Mehr Geld für Gemeinderäte?
Tuttlinger Ratsmitglied versteht die Welt nicht mehr – Stadtverwaltung prüft den Antrag
- Es war gegen Ende der Gemeinderatssitzung, als sich der FDP-Stadtrat Herbert Spägele am Montag zu Wort meldete und anregte, die Aufwandsentschädigung für die Räte um eine Art Inf lationsausgleich zu erhöhen. Um 25 Prozent, wie er in Richtung Verwaltung sagte. Da ging einem seiner Kollegen die Hutschnur hoch.
Spägele begründete seinen Vorstoß damit, dass er gelesen habe, dass die Gehälter der meisten Beamten und Angestellten des Staates erheblich erhöht würden und ein Inf lationsausgleich gezahlt werde. „Da habe ich mir gedacht, so schlecht wäre das gar nicht, wenn ich einen Inflationsausgleich der Aufwandsentschädigung beantrage“, sagte er auf Nachfrage dieser Zeitung. Die letzten zehn Jahre habe es keinen gegeben. Und: „Es geht ja nicht um viel Geld“, meinte er.
Oberbürgermeister Michael Beck sagte in der Sitzung zu, das intern zu prüfen. Stadtsprecher Arno Specht rechnet vor: Eine Erhöhung der Entschädigung für die ehrenamtliche Tätigkeit der Stadträte würde rund 21.000 Euro mehr ausmachen. Heißt: „Im Jahr 2023 wurden den Stadt- und Ortschaftsräten insgesamt 84.962,68 Euro ausbezahlt. 25 Prozent mehr würden für diesen Zeitraum demnach 106.203,35 Euro bedeuten“, schreibt er.
So erhalte ein Gemeinderat eine monatliche Pauschale von 100 Euro (bei Fraktionssprechern sind es 150 Euro) und elf Euro pro Stunde und Sitzung. Dabei ist nicht die Dauer der Sitzung maßgeblich, sondern die Dauer der Anwe- senheit des Sit- zungsteilneh
mers. Abgerechnet würde minutengenau. Wenn die zweite Sitzungsstunde nach 14 Minuten vorbei ist, gibt es eine volle Stunde Entschädigung und für die zweite nur für 14 Minuten. Im Übrigen würden die Entgelte der Tarifbeschäftigten der Verwaltung zum 1. März um 200 Euro angehoben und zusätzlich um 5,5 Prozent erhöht.
Bodo Kreidler, Stadtrat der LBU, ist auch am Tag nach der Sitzung noch geladen: „In einer Zeit wie dieser das in einer öffentlichen Sitzung als mündlichen Antrag
zu bringen, hat mich schon sehr geärgert“, sagt er zum Vorstoß Spägeles.
Zumal die Politik ohnehin mit Glaubwürdigkeit zu kämpfen habe und es Probleme gebe, Entscheidungen oder Vorschläge zu begründen und argumentativ zu vermitteln. Kreidler: „Da kann es nicht sein, so etwas einfach rauszuhauen.“
Denn genau das sei eines der Themen, die politische Gegner und Demokratiefeinde als Kanonenfutter verwenden würden. „Von deren Seite wird ja ohnehin immer gesagt, die da oben stecken sich die Taschen voll“, meint er. Auch in den Gesichtern seiner Kollegen im Gemeinderat will Kreidler Fassungslosigkeit angesichts der Äußerung Spägeles gesehen haben. Vor allem, da diese Anfrage aus dem Lager der FDP gekommen sei, meint er. Jener
Gruppe im Rat, „die ständig alles ablehnt mit der Begründung, das ist zu teuer, da müssen wir sparen, das müssen wir erst verifizieren und gegenrechnen“, wie Kreidler sagt. Er fügt an: „Und dann kommt ausgerechnet von da die Aufforderung: Wir erhöhen die Diäten.“
Spägele sagt, dass zumindest bei den FDP-Stadträten ein Teil der Entschädigung an soziale Einrichtungen gehen würde. Als ein Beispiel nennt er den Tafelladen. Durch eine Erhöhung der Aufwandsentschädigung, „würde das auch den Spendenschecks, die wir hie und da hergeben, eventuell zugutekommen“.
Die Verwaltung wird die Informationen über die errechneten Mehrkosten an die Gemeinderäte weitergeben. Dann wird das Thema besprochen.
Sollte es tatsächlich mehr Geld geben, werde er so gut wie nicht mehr davon profitieren, sagt Spägele und ergänzt, dass er nicht erneut für den Gemeinderat kandidieren werde. Seit 2019 ist er im Gremium vertreten. Die nächsten Wahlen stehen am 9. Juni an.