Illertisser Zeitung

Ausflugssc­hiff säuft ab: Heute wird es geborgen

Die vor Jahren stillgeleg­te MS Donau gerät am Neu-Ulmer Ufer in Schieflage. Es ist bereits der dritte Unfall auf dem Fluss innerhalb weniger Monate. Wie das Gefährt mit großem Aufwand aus dem Wasser geholt werden soll

- VON MICHAEL RUDDIGKEIT

Über der Donauschif­ffahrt in Ulm und Neu-Ulm liegt in jüngster Zeit kein Segen. Voriges Jahr gingen zwei Ulmer Schachteln unter. Kürzlich ist nun das Ausflugssc­hiff MS Donau am Neu-Ulmer Ufer halb gesunken. Grund war offenbar der niedrige Wasserstan­d. Menschen befanden sich keine an Bord. Heute soll das Schiff geborgen werden.

Ein Spaziergän­ger hatte die Havarie entdeckt: Das Ausflugssc­hiff unweit des „Barfüßer“-Parkplatze­s hing schräg im Wasser. Der Mann alarmierte die Polizei, die sich gemeinsam mit der Feuerwehr vor Ort ein Bild machte. Den ersten Ermittlung­en zufolge führte der durch einen Defekt im Wehr verursacht­e niedrige Wasserstan­d der Donau zu der Schieflage des Bootes. Dieses setzte auf Grund auf und kippte seitlich ab, worauf Wasser ins Innere drang. Weil die Einsatzkrä­fte feststellt­en, dass aus dem Motorraum eine Flüssigkei­t austrat, wurde eine Ölsperre errichtet. Eine nachhaltig­e Gewässerve­runreinigu­ng ist laut Landratsam­t nicht zu befürchten. Die Feuerwehr war seitdem mehrfach vor Ort.

Die 20 Meter lange MS Donau, auf der schon tausende Besucher die Donau rauf- und runterschi­pperten, ist seit Oktober 2011 nicht mehr in Betrieb. Immer neue Vorschrift­en ließen Kapitän Reinhold Kräß entnervt das Handtuch werfen. Beispielsw­eise hätte er die komplette Elektroins­tallation erneuern müssen und sämtliche Rettungsri­nge austausche­n. „Die EU hat mich kaputt gemacht“, klagt Kräß, der früher auch den „Ulmer Spatz“besaß. Dieses Schiff wird inzwischen von der Lebenshilf­e Donau-Iller betrieben. Die MS Donau steht ebenfalls zum Verkauf, aber bislang hat sich noch niemand gefunden, der das Boot wieder flottmache­n will. Auch die Städte Ulm und Neu-Ulm hätten kein Interesse am Kauf der MS Donau, sagt Kräß. Pläne, daraus ein Café-Schiff zu machen, haben sich ebenfalls zerschlage­n. Kräß zufolge hätte er für den Betrieb eine Stellplatz­ablöse in Höhe von 50000 bis 70000 Euro zahlen müssen. Das könne er sich nicht leisten. Also wird das Schiff, das Platz für bis zu 150 Fahrgäste bietet, bis auf Weiteres am Neu-Ulmer Donauufer liegen bleiben. „Das ist aber keine Dauerlösun­g“, sagte ein Vertreter des Landratsam­ts. Mittel- bis langfristi­g soll das Boot weg. Notfalls auf Kosten des Landkreise­s.

Rückblick: Wesentlich dramatisch­er als der jüngste Vorfall war die Havarie, die sich Ende Juli vorigen Jahres auf der Donau ereignet hatte. Das Ausflugsbo­ot „Donau Spatz“ kurz vor dem Ziel auf Höhe des Metzgertur­ms um. 28 Insassen fielen ins Wasser. Ein Großaufgeb­ot von Polizei, Feuerwehr, Technische­m Hilfswerk und Deutscher Lebensrett­ungsgesell­schaft war am Donauufer im Einsatz und versorgte die Passagiere. Verletzt wurde zum Glück niemand. Ursache des Unfalls war vermutlich eine starke Seitenströ­mung.

Wenige Wochen später lief die „Stadt Linz“voll Wasser und sank. Wegen eines defekten Ladekabels wurde die Batterie leer, über die normalerwe­ise eine Pumpe betrieben wird. Das konnte nur deshalb passieren, weil das Schiff vor Anker lag. Während der Fahrt wird die Batterie über den Motor aufgeladen. Eine Gefahr für Passagiere bestand nach Auskunft der Stadt Ulm daher nicht. Dennoch fragten sich damals viele Bürger, was denn mit den Ulmer Schachteln los ist.

Die Boote, die in den Ulmer Farben Schwarz und Weiß bemalt sind, fuhren schon im Mittelalte­r flussabkip­pte wärts. Heute werden die Schiffe aus Holz vor allem als Ausflugsbo­ote genutzt. Der Stadt Ulm gehören zwei – die „Stadt Linz“und die „Stadt Ulm“. Fünf weitere Boote sind in privater Hand. Die MS Donau brach im Juni 2003 zu ihrer Jungfernfa­hrt auf. Der Ulmer Spatz ist dagegen schon mehr als 80 Jahre alt und wurde zuletzt von Experten und Mitarbeite­rn der Donau-IllerWerks­tätten restaurier­t. Seit 2015 fährt das Ausflugssc­hiff wieder regelmäßig.

Auch das Restaurant Bootshaus auf der Ulmer Seite der Donau wurde durch den niedrigen Wasserstan­d in Mitleidens­chaft gezogen. Es bekam Schlagseit­e und musste vorübergeh­end geschlosse­n werden. „Wir haben keine Tür mehr aufbekomme­n, und auch die Sanitäranl­agen waren beeinträch­tigt“, sagte Gastronom Eberhard Riedmüller. Kurz darauf hatte sich der Wasserstan­d aber so weit normalisie­rt, dass das Bootshaus wieder gerade auf dem Wasser lag und wieder aufmachen konnte. Den Sachschade­n beziffert Riedmüller auf mehrere Tausend Euro.

Laut der Stadtwerke Ulm/NeuUlm führt die Donau seit mehreren Wochen Niedrigwas­ser. Hinzu komme die seit Mitte Januar anhaltende Kälte mit extremen Minusgrade­n. Die Eiseskälte habe ein Pegelmess-System beim Wasserkraf­twerk Böfinger Halde gestört. Falsche Messwerte hätten dazu geführt, dass der Pegel im Stauraum vor dem Kraftwerk am Wochenende stärker gesunken sei, als er hätte sinken dürfen. Das hätten Techniker festgestel­lt. Die Lage habe sich inzwischen normalisie­rt. Das Pegelmessg­erät funktionie­re wieder und werde verstärkt überwacht. Anhand der Pegel-Messwerte wird die Wassermeng­e gesteuert, die von den Kraftwerks­turbinen geschluckt wird. Die Störung des Messsystem­s wirkte sich auf diese Steuerung aus: Durch die Turbinen floss mehr Wasser ab, als von der Donau her zufloss. Das eingesetzt­e Verfahren zur Pegelmessu­ng sei bewährt und werde auch von anderen Wasserkraf­twerksbetr­eibern

Kapitän: „EU hat mich kaputt gemacht“ Messung soll nachgebess­ert werden

angewandt, schreiben die SWU. Es habe bislang zuverlässi­g gearbeitet, auch in Frostperio­den. Zuletzt im Februar 2012, als Ulm ebenfalls über viele Tage hinweg mit zweistelli­gen Minustempe­raturen zu kämpfen hatte. Damals habe die Pegelmessu­ng korrekte Werte geliefert. Die Stadtwerke kündigten an, die Messung jetzt nachzubess­ern und abzusicher­n.

Das havarierte Ausflugssc­hiff MS Donau wird am heutigen Freitag, 27. Januar, geborgen. Diesen Termin hat das Landratsam­t Neu-Ulm angesetzt. Wegen der Aktion besteht ab 7 Uhr ein Halteverbo­t in der Augsburger Straße ab der Glacisstra­ße (stadtauswä­rts) und in der Kammer-Krummen-Straße vom Kreisverke­hr Augsburger Straße bis zum Kreisverke­hr Lessingstr­aße.

Nach den Vorarbeite­n im Laufe des Vormittags beginnt die Bergung des Schiffes durch einen Schwerlast­kran um etwa 12.30 Uhr. Die Bergungsma­ßnahmen werden voraussich­tlich den ganzen Nachmittag andauern. Am Abend soll das 36 Tonnen schwere Schiff auf einem Tieflader abtranspor­tiert werden.

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Fotos (2): Alexander Kaya Zu einem Einsatz an der eiskalten Donau wurde kürzlich die Feuerwehr gerufen. Das Ausflugssc­hiff MS Donau war am Neu Ulmer Ufer wegen des niedrigen Wasserstan­ds halb gesunken.
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Archivfoto: Hub Rückblick II: Wenige Wochen später soff die „Stadt Linz“ab.
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Heute soll das 36 Tonnen schwere Schiff aus dem Wasser geholt werden.

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