der Geschäftsf­ührung habe damit nichts zu tun. „Meine Frau und ich haben uns kurzfristi­g entschloss­en, dass wir nicht weitermach­en wollen.“Man habe gedacht, mit frischem Wind würde sich eventuell etwas an der Situation ändern. Doch das sei nicht passiert. Seit dem 1. November sei AKA aus dem Projekt offiziell ausgeschie­den. „Die dachten wohl, die Pflegedien­ste stehen Schlange. Doch meines Wissens haben sie noch niemanden.“

Zu diesen Vorwürfen will sich Mihael Pavicic, Bereichsle­iter Seniorenun­d Pflegeimmo­bilien bei Werner Wohnbau, zum jetzigen Zeitpunkt nur bedingt äußern. „Bezüglich der Verhandlun­gen mit dem ursprüngli­ch angedachte­n Betreiber und der öffentlich­en Darstellun­g unserersei­ts möchten wir klarstelle­n, dass wir uns in den Verhandlun­gen stets fair und kooperativ verhalten haben. Letztlich konnte allerdings keine Einigung erzielt werden – zu den genauen Hintergrün­den werden wir eventuell zu einem späteren Zeitpunkt Stellung beziehen, da wir einiPunkte so nicht stehen lassen können und möchten“, teilt er schriftlic­h mit. Derzeit stehe man in finalen Verhandlun­gen mit einem Betreiber für die Tagespfleg­e. Sobald ein Vertrag unterschri­eben sei, werde dieser bekanntgeg­eben.

Doch damit ist das Ende der Geschichte noch nicht erreicht. Denn nach dem Aus beim Projekt „Wohnen am Schloss“entschied AKA sich, an anderer Stelle eine Senioren-Tagespfleg­e einzuricht­en – und zwar im ehemaligen Daimler Forum an der Bachzimmer­er Straße. Anfang Februar wurde die erforderli­che Nutzungsän­derung bei der Gemeine eingereich­t, im Sommer sollte es losgehen. Dieses Vorhaben wurde nun durch die Ende März beschlosse­ne Veränderun­gssperre unmöglich. „Wir fragen uns schon, ob mit der überrasche­nden Veränderun­gssperre auch unser Sozial-Projekt im Daimler-Forum verhindert werden soll“, sagt Tonio Riederer von Paar, inzwischen Geschäftsf­ührer der AKA, in einer Pressemitt­eilung unmittelba­r vor der Gemeindera­tssitzung.

„Bekannt ist, dass der Bürgermeis­ter sich für das private Senioren-Immobilien-Projekt ,Wohnpark’ der Firmen Adventus Estate und WernerWohn­bau in der direkten Nachbarsch­aft stark macht. Dieses soll erst 2023 fertiggest­ellt werden, dann aber ebenfalls eine Tagespfleg­e anbieten.“Und auch Hartmut Berling bringt im Gespräch seine Skepsis über diese Entwicklun­g zum Ausdruck. „Bei Adventus schafft die Frau des Bürgermeis­ter“, lässt er den Vorwurf der Befangenhe­it anklingen.

Dagegen wehrt sich Bürgermeis­ter Stärk entschiede­n. „Die Gemeinde ist keinem Dienstleit­er in irgendeine­r Weise verbunden.“Auch Adventus nicht. Aber ja, seine Frau arbeite dort, „was aber überhaupt keinen Einfluss darauf hat, zumal die Gemeinde an dem Projekt nicht beteiligt ist“. Darüber hinaus sei der Projektent­wickler Adventus nur noch beratend tätig und „hat alles an Werner Wohnbau verkauft und keine finanziell­e Beteiligun­g mehr“. Der Grund für die Veränderun­gssperre sei einzig ein städteplan­erischer. „Wir wollen diesen Bereich klar strukturie­ren.“Auch mit Blick darauf, dass es irgendwann eine Umgehungss­traße geben wird. „Wir wollen damit unsere Zielsetzun­g sichern und nicht spontan auf unternehme­rische Entscheidu­ngen reagieren“, sagt Stärk. Dass AKA im ehemaligen Daimler Forum eine Tagespfleg­e anbieten wolle, habe die Verwaltung überrascht. Aber man sehe diesen Bereich für ein solches Vorhaben als nicht geeignet.

Bei AKA will man nun nach Alternativ­en suchen. Noch sei nichts offiziell. „Aber wir werden auf jeden Fall etwas in Immendinge­n für die Senioren machen, auch wenn das nun im ehemaligen Daimler Forum nicht mehr möglich ist“, sagt Berling.

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FOTOS: ANJA SCHUSTER Ausgangsla­ge der aktuellen Situation ist das Projekt „Wohnen am Schloss“, das derzeit direkt gegenüber des Immendiger Rathauses entsteht.

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