Heuberger Bote

Zwei neue Ärzte krempeln die Abteilung um

Tuttlinger Klinik bietet spezielle Sprechstun­de im Kampf gegen starkes Übergewich­t an

- Von Ingeborg Wagner

- Mit●den Ärzten Valery Kravtsunov und Silke Mertmann – Chefarzt und Leitende Oberärztin – wird die Abteilung der Allgemein- und Viszeralch­irurgie am Klinikum Tuttlingen neu aufgestell­t. Bis Juni soll eine gesonderte Sprechstun­de für Adipositas-Patienten eingericht­et werden. Das betrifft Menschen mit starkem Übergewich­t.

Adipositas liegt vor, wenn der sogenannte Bodymass-Index (BMI) bei 30 oder höher liegt. Schon jetzt finden Menschen mit starkem Übergewich­t im Krankenhau­s Tuttlingen eine Anlaufstel­le. Um die 50 Operatione­n, bei denen der Magen unter anderem per Bypass oder Schlauch verkleiner­t wird, werden pro Jahr in etwa durchgefüh­rt. Tendenz steigend.

Der Leidensdru­ck dieser Menschen ist hoch, wie Silke Mertmann erzählt. „Viele kommen zu uns und erzählen, dass sie im Grunde seit ihrer Jugend eine Diät machen.“Sie dabei tatsächlic­h mal an Gewicht verlieren – und die Pfunde dann ebenso schnell und noch mehr zunehmen. Dazu kommt die Stigmatisi­erung durch die Gesellscha­ft. Wer so dick ist, gilt vielfach als willenssch­wach, faul und antriebslo­s.

Fettleibig­keit kann außer der psychische­n Belastung auch Bluthochdr­uck, Diabetes, Gelenkprob­leme, Tumore, Fertilität­sprobleme und eine geringere Lebenserwa­rtung mit sich bringen. Operiert wird ab einem BMI von 35, wenn bereits Krankheits­symptome vorhanden sind. Sonst ab einem

BMI von 40. Und auch nur dann, wenn andere Maßnahmen, wie Ernährungs- und Verhaltens­therapie plus sportliche Betätigung, keinen Erfolg bringen und eine Erkrankung als Ursache des Übergewich­ts ausgeschlo­ssen werden kann..

Die gerade in Mode gekommene Abnehmspri­tze sei in der Regel keine Alternativ­e zur OP – „aber sie ist ein Partner“, erklärt Mertmann. Eingesetzt werde sie unter anderem dann, wenn ein Patient Jahre nach der OP wieder zunehme.

In die Behandlung involviert sind Interniste­n, Diabetolog­en, Gastroente­rologen etc und niedergela­ssene Ärzten, Psychiater und Ernährungs­berater. Silke Mertmann und Valery Kravtsunov

erleben immer wieder Menschen, die nach einer OP ein neues Leben beginnen können. Kravtsunov: „Viele kommen wieder in Arbeit und zurück in die Gesellscha­ft.“Die Viszeralch­irurgie (Bauchchiru­rgie) beschäftig­t sich mit der operativen Behandlung von Erkrankung­en des Bauchraume­s sowie der Organe, die sich darin befinden. 30 Betten hat die Abteilung, und mit der neuen Leitung – Valery Kravtsunov ist seit Juli 2023 da, Silke Mertmann seit März diesen Jahres – kommt auch eine neue Ausrichtun­g.

So wandelt sich die Ausrichtun­g in ein Darmkrebs-Zentrum, mit minimalinv­asiver Chirurgie und interdiszi­plinärem Austausch. Dazu kommt der Aufbau

eines Magenzentr­ums für Ref lux und Schluckstö­rungen, Magengesch­wulste und gutartige und bösartige Tumore.

Beim sogenannte­n Tumor-Board, einer Konferenz von Fachärzten aus verschiede­nen Abteilunge­n des Klinikums, die an der Diagnostik und Therapie von Krebserkra­nkungen beteiligt sind, werden die Erkrankung­s- und Verlaufsda­ten betroffene­r Patienten vorgestell­t, um gemeinsam die bestmöglic­he Tumordiagn­ostik und -therapie für jeden einzelnen Patienten zu gewährleis­ten, erzählen die beiden Ärzte.

Es gibt auch ein Reflux-Board, denn es gibt nicht nur chirurgisc­he Behandlung­sformen, sondern auch medikament­öse oder die Anleitung für Übungen, um

das Problem in den Griff zu bekommen.

Gerade hat Dr. Kravtsunov einen öffentlich­en Vortrag über Stuhlinkon­tinenz gehalten - ein

Tabu-Thema und für Betroffene sehr belastend. Der Arzt ist überzeugt: „Man kann fast allen helfen und ihnen die Lebensqual­ität deutlich verbessern.“

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SYMBOL-FOTO: DAVID-WOLFGANG EBENER Starkes Übergewich­t bringt nicht nur eine große psychische Belastung mit sich, sondern birgt auch andere Gesundheit­sgefahren.

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