Tüftler aus Rottweil wird 90
Kurt Schellenberg macht mit seinem Institut für Materialprüfung die Straßen sicherer
(sbo) - Kurt Schellenberg feiert seinen 90. Geburtstag. Im Rückblick auf 60 Berufsjahre und 40 Jahre in der Kommunalpolitik plaudert der Rottweiler über manche Idee, hat aber auch Kritik parat.
Er ist ein unermüdlicher Tüftler und Forscher, begeisterter Kommunalpolitiker und hat sein Ziel immer fest vor Augen. Auch, wenn man dafür manchmal einen Umweg in Kauf nehmen muss.
„Das ist Leben“, sagt Kurt Schellenberg lachend. Und Lebenserfahrung hat er wahrlich eine ganze Menge. Am Montag, 29. April, feierte er seinen 90. Geburtstag. Und das bei bester Gesundheit.
Noch immer steht er Tag für Tag in seinem Institut für Materialprüfung, tüftelt und forscht. Über die Jahrzehnte hat er nachhaltige Pionierleistungen im Straßenwesen und in der Asphalttechnologie errungen. Immer am Puls der Zeit zu bleiben ist ihm ein großes Anliegen. Erst vor wenigen Tagen wurde er für seine bahnbrechenden Verdienste mit dem Verdienstorden des Landes ausgezeichnet.
Gemeinsam mit seinem Zwillingsbruder erblickte er am 29. April 1934 in Rottweil das Licht der Welt. Die Zwillinge wuchsen gemeinsam mit einer Schwester auf. Die Zeiten waren nicht einfach, denn als Kurt Schellenberg fünf Jahre alt war, starb seine Mutter, zudem war Krieg. „Wir hatten teilweise kaum etwas zu essen“, erinnert er sich an diese harten Zeiten.
Später studierten sein Bruder und er gemeinsam in Stuttgart, Kurt Schellenberg Bauingenieurwesen und sein Bruder Maschinenbau. „Wir wohnten in einem Keller, hatten kein Geld und putzten in der Schwabengarage Autos, um uns die Miete zu verdienen“, erzählt er.
Als er sein Studium beendet hatte, bekam er als Bauingenieur keine Stelle und arbeitete „vorübergehend“in der Forschungsund Materialprüfungsanstalt in Stuttgart. Das Thema faszinierte und begeisterte ihn nachhaltig und er blieb ihm – bis heute – treu.
Nach fünf Jahren promovierte Kurt Schellenberg und wollte sich selbstständig machen. Doch sein Professor machte ihm einen Strich durch die Rechnung. „Wenn Sie sich selbstständig machen, dann lasse ich Sie durch die Prüfung fallen“, habe er gesagt.
Und so gab Schellenberg zunächst klein bei. Doch wenige Jahre später eröffnete er dann doch sein Institut für Materialprüfung in Rottweil und verzeichnete schnell Erfolge.
Zudem war Kurt Schellenberg Professor für Baustoffkunde und Materialprüfung an der Hochschule für Technik in Stuttgart, und 40 Jahre lang – von 1970 bis 2009 – für die Freien Wähler als Gemeinderat der Stadt Rottweil und als Kreisrat im Kreistag engagiert.
Von 1973 bis 1984 sowie von 2004 bis 2009 hatte er das Amt des ehrenamtlichen Stellvertreters des Oberbürgermeisters inne. Er gerät regelrecht ins Schwärmen, wenn er die Maßnahmen aufzählt, die damals realisiert wurden.
Nehme man hier nur die Kreisreform 1973, manches Baugebiet – „wenngleich auch viel zu viel Fläche verbraucht wurde“– die Einrichtung der Fußgängerzone, oder den Umbau der Polizeiwache zur Jugendherberge. – „Ja, es war sogar einmal geplant vom Kapuziner zur AOK eine Brücke zu bauen, um durch einen Ringverkehr die Innenstadt verkehrstechnisch zu entlasten“, erzählt Schellenberg, aber die Freien Wähler hätten sich damit nicht durchsetzen können.
Es gibt aber auch Themen, die er kritisch sieht. „Und die ich schon immer kritisch sah“, wie er anmerkt. Dabei hat er vor allem das Dominikanermuseum und die Rottweiler Bäder im Visier. „Statt einen jährlichen immens hohen Abmangel zu bezahlen, sollte man lieber in ein neues Bad investieren“, so Schellenberg.
Und auch beim Dominikanermuseum kritisiert er das jährliche Defizit. Denn auch wenn er schon viele Jahre nicht mehr an den Stellschrauben der Kommunalpolitik dreht, verfolgt er sie dennoch sehr detailliert.
Mit seinem Leben ist Kurt Schellenberg sehr zufrieden. „Ich habe sehr viel erreicht“, sagt er. Dankbar ist er dafür, dass er mit 90 Jahren noch immer täglich tüftelt und bei guter Gesundheit ist. Gerne genießt er die Zeit gemeinsam mit seiner Frau im Häuschen am Bodensee, in dem er auch gern Fachzeitschriften studiert und neue Ideen entwickelt.
Seinen Geburtstag feiert er mit seiner Frau, den Familien seiner beiden Söhne samt den vier erwachsenen Enkelkindern am Bodensee. „Ich habe Spaß an jedem Tag“, sagt Kurt Schellenberg und hofft, dass er noch lange sein Leben genießen kann. Denn die Ideen gehen ihm so schnell noch nicht aus.