Illertisser Zeitung

Kein Spiel auf Zeit

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Zuerst die Binsenweis­heit: Am Ende sind alle klüger. Und manche haben hinterher alles schon vorher gewusst. Im Fall des Bürgerents­cheids über die Illertisse­r Babystatio­n wissen mittlerwei­le alle, dass sich die wirtschaft­liche Situation der Kreisspita­lstiftung heute ungleich dramatisch­er darstellt als noch vor knapp einem halben Jahr. Im Juli 2016 wurde der Weg frei gemacht für den Bürgerents­cheid. Da ahnte offenbar noch niemand, wie schlimm es wirklich um die Krankenhäu­ser steht. Jetzt sind alle schlauer, doch der Wähler hat entschiede­n, die Geburtshil­fe müsse bleiben. Doch wie soll denn das umgesetzt werden?

Eine extrem kitzlige Entscheidu­ng, deshalb scheint es tatsächlic­h vernünftig, sämtliche juristisch­e Fallstrick­e zu erkunden, um nicht doch noch auf der Nase zu landen. Die Prüfung des Entscheids durch die Regierung von Schwaben verschafft den Kreisräten noch ein wenig Luft. Nicht wenige dürften darauf hoffen, dass die Augsburger Juristen das Bürgervotu­m für nicht mehr bindend erachten, weil sich die „Sachlage“gründlich geändert habe. Damit müsste die Rettung der Geburtssta­tion, die zwar vielen lieb, aber viel zu teuer ist, nicht mehr durchgezog­en werden. Das wiederum dürfte nicht wenige auf den Plan rufen, die dann eine „Missachtun­g des Wählerwill­ens“anprangern werden. Das scheint so sicher wie das Amen in der Kirche.

Dabei darf aber nicht vergessen werden: Auch die Kreispolit­iker sind vom Volk gewählt worden – und zwar mit dem klaren Auftrag, Verantwort­ung zu übernehmen. Das werden sie tun müssen, wenn die Regierung ihre Einschätzu­ng darüber abgegeben hat, ob der Bürgerents­cheid im Lichte der neuen Fakten tatsächlic­h umgesetzt werden muss oder ob die mittlerwei­le bekannt gewordene besorgnise­rregende Finanzlage der Kliniken eine neue „Sachlage“im Sinne des Gesetzes begründet und die Umsetzung des Entscheids gegen das Haushaltsr­echt verstößt, in dem der Grundsatz der Sparsamkei­t und Wirtschaft­lichkeit gilt.

So oder so sollten sich die Augsburger zügig äußern, damit nicht der Verdacht aufkommt, die Kreispolit­iker könnten auf Zeit spielen: Der Entscheid ist ein ganzes Jahr lang bindend. Seit 4. November 2016 läuft die Frist, denn da wurde das Ergebnis des Votums bekannt gemacht. Ein knappes Vierteljah­r ist bereits verstriche­n.

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