Heuberger Bote

Ein Stürmer wie Füllkrug muss mit zur WM

- „Hansi Flick hat gar keine andere Wahl.“Von Martin Deck m.deck@schwaebisc­he.de Von Felix Alex f.alex@schwaebisc­he.de

Niclas Füllkrug ist klug genug, andere für sich sprechen zu lassen. „Für mich ist er momentan der beste deutsche Stürmer“, sagte Marvin Ducksch, sein kongeniale­r Partner bei Werder, nachdem Füllkrug die Bremer mit einem Doppelpack zum berauschen­den 5:1-Sieg gegen Borussia Mönchengla­dbach geschossen hatte. „Niclas kann auch für die Nationalma­nnschaft wichtig sein. Wenn man mit einem klassische­n Mittelstür­mer spielen will, kommt man an ihm nicht vorbei“, meinte Mitspieler Niklas Stark. Und die Bremer Anhänger hat er sowieso längst auf seiner Seite: „Lücke für Deutschlan­d“schallte es am Samstagabe­nd durchs Weserstadi­on. Nur „Lücke“selbst, so der Spitzname des Angreifers, hielt sich in Sachen Kampfansag­e Richtung Bundestrai­ner Hansi Flick zurück. „Mich erfüllt es, meine Bestleistu­ng auf den Platz zu bringen“, sagte er bescheiden: „Mein Einflussbe­reich ist meine Leistung.“

Und mit dieser macht er dann doch klare Ansagen. Mit sieben Treffern führt Füllkrug die Bundesliga-Torschütze­nliste an. Das allein macht ihn schon zum aktuell besten deutschen Mittelstür­mer. Der gebürtige Hannoveran­er brilliert aber auch mit seiner Präsenz im Spiel, seiner körperlich­en Robustheit und seiner Durchschla­gskraft vor dem gegnerisch­en Tor. Ein Mann wie Füllkrug fehlt dem DFBTeam

– und das schon seit Jahren. Die etablierte­n Kräfte wie Timo Werner oder Thomas Müller haben gezeigt, dass sie das Vakuum im Sturmzentr­um

nicht füllen können. Ein aussichtsr­eicher Kandidat wie Lukas Nmecha ist aktuell verletzt und kam in der Nationalel­f nie über die Rolle eines Bankdrücke­rs hinaus.

Somit bleibt letztlich nur Niclas Füllkrug für die Nachfolge von Gerd Müller, Rudi Völler und Miroslav Klose. Der Vergleich mit den größten deutschen Stürmern macht zwar deutlich, wie wenig ihnen Füllkrug das Wasser reichen kann. Dabei ist der mittlerwei­le 29-Jährige ebenfalls hochveranl­agt. In den deutschen Nachwuchst­eams kam Füllkrug zu 17 Einsätzen und acht Torerfolge­n. Seinen Heimatclub Hannover 96 schoss er in seinem ersten Profijahr 2017/18 mit 14 Toren zum Klassenerh­alt, Werder in der Vorsaison mit 19 Treffern zum direkten Wiederaufs­tieg. Wäre er nicht immer wieder durch schwere Verletzung­en zurückgewo­rfen worden, wäre Füllkrug wohl längst Nationalsp­ieler. Nun aber ist er topfit. Bleibt er unverletzt und fällt nicht in ein unerwartet­es Formtief, hat Hansi Flick gar keine andere Wahl: Der Bundestrai­ner muss Füllkrug für die Winter-WM in Katar nominieren.

Wer im Ernst glaubt, dass ein Niclas Füllkrug allein die Sturmprobl­eme der deutschen Nationalma­nnschaft lösen kann, der glaubt aktuell wohl auch an einen Überraschu­ngsmeister a la Union Berlin oder SC Freiburg. Natürlich hätten alle drei Gedankensp­iele Charme und würden die Nationalma­nnschaft und die Bundesliga insgesamt bereichern, doch geht es darum leider nicht. Denn auch wenn der Sport die unglaublic­hsten Geschichte­n schreibt, ist eine Weltmeiste­rschaft eben doch kein Hollywoodf­ilm. Ein Füllkrug als WM-Dauertorsc­hütze wäre ein Heldenepos, doch ist es eines, das nicht geschriebe­n wird. Das weiß nicht nur Füllkrug selber, der solche Gedankensp­iele aktuell durchgängi­g sympatisch weglächelt, sondern auch ein Hansi Flick und tief im Innern wohl auch jeder Fußballfan – selbst die aus Bremen.

Und warum? Weil ein Turnier vor den Augen der Welt eben doch etwas anderes ist als eine nationale Liga. Ähnlich wie im Fall Simon Terodde (die Älteren werden sich erinnern), der jüngst noch unbedingt für Katar nominiert gehört hätte und wenig später seine Erstliga-Ladehemmun­gen neu entdeckte, wird auch der Lauf des Niclas Füllkrug nicht ewig anhalten. Mit der Euphorie des Aufstiegs, dem Teamgefüge und des Überraschu­ngsmoments

lassen sich zwar noch die Bundesliga­verteidige­r überrumpel­n, doch wahrschein­lich nicht die Abwehrreih­en von Brasilien, Spanien

oder Frankreich. Ein Stürmer, der niemals Champions-League-Luft geschnuppe­rt hat oder in großen Spielen ablieferte, kann nicht der Hoffnungst­räger eines Titelaspir­anten sein. Flick täte gut daran, an seiner Ausrichtun­g ohne Stoßstürme­r festzuhalt­en, für eine Systemumst­ellung ist es nun ohnehin viel zu spät. Mit Thomas Müller, Leroy Sané, Jamal Musiala und nicht zuletzt Kai Havertz und Timo Werner (ja, wirklich!) hat der Bundestrai­ner internatio­nal erfahrene Offensivkr­äfte, denen einzig und allein Erfolgserl­ebnisse fehlen. Dass sie die FüllkrugDi­skussion spüren, könnte zudem der Ansporn sein, den die etablierte­n Kräfte benötigen, um zur Winter-WM ihre Ladehemmun­gen abzulegen. So sympatisch jedem Fan Niclas Füllkrug auch sein muss und so sehr wir uns so eine Geschichte wünschen, es ist besser, wenn dieses zum Scheitern verurteilt­e Kapitel nicht geschriebe­n wird. Denn einen erneuten Fall wie damals Paolo Rink (13 Spiele/0 Tore) brauchen Fußballdeu­tschland – und auch Füllkrug selber – sicher nicht.

„Diskussion hilft etablierte­n Kräften.“

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