Ausflugsschiff säuft ab: Heute wird es geborgen
Die vor Jahren stillgelegte MS Donau gerät am Neu-Ulmer Ufer in Schieflage. Es ist bereits der dritte Unfall auf dem Fluss innerhalb weniger Monate. Wie das Gefährt mit großem Aufwand aus dem Wasser geholt werden soll
Über der Donauschifffahrt in Ulm und Neu-Ulm liegt in jüngster Zeit kein Segen. Voriges Jahr gingen zwei Ulmer Schachteln unter. Kürzlich ist nun das Ausflugsschiff MS Donau am Neu-Ulmer Ufer halb gesunken. Grund war offenbar der niedrige Wasserstand. Menschen befanden sich keine an Bord. Heute soll das Schiff geborgen werden.
Ein Spaziergänger hatte die Havarie entdeckt: Das Ausflugsschiff unweit des „Barfüßer“-Parkplatzes hing schräg im Wasser. Der Mann alarmierte die Polizei, die sich gemeinsam mit der Feuerwehr vor Ort ein Bild machte. Den ersten Ermittlungen zufolge führte der durch einen Defekt im Wehr verursachte niedrige Wasserstand der Donau zu der Schieflage des Bootes. Dieses setzte auf Grund auf und kippte seitlich ab, worauf Wasser ins Innere drang. Weil die Einsatzkräfte feststellten, dass aus dem Motorraum eine Flüssigkeit austrat, wurde eine Ölsperre errichtet. Eine nachhaltige Gewässerverunreinigung ist laut Landratsamt nicht zu befürchten. Die Feuerwehr war seitdem mehrfach vor Ort.
Die 20 Meter lange MS Donau, auf der schon tausende Besucher die Donau rauf- und runterschipperten, ist seit Oktober 2011 nicht mehr in Betrieb. Immer neue Vorschriften ließen Kapitän Reinhold Kräß entnervt das Handtuch werfen. Beispielsweise hätte er die komplette Elektroinstallation erneuern müssen und sämtliche Rettungsringe austauschen. „Die EU hat mich kaputt gemacht“, klagt Kräß, der früher auch den „Ulmer Spatz“besaß. Dieses Schiff wird inzwischen von der Lebenshilfe Donau-Iller betrieben. Die MS Donau steht ebenfalls zum Verkauf, aber bislang hat sich noch niemand gefunden, der das Boot wieder flottmachen will. Auch die Städte Ulm und Neu-Ulm hätten kein Interesse am Kauf der MS Donau, sagt Kräß. Pläne, daraus ein Café-Schiff zu machen, haben sich ebenfalls zerschlagen. Kräß zufolge hätte er für den Betrieb eine Stellplatzablöse in Höhe von 50000 bis 70000 Euro zahlen müssen. Das könne er sich nicht leisten. Also wird das Schiff, das Platz für bis zu 150 Fahrgäste bietet, bis auf Weiteres am Neu-Ulmer Donauufer liegen bleiben. „Das ist aber keine Dauerlösung“, sagte ein Vertreter des Landratsamts. Mittel- bis langfristig soll das Boot weg. Notfalls auf Kosten des Landkreises.
Rückblick: Wesentlich dramatischer als der jüngste Vorfall war die Havarie, die sich Ende Juli vorigen Jahres auf der Donau ereignet hatte. Das Ausflugsboot „Donau Spatz“ kurz vor dem Ziel auf Höhe des Metzgerturms um. 28 Insassen fielen ins Wasser. Ein Großaufgebot von Polizei, Feuerwehr, Technischem Hilfswerk und Deutscher Lebensrettungsgesellschaft war am Donauufer im Einsatz und versorgte die Passagiere. Verletzt wurde zum Glück niemand. Ursache des Unfalls war vermutlich eine starke Seitenströmung.
Wenige Wochen später lief die „Stadt Linz“voll Wasser und sank. Wegen eines defekten Ladekabels wurde die Batterie leer, über die normalerweise eine Pumpe betrieben wird. Das konnte nur deshalb passieren, weil das Schiff vor Anker lag. Während der Fahrt wird die Batterie über den Motor aufgeladen. Eine Gefahr für Passagiere bestand nach Auskunft der Stadt Ulm daher nicht. Dennoch fragten sich damals viele Bürger, was denn mit den Ulmer Schachteln los ist.
Die Boote, die in den Ulmer Farben Schwarz und Weiß bemalt sind, fuhren schon im Mittelalter flussabkippte wärts. Heute werden die Schiffe aus Holz vor allem als Ausflugsboote genutzt. Der Stadt Ulm gehören zwei – die „Stadt Linz“und die „Stadt Ulm“. Fünf weitere Boote sind in privater Hand. Die MS Donau brach im Juni 2003 zu ihrer Jungfernfahrt auf. Der Ulmer Spatz ist dagegen schon mehr als 80 Jahre alt und wurde zuletzt von Experten und Mitarbeitern der Donau-IllerWerkstätten restauriert. Seit 2015 fährt das Ausflugsschiff wieder regelmäßig.
Auch das Restaurant Bootshaus auf der Ulmer Seite der Donau wurde durch den niedrigen Wasserstand in Mitleidenschaft gezogen. Es bekam Schlagseite und musste vorübergehend geschlossen werden. „Wir haben keine Tür mehr aufbekommen, und auch die Sanitäranlagen waren beeinträchtigt“, sagte Gastronom Eberhard Riedmüller. Kurz darauf hatte sich der Wasserstand aber so weit normalisiert, dass das Bootshaus wieder gerade auf dem Wasser lag und wieder aufmachen konnte. Den Sachschaden beziffert Riedmüller auf mehrere Tausend Euro.
Laut der Stadtwerke Ulm/NeuUlm führt die Donau seit mehreren Wochen Niedrigwasser. Hinzu komme die seit Mitte Januar anhaltende Kälte mit extremen Minusgraden. Die Eiseskälte habe ein Pegelmess-System beim Wasserkraftwerk Böfinger Halde gestört. Falsche Messwerte hätten dazu geführt, dass der Pegel im Stauraum vor dem Kraftwerk am Wochenende stärker gesunken sei, als er hätte sinken dürfen. Das hätten Techniker festgestellt. Die Lage habe sich inzwischen normalisiert. Das Pegelmessgerät funktioniere wieder und werde verstärkt überwacht. Anhand der Pegel-Messwerte wird die Wassermenge gesteuert, die von den Kraftwerksturbinen geschluckt wird. Die Störung des Messsystems wirkte sich auf diese Steuerung aus: Durch die Turbinen floss mehr Wasser ab, als von der Donau her zufloss. Das eingesetzte Verfahren zur Pegelmessung sei bewährt und werde auch von anderen Wasserkraftwerksbetreibern
Kapitän: „EU hat mich kaputt gemacht“ Messung soll nachgebessert werden
angewandt, schreiben die SWU. Es habe bislang zuverlässig gearbeitet, auch in Frostperioden. Zuletzt im Februar 2012, als Ulm ebenfalls über viele Tage hinweg mit zweistelligen Minustemperaturen zu kämpfen hatte. Damals habe die Pegelmessung korrekte Werte geliefert. Die Stadtwerke kündigten an, die Messung jetzt nachzubessern und abzusichern.
Das havarierte Ausflugsschiff MS Donau wird am heutigen Freitag, 27. Januar, geborgen. Diesen Termin hat das Landratsamt Neu-Ulm angesetzt. Wegen der Aktion besteht ab 7 Uhr ein Halteverbot in der Augsburger Straße ab der Glacisstraße (stadtauswärts) und in der Kammer-Krummen-Straße vom Kreisverkehr Augsburger Straße bis zum Kreisverkehr Lessingstraße.
Nach den Vorarbeiten im Laufe des Vormittags beginnt die Bergung des Schiffes durch einen Schwerlastkran um etwa 12.30 Uhr. Die Bergungsmaßnahmen werden voraussichtlich den ganzen Nachmittag andauern. Am Abend soll das 36 Tonnen schwere Schiff auf einem Tieflader abtransportiert werden.