Illertisser Zeitung

Vom Liebling zur Plage

- VON SABRINA SCHATZ klartext@illertisse­r zeitung.de

Einhorn Trend » Waschbären, Biber und Koalas rufen zwiespälti­ge Gefühle bei den Menschen hervor. Einerseits sehen sie zum Knuddeln süß aus, sind selten und schützensw­ert. Anderersei­ts können sie großen Schaden anrichten, vor allem, wenn sie in Massen auftreten. Dann wühlen sie in Mülltonnen, knabbern Rinde ab, oder plündern Eukalyptus­bäume, bis deren Äste kahl sind. Die Tiere sind Liebling und Schädling zugleich. Eine ähnliche Gefühlslag­e hegt Deutschlan­d gerade gegenüber einer anderen Spezies: dem Einhorn.

In den 1990er Jahren rührte „Das letzte Einhorn“noch zu Tränen. Ganz allein war es, das putzige Ding. Heute ist es zur Plage geworden. Der einstige Einzelgäng­er hat sich rasant vermehrt und legt das gesellscha­ftliche Leben lahm. Rosa-weiße Einhörner grasen die Modelandsc­haft ab, bis nur noch Ödnis bleibt. Ganze Herden galoppiere­n durch die Faschingsb­älle. Sie lärmen, trinken Sektvorrät­e leer und treten Konfetti platt.

Trotz dieser Schneise der Verwüstung gibt es Menschen, für die Tierschutz über allem steht. Ob es um Koalas, Biber, Waschbären oder Einhörner geht – sie pflegen und hegen sie. Das Problem: Einhorn-Freunde sind kaufkräfti­g. Geschäfte verkaufen mittlerwei­le Einhorn-Gummistief­el und Einhorn-Duschgel mit Glitzer. Statt Möhren und Heu füttern die Tierfreund­e Einhorn-Schokolade – „Weiße Schokolade mit Joghurt und Himbeer-Cassis-Regenbogen“. Und in New York wurde ein „Unicorn Latte“als Trendgeträ­nk ausgerufen, freilich mit bunten Streuseln drauf. Meine Tierliebe stößt an ihre Grenzen. Ich fordere Reservate für Einhörner: Kinderzimm­er. Um Schlimmere­s zu verhindern.

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