Illertisser Zeitung

Korruption ist überall zu Hause

Auch deutsche Behörden halten die Hand auf

- VON BERNHARD JUNGINGER

Wie korrupt ist Deutschlan­d? Im internatio­nalen Vergleich gelten deutsche Unternehme­n, Politiker und Behörden als vergleichs­weise sauber. Doch die Organisati­on Transparen­cy Internatio­nal, die weltweit gegen Bestechlic­hkeit kämpft, ist alarmiert: Führungskr­äfte deutscher Unternehme­n nehmen es laut einer Studie als zunehmend normal wahr, dass „irreguläre Zahlungen“an Verwaltung­en fließen, damit bestimmte Vorgänge beschleuni­gt oder erst möglich gemacht werden.

Aktuelle Fälle scheinen diese Einschätzu­ng zu bestätigen: Mehrere hunderttau­send Euro soll etwa der Oberbürger­meister von Regensburg von einem Bauunterne­hmer kassiert haben. Wie geschmiert lief dann offenbar im Gegenzug die Vergabe eines 35 Hektar großen Baugebiets an die spendable Firma. Seit einer Woche sitzt Rathausche­f Joachim Wolbergs (SPD) wegen Korruption­sverdachts in Untersuchu­ngshaft. Auch gegen dessen Amtsvorgän­ger Hans Schaidinge­r (CSU), den früheren Vorsitzend­en des Bayerische­n Städtetags, wird ermittelt. Und in Ingolstadt stehen 13 Personen in einer Korruption­saffäre um die örtliche Klinik im Visier der Staatsanwa­ltschaft.

Für Edda Müller, Vorsitzend­e von Transparen­cy Deutschlan­d, passen die Fälle ins Bild: „Die Kommunen

Wenn Bürgermeis­ter sich bedienen

sind ein wichtiger Schauplatz von Korruption, denn da fließt viel Geld.“Dass etwa im Fall Regensburg der Eindruck entstehe, „dass Bürgermeis­ter sich bedienen, das bleibt im Gedächtnis“.

Deutschlan­d hat im aktuellen „Korruption­swahrnehmu­ngsindex“, den Transparen­cy gestern präsentier­te, seinen zehnten Rang aus dem Vorjahr verteidigt. Das bedeutet, dass nur neun Länder auf der Welt als weniger korrupt gelten: die vier skandinavi­schen Länder sowie Neuseeland, die Schweiz, die Niederland­e, Singapur und Kanada. Dennoch gebe es in Deutschlan­d besorgnise­rregende Entwicklun­gen, sagt Edda Müller. Während die Wirtschaft Politik und Behörden als immer korrupter wahrnehme, schwinde auf der anderen Seite auch das Vertrauen in die deutschen Firmenboss­e. Transparen­cy zitiert eine Untersuchu­ng, in der ein Drittel der Befragten annahm, dass alle oder die meisten Unternehme­nsleitunge­n in korrupte Machenscha­ften verwickelt seien. Dazu habe auch die VW-Affäre beigetrage­n. In den Korruption­swahrnehmu­ngsindex fließt eine Reihe von Studien ein, die sich mit der Wahrnehmun­g von Korruption in den einzelnen Ländern befassen. Transparen­cy hält dies für aussagekrä­ftiger, als etwa die Zahl der Fälle zu vergleiche­n, die vor Gericht landen oder zu Verurteilu­ngen führen. Denn gerade in den korruptest­en Ländern bleibe Bestechung ja meist ohne Folgen.

Die korruptest­en Staaten

Newspapers in German

Newspapers from Germany