Illertisser Zeitung

Welche Chancen China bietet

Schwäbisch­e Unternehme­n setzen nach wie vor auf Fernost. Und die Region soll auch für Firmen aus Asien attraktive­r werden

- VON BENJAMIN REIF

Es sollte nicht um chinesisch­e Folklore gehen, sondern um harte Fakten und Zahlen. Deswegen sind rund 150 Unternehme­r zum „Schwäbisch-Chinesisch­en Mondfest“der Industrie- und Handelskam­mer (IHK) Schwaben gekommen. Es sollte um die Chancen gehen, die China ihnen bietet. Und um ein „Kompetenzz­entrum“, das chinesisch­en Firmen die Ansiedelun­g auf dem schwäbisch­en Markt erleichter­n soll. Deren Vertreter können nun auf die Unterstütz­ung einer chinesisch­en IHK-Mitarbeite­rin zurückgrei­fen, die ihnen etwa bei bürokratis­chen Problemen hilft.

Der stellvertr­etende Hauptgesch­äftsführer der IHK Schwaben, Peter Lintner, ließ Zahlen sprechen. Nach einer aktuellen Umfrage unter schwäbisch­en Unternehme­rn, die wirtschaft­liche Beziehunge­n in Asien unterhalte­n, haben nur ein knappes Drittel ihre Quartalspr­ognosen wegen der chinesisch­en Krise nach unten korrigiert. Doch die beunruhige­nden Meldungen häufen sich. Beispielsw­eise müssen sich die Mitarbeite­r des Ulmer Kupferbetr­iebs Wieland auf gekürzte Löhne wegen des schwierige­n China-Geschäfts einstellen.

Jörg Wuttke, Chefrepräs­entant des Chemiekonz­erns BASF und Präsident der Europäisch­en Handelskam­mer in China, kennt die Sorgen deutscher Unternehme­r gut. Dennoch ist er bemüht, die Ängste zu beseitigen. Er glaubt nicht an das Szenario einer großen Kapitalflu­cht aus China – dass chinesisch­e Firmen sich in deutsche Unternehme­n einkaufen, die Patente ins Heimatland zurückbrin­gen und die Firmen dann pleite gehen lassen. „Die Chinesen haben Interesse an nachhaltig­er Wirtschaft in Europa“, sagt Wuttke. Ebenso wenig rechnet er mit einem drastische­n Konsumeinb­ruch in China: „Das Wachstum verlangsam­t sich, aber wahrschein­lich läuft der Motor dann stabiler.“

Auch viele Unternehme­r berich- teten von ihren Geschäftse­rfahrungen in China: Die sind teilweise abenteuerl­ich. Herbert Deniffel, Leiter der Allgäuer Molkerei Alpavit Champignon, erzählte, dass er wegen absurder bürokratis­cher Anforderun­gen ab und zu hunderte Tonnen Molkeprodu­kte wegwerfen muss. Hannelore Leimer, Chefin des Systemtech­nik-Unternehme­ns Erhardt+Leimer und frühere IHKPräside­ntin, klagte über illoyale Auszubilde­nde, die sich für niedrige Beträge von anderen Firmen abwerben ließen. Und Gottfried Wanzl, Geschäftsf­ührer des gleichnami­gen Leipheimer Einkaufswa­genherstel­lers, erzählte, dass seine Produkte quasi vom ersten Tag an in China kopiert worden seien. Trotz aller Widrigkeit­en wollen sich die heimischen Unternehme­r nicht aus dem Land zurückzieh­en. Leimers Aufforderu­ng an die Firmenvert­reter war deutlich: „Am chinesisch­en Markt führt kein Weg vorbei. Wenn Sie noch nicht da sind, kommen Sie her.“

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