Illertisser Zeitung

Ehrenamtli­che stoßen an ihre Grenzen

Die Freiwillig­en können die Flüchtling­skrise nicht mehr alleine stemmen. Sie fordern Unterstütz­ung

- VON CAROLIN OEFNER

Theo Zellner wählt bewusst den Begriff „Alarm schlagen“für den Hilferuf der Ehrenamtli­chen: „Wir können nicht mehr.“Der Präsident des Bayerische­n Roten Kreuzes (BRK) fordert hauptamtli­che Stellen vom Bund, um die Ehrenamtli­chen in der Flüchtling­skrise zu koordinier­en. „Wir sind für Katastroph­en ausgebilde­t, wenn die aber zum Alltag werden, stoßen wir an unsere Grenzen“, sagt Zellner. 500 BRK-Helfer seien jeden Tag ehrenamtli­ch im Einsatz.

Die Mitarbeite­r des BRK, die für alle anderen bayerische­n Hilfsorgan­isationen sprechen, nennen nur die wichtigste­n Probleme. Etwa den „katastroph­alen“Zustand an der österreich­ischen Grenze. Es herrsche kaum Austausch, sagt Herbert Wiedemann, BRK-Kreisgesch­äftsführer im Grenzgebie­t Rottal am Inn. Wo die Flüchtling­e über die Grenzen kämen, wüssten die Helfer erst kurz zuvor. Am meisten Zeit beanspruch­ten jedoch die Sonderzüge zur Verteilung der Flüchtling­e. „Die Bahn stellt die Züge nur noch bereit, wenn pro Fahrt vier Sanitäter dabei sind“, erklärt Zellner.

Schwere Vorwürfe erheben die Mitarbeite­r des BRK auch in medizinisc­her Hinsicht. 500 bis 1000 Flüchtling­e stünden jeden Tag an der Grenze – in Sommerklei­dung. Daher kämen auch die vielen Infekte, wegen derer die Menschen behandelt werden müssen. „Manche Kinder haben 40 Grad Fieber und sind fast bewusstlos“, beschreibt Florian Halter, Kreisberei­tschaftsle­iter aus Berchtesga­den. Doch es gebe auch Hauterkran­kungen „bis auf die Knochen“. Ihn ärgert, dass viele schon lange krank seien. „Die Flüchtling­e haben bereits mehrere EU-Länder durchquert, warum wurden sie bisher nicht versorgt?“

Hauptamtli­che Mitarbeite­r brauche es zur Anleitung der engagierte­n Bürger und Helferkrei­se, sagt Halter. Und für die medizinisc­he Versorgung, die die meisten nicht leisten könnten, weil sie nicht ausgebilde­t seien. Herbert Wiedemann aus Rottal am Inn verdeutlic­ht, dass alle Ehrenamtli­chen gerne helfen. Auch wenn die Situation sich gewandelt habe. In der ersten Zeit sei den Menschen der Krieg anzusehen gewesen, sie seien dankbar gewesen, in Deutschlan­d zu sein. Mittlerwei­le spürten die Helfer eine Erwartungs­haltung und Forderunge­n der Flüchtling­e. Auch Auseinande­rsetzungen zwischen ethnischen Gruppen hätten zugenommen.

Präsident Zellner will, dass die Kanzlerin „sich entscheide­t und sagt, wie es weiter gehen soll“. Aktuell „wissen die Helfer am Vortag nicht, wie sie den nächsten besetzen können“. Die Weitervert­eilung der Flüchtling­e funktionie­re weder zwischen den Bundesländ­ern noch innerhalb der EU. „Es fehlt an Solidaritä­t zwischen allen Beteiligte­n.“

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Foto: dpa Mitarbeite­r der bayerische­n Hilfsorgan­isationen fordern Unterstütz­ung.

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